Unternehmensgeschichte der St. Agnes
Brauerei
sowie weiterer Brauereien der Familie Feith
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Unternehmensgeschichte
Quellen
Zusammenfassung
Die St. Agnesbrauerei war eine ungewöhnlich groß
dimensionierte Hausbrauerei, welche im Zeitraum von 1909 bis 1919, also
insgesamt nur 10 Jahre bestand. Gegründet und betrieben wurde sie von Peter
Feith, welcher eigentlich Architekt war. Allerdings stammte Peter Feith aus
einer Familie von Brauern und Brennern, deren Historie über 100 Jahre
zurückreicht.
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(ST001)
Stammbaum des "Brauerei-relevanten" Teils der Familie Feith. Korrekturen und
Ergänzungen des nicht vollständigen Stammbaums willkommen |
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Verschiedene Zweige der Familie Feith waren vermutlich schon
im achtzehnten Jahrhunderts in der Hahnenstraße ansässig und dort als Wirte,
Brauer und Brenner tätig.
Der erste bekannte Nachweis stammt aus dem Kölner Adressbuch
des Jahres 1813 [2]. Das zur Zeit der französischen Besatzung erstellte und
deshalb in französischer Sprache verfasste Adressbuch enthält den folgenden
Eintrag: „Feith (Henri), brasseur, distillateur d’eau-de-vie, marchand de
grains, R des Cocqs n. 35“. Übersetzt als „Brauer, Schnapsbrenner,
Getreidehändler, Straße der Hähne Nr. 35“, zeigt der Eintrag, das Henri, oder
auf Deutsch Heinrich Feith, neben dem Brauen noch weitere Geschäfte betrieb
und in der Hahnenstraße 35 ansässig war.
Aus dem gleichen Jahr ist auch eine Anzeige bekannt, in der
Heinrich Feith für Bier und Wein wirbt:
[5:27.06.1813] „…Heinrich Feith, dahier auf der Hahnenstraße,
verkauft zwei und dreijähriges Bier, den Krug zu 30 und 40 Centim (6 und 8
Stüber), wie auch weißen und rothen Wein in billigem Preise…“
Seit wann Heinrich Feith in der Hahnenstraße ansässig war ist
unklar, zumindest ist er im Kölner Adressbuch des Jahres 1797 noch nicht
verzeichnet. Heinrich Feith war der Ur-Großvater von Peter Hubert Feith,
welcher später die St. Agnesbrauerei betrieb.
Heinrich Feith war mit der ebenfalls aus Köln stammenden
Maria Anna Hilgers verheiratet [11:20.01.1833].
Die Geschäfte liefen zu dieser Zeit wohl nicht mehr gut, den
im Jahr 1817 wurden die vom Gericht beschlagnahmten Gebäude nebst Brauerei
und Brennerei zwangsversteigert:
[11: 17.05.1817] „…Verkaufs=Anzeige zweier dahier in Köln auf
der Hahnenstraße, Nro. 5360 und 5361, gelegener Häuser, nebst einer Brauerei
und Branneweinbrennerei, Braupfanne, Distillirkesseln und sonstigen dazu
gehörigen Geräthschaften, Ställen für 36 Pferde und einem Garten, welche auf
Anstehen des Hrn. Bochem, als Rendant der hiesigen Schulverwaltung, und auf
Betreiben des unterzogenen Rechts=Anwaldes, beide in Köln wohnend, vor dem
hiesigen Kreisgericht versteigert werden sollen. Diese Häuser sammt ihren
Zubehörungen sind durch den Akt vom ein und dreißigsten Dezember letzthin,
einregistrirt am 2. Januar, gegen die Eheleute Heinrich Feith, Wirth,
wohnend, in gerichtlichen Beschlag genommen, und Abschriften dieses Aktes
dem Hrn. Riegeler, Beigeordneten des Oberbürgermeisters, so wie dem Hrn.
Sitt, Gerichtsschreiber beim Friedensgericht der 2ten Sektion der Stadt
Köln, zugestellt worden. Derselbe Beschlagnehmungsakt wurde sodann am 2.
Januar auf der Hypothekenkammer und am 14. auf der Kanzlei des
Kreisgerichtes zu Köln eingetragen. Der provisorische Verkauf der besagten
Häuser wird in der öffentlichen Sitzung des genannten Kreisgerichtes vom
7ten dieses Monats Mai, Morgens 10 Uhr, Statt haben für das Gebot von 7040
Franken. Rückel…“
In diesem Artikel sind die französischen Hausnummern
aufgeführt, die Nummer 5360 entspricht der Hausnummer 33, die Nummer 5361
der Hausnummer 35.
Wie die Zwangsversteigerung ausgegangen ist, ist nicht
bekannt, vermutlich blieb Heinrich Feith aber weiterhin Besitzer der
Gebäude. Hierauf deutet eine Anzeige aus dem Jahr 1823 hin, in der Heinrich
Feith Pferde zum Verkauf anbietet:
[11:18.12.1823]: „…Bei Heinr. Feith, auf der Hahnenstraße 35,
sind gute Arbeitspferde zu verkaufen…“
Mittlerweile (seit spätestens 1822 [3]) hatte Heinrich Feith
Brauerei und Brennerei geschlossen und war als Fuhr-Unternehmer tätig.
Bereits in der Anzeige der Zwangsversteigerung aus dem Jahr 1817 ist von
„Ställen für 36 Pferde“ die Rede, er übte dieses Gewerbe also spätestens
seit dieser Zeit aus. Im Adressbuch des Jahres 1831 [4] wird er
ausschließlich als „Fuhrmann“ bezeichnet.
Heinrich Feith starb im Jahr 1832 [11:02.09.1832]. Wie fast
immer gab es Streit um das Erbe. Im ersten Schritt wurden im September 1832
die Mobilien, also Pferde, Kutschen usw., aber nicht die Gebäude in der
Hahnenstraße versteigert:
[11:02.09.1832] „…Oeffentliche Versteigerung von Pferden und
Fuhrwerk. Freitag den 14. des l. September und die folgenden Tage, um die
gewöhnlichen Vor= und Nachmittagsstunden, sollen die aus dem Nachlasse des
dahier verlebten Fuhrwerks=Unternehmers Herrn Heinrich Feith herrührenden 12
Pferde mit komplettem Geschirre, 31 vollständigen Karrigen, ein vierrädriger
Wagen, eine Birutsche und überhaupt alle sonstigen zum Fuhrwerks=Geschäfte
erforderlichen Geräthschaften, welche sich in Menge und größtentheils in gut
erhaltenem Zustande vorfinden, in dem Sterbhause dahier auf der Hahnenstraße
Numero fünf und dreißig durch den unterzeichneten Notar gegen baare Zahlung
an den Meistbietenden versteigert werden. Bürgers, Notar…“
Dies reichte anscheinend aber nicht, denn 4 Monate später, im
Januar 1833, wurden auf Grund eines Gerichtsurteils („Sohn gegen Witwe“) auch
die Immobilien, u.a. die beiden Häuser in der Hahnenstraße 33 und 35,
versteigert:
[11:20.01.1833] „…Präparatorischer Verkauf. Zufolge der vom
königlichen Landgerichte zu Köln am sechsten Oktober und ein und dreißigsten
Dezember vorigen Jahrs erlassenen Urtheile und auf Anstehen des Herrn Johann
Joseph Feith, Handelsmann, wohnhaft in Chimay, im Königreiche Belgien, als
Mitbenefiziarerbe seines dahier verstorbenen Vaters Herrn Heinrich Feith,
bei Lebzeiten Fuhrwerk=Unternehmer, in Köln wohnhaft, Theilungs= und
Licitationsklager, vertreten durch Herrn Advokat=Anwalt Christian Georg
Thiel, in Köln wohnhaft, wider
a) die Frau Maria Anna geborne Hilgers, Wittwe des genannten Herrn Heinrich
Feith, ohne Gewerb, vertreten durch den Herrn Advokat=Anwalt Herrn Johann
Jakob Sirt, und
b) die Eheleute Mathias Breuer, Bierbrauer, und Elisabeth geborne Franzen,
als Vormünder des minderjährigen Michael Feith, ohne Gewerb, Miterbe seines
verlebten Großvaters, des obengenannten Herrn Heinrich Feith, und den
Nebenvormund dieses Minderjährigen, Herrn Werner Ahrweiler, Tischler,
vertreten durch den Herrn Advokat-Anwalt Franz Ulrich Kyll, Theilungs= und
Licitations=Beklagte, resp. Mitbenefiziarerben des mehrbesagten Herrn
Heinrich Feith— alle in Köln wohnhaft — sollen folgende, aus dem Nachlasse
des ebengenannten Herrn Heinrich Feith herkommenden Immobilien, nämlich:
a) zwei zu Köln auf der Hahnenstraße unter der neuen Rummer drei und dreißig
und fünf und dreißig, und der alten Nummer fünftausend dreihundert sechszig
und fünf tausend dreihundert ein und sechzig gelegenen Häuser mit Hofraum,
Hintergebäude, Stallungen und sonstigem Zubehör, abgeschätzt zu viertausend
fünfhundert berliner Thaler, 4500;
b) die Sandgrube, gelegen vor dem Schaafenthore bei Köln, in der
Bürgermeisterei Müngersdorf, ungefähr zwei Morgen groß und gränzend an die
Bachemerstraße, an die Pannesmühle und an die Besitzungen von Koch und
Düring, abgeschätzt zu neunhundert acht und sechszig berliner Thaler, 968;
und
c) ein Garten, gelegen binnen der Stadt Köln auf der Schaafenstraße hinter
den obenbezeichneten Häusern, circa einen halben Morgen groß, gränzend an
Wittwe Geuer und Gärtner Gladbach, abgeschätzt zu hundert fünfzig berliner
Thaler, 150,
vor dem unterzeichneten, dazu kommittirten Notar Wolter Joseph Johann
Nepomuk Bürgers, auf dessen Amtsstube zu Köln auf Gereonstraße Nummero
neunzehn, unter den daselbst hinterlegten Bedingungen— Dinstag den zwölften
März laufenden Jahres. um drei Uhr Nachmittags, für die obigen resp.
Abschätzungssummen zum präparatorischen Verkaufe an den Meist= und
Letztbietenden öffentlich ausgestellt werden. Köln, den neunzehnten Januar
achtzehnhundert drei und dreißig. Bürgers, Notar…“
Der Artikel gibt einen Einblick in die Familienverhältnisse von
Heinrich Feith. Heinrich Feith hatte einen Sohn namens Johann Joseph,
welcher zu dieser Zeit in Chimay in Belgien lebte. Dieser klagte nicht nur
gegen die Witwe von Heinrich Feith, Maria Anna Feith geb. Hilgers, sondern
auch gegen das Ehepaar Mathias und Elisabeth Breuer. Diese waren die
Vormünder des minderjährigen Michael Joseph Feith, einem im Jahr 1823
geborenen Enkel des verstorbenen Heinrich Feith [10]. Michael Joseph Feith
war der Sohn von Werner Feith, dem zweiten Sohn von Heinrich Feith, welcher
schon vor dem Jahr 1830 nach nur 10 Monaten Ehe mit Elisabeth Feith geb.
Frantzen verstorben war. Die Witwe Feith hatte im Anschluss wieder
geheiratet, eben den oben als Vormund genannten Mathias Breuer. Elisabeth
Breuer war also die Mutter von Michael Joseph Feith [11:01.05.1849].
Sehr wahrscheinlich hatte Heinrich Feith noch einen weiteren
Sohn namens Joseph Nicolaus Feith, der im Rahmen der Zwangsversteigerung
aber nicht benannt wird. Aus den Familienzweigen von zwei der drei Söhne
entstanden wiederum Brauereien, allerdings erst in der Folge-Generation.
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(W028) [11:01.05.1849]
Todesanzeige von Elise Breuer, geb. Frantzen, verwitwete Feith, der Mutter
von Michael Joseph Feith, welche im Jahr 1849 im Alter von 44 Jahren
verstarb |
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In der Hahnenstraße 40 gab es gesichert bereite im
achtzehnten Jahrhundert eine Brauerei die „im Tolles“ oder „zum Zollhaus“
genannt wurde. Der erste bekannte Brauer war Peter (Petrus) Wilms. Er findet
sich im Kölner Adressbuch des Jahres 1797 mit folgendem Eintrag wieder [1]:
„An der Hahnen-Strasse 5285 Peter Wilms, Bierbrauer“. Ihm folgte spätestens
ab 1813 Peter Simons, bis vermutlich um 1830 Mathias Breuer die Brauerei in
der Hahnenstraße 40 übernahm [2,4].
Michael Joseph Feith erlernte vermutlich in der Brauerei
seines Stiefvaters Mathias Breuer das Brauerhandwerk. Als dieser sich um 1845 zur Ruhe
setzte, übernahm Michael Joseph Feith die Führung der Brauerei in der
Hahnenstraße 40.
Im Jahr 1846 heiratete Michael Joseph Feith Hubertine
Catharina Küchenberg, im Jahr 1853 kam mit Elisabeth Amalie ihr erstes und
einziges Kind zur Welt [10]. Hubertine Catharina Küchenberg verstarb
vermutlich Anfang der 1860er Jahre. Im Jahr 1864 heiratet Michael Joseph
Feith erneut. Mit seiner zweiten Frau Anna Margarethe Feith geb. Brand hatte
er 3 gemeinsame Kinder, den 1865 geborenen Johann Baptist, die 1866 geborene Sibilla Margarethe Hubertine sowie die 1867 geborene Catharina Margarethe
Judith [10].
Michael Joseph Feith betrieb die Brauerei in der Hahnenstraße
40 bis ins Jahr 1854, in dem er sich zur Ruhe setzte. Ab diesem Zeitpunkt
wurde er als Rentner geführt [6].
Heinrich Feith, nicht zu verwechseln mit seinem zuvor
beschriebenen gleichnamigen Großvater, wurde vermutlich Ende der 1830er
Jahre geboren. Er war der Sohn von Joseph Nicolaus Feith, welcher nichts mit
Brauereien zu tun hatte, sondern den Beruf des Gärtners ausübte.
Heinrich Feith erlernte den Beruf des Brenners und Brauers.
Wo genau ist nicht klar, ggf. in der Brauerei seines Cousins Michael Joseph
Feith oder bei Peter Auer, welcher seit Ende der 1840er Jahr in der
Hahnenstraße 22 eine Brennerei betrieb [12].
Im Dezember 1862 heiratete Heinrich Feith die ebenfalls aus
Köln stammende Sibylla Bremer [11:21.12.1862]. Einen Monat zuvor, schon
damals nicht unüblich, wurde ein Ehevertrag abgeschlossen, in dem eine
Gütergemeinschaft festgelegt wurde:
[11:30.11.1862] „…Durch einen vor dem Königlichen Notar
Eglinger zu Köln am 22. I. Mts. November zwischen Heinrich Feith, Bierbrauer
und Branntweinbrenner, und Sibylla Bremer, ohne Geschäft, beide in Köln
wohnend, abgeschlossenen Ehevertrag, wovon ein Auszug heute in dem
Audienz=Saale des hiesigen Handelsgerichtes in der dazu bestimmten Tabelle
angeheftet und öffentlich ausgestellt worden, haben die genannten
Contrahenten bestimmt, daß unter ihnen die gesetzliche Gütergemeinschaft
bestehen soll. Für die Richtigkeit des Auszuges: Köln, den 28. November
1862. Der Handelsgerichts=Secretair, Kanzleirath Lindlau...“
Heinrich Feith und Sibylla Feith geb. Bremer hatten 3
gemeinsame Kinder, den im Jahr 1865 geborenen Johann Baptist Hubert
[11:07.06.1865], den im Jahr 1867 geborenen Peter Hubert [11:31.01.1867]
sowie die im Jahr 1869 geborene Christina Hubertine [11:26.02.1869].
Um 1870 muss Sibylla Feith verstorben sein, denn ab dieser
Zeit wurde Heinrich Feith als Witwer bezeichnet. Im Jahr 1871 heiratete
Heinrich Feith erneut, seine zweite Frau war die aus Aggerbrücke bei
Siegburg stammende Clara Limbach [11:29.10.1871]. Mit ihr hatte Heinrich
Feith 2 weitere Kinder, die im Jahr 1872 geborene Odilia Hubertine
[11:17.09.1872] und den im Jahr 1878 geborenen Nicolaus Joseph
[11:27.06.1878].
Im Jahr 1864 taucht Heinrich Feith zum ersten Mal als Wirth
in der Hahnenstraße 22 auf, in der zu dieser Zeit von Peter Auer, dem
Besitzer der Restauration, auch eine Brennerei und Brauerei betrieben wurde
[13]. Im Jahr 1866 übernahm Heinrich Feith auch die Führung der Brauerei,
wobei Peter Auer weiterhin Besitzer von Brauerei und Restauration in der
Hahnenstraße 22 blieb [14:1866]. Ab dem Jahr 1871 wird Heinrich Feith dann
auch als Besitzer der Brauerei sowie der nebenliegenden Gebäude mit den
Hausnummern 18 und 20 geführt [14:1871].
Die nächsten Jahrzehnte verliefen unauffällig. Es wurden
keinerlei Anzeigen geschaltet, nur der ein oder andere Verein, wie z.B. der
„Sparverein Hahnenburg“, hielt seine Sitzungen in der Restauration ab
[8:14.07.1888]. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Brauerei in der
Hahnenstraße 22 ausschließlich für den Eigenbedarf der angeschlossenen
Restauration braute.
Erst Anfang der 1890er Jahre ändert sich dies. Heinrich Feit
entschloss sich größer zu denken. Er plante und realisierte den Bau eines
Saales mit 600 Plätzen für Konzerte und andere Großveranstaltungen.
Im gleichen Kontext wurden Brauerei und Brennerei in der
Hahnenstraße 22 stillgelegt.
Im Januar 1894 wurde der Saal, an dem auch sein zu diesem
Zeitpunkt 26-jähriger Sohn Peter als Architekt mitgewirkt hatte, eröffnet.
Der Saal erhielt den zugkräftigen Namen „Kaiser-Saal“.
[15:14.01.1894] „…Der damals als Ersatz für den Louisensaal
projektirte Kaisersaal in der Hahnenstraße ist nunmehr vollendet und wird
durch ein großes Festessen heute, Sonnabend, eingeweiht werden. Ueber die
glänzende Einrichtung des von dem rühmlichst bekannten Architekten Feith
ausgeführten Prachtbaues behalten wir uns einen Bericht vor…“
Im nachfolgenden Artikel wird Peter Feith, der Sohn von
Heinrich Feith, namentlich erwähnt.
[15:21.01.1894] „…Köln. Wie bereits in voriger Nummer
erwähnt, fand Samstag Abend ein Fest=Essen zur Einweihung des Kaiser-Saales
(Besitzer Heinrich Feith) Hahnenstraße 22 statt. Der in geschmackvoller
Weise im Renaissance=Styl erbaute, mit geräumigen Galerien und großer
schöner Bühne versehene Saal ähnelt sehr dem Lesesaal, ist wie dieser weiß
gehalten, erhält sein Licht von oben, besitzt eine gute Akustik, treffliche
Ventilationsvorrichtung und faßt 600 Personen. Im Parterre ist er mit den
Restaurationsraumen verbunden, hat bequeme und breite Ausgänge nach einem
geräumigen Vorhofe und ist außerdem in allen seinen Konstruktionen
feuersicher gebaut, ein Vorzug, der sowohl dem Besitzer als auch dem
besuchenden Publikum sehr zu Statten kommen dürfte. Die Feier selbst verlief
in echt familiärer gemüthlicher Weise und hatten sich zu derselben etwa 300
Personen eingefunden. Der Bauherr übergab nach einigen herzlichen
Begrüßungsworten an die erschienenen Gäste die Leitung den Herren Bartelheim
und Förmer, die es in bekannter Weise verstanden, die Gäste bis zum frühen
Morgen zu fesseln. Unter den Reden ist besonders der Kaisertoast des Herrn
Emannel Mosler, der zündend wirkte und das Publikum zur Begeisterung hinriß,
sowie die Rede des Herrn Bartelheim auf den Bauherrn Feith-Wagner, auf den
Baumeister J.B. Pott und dessen Gehülfen Brinkmann und Krahn zu erwähnen.
Herr Pott dankte dem Redner für seinen dargebrachten Glückwunsch und ließ
seinerseits die Mitarbeiter, die ihn unterstützt, hochleben. Er gedachte des
Sohnes des Bauherrn, des Architekten Peter Feith, der rastlos mit ihm
geschafft, sowie der Lieferanten für den Bau.— Es dürfte das Etablissement
durch seine gute Lage und Pferdebahnverbindungen sowohl als auch durch die
seitens des Besitzers gelieferten Speisen und Getränke bald der Sammelplatz
der gediegenen Kölner Familien= Gesellschaften werden…“
Im Gegensatz zu den 30 Jahren zuvor wurde jetzt viel Werbung
gemacht, es wurden Konzerte und Theateraufführungen durchgeführt und eine
Vielzahl von Vereinen und Gesellschaften hielten dort ihre Versammlungen ab
(z.B. die Carnevals-Gesellschaft „Alt-Cöllen“, die Wirte-Innung oder die
Kameradschaft der ehemaligen 8. Kürassiere)
[8:30.12.1894,8:31.07.1897,8:08.01.1936].
Trotz des scheinbaren Erfolgs des neuen Kaisersaals kam es im
Jahr 1900 zu einer Zwangsversteigerung des Gebäudes im Rahmen einer
Zwangsvollstreckung. Vermutlich hatte sich Heinrich Feith doch übernommen.
[8:21.10.1900] „…Zwangsversteigerung. Im Wege der
Zwangsvollstreckung sollen das in Köln gelegene, im Grundbuche von Köln,
Band 270 Blatt 10,786, zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes
auf den Namen des Wirtes und Brennereibesitzers Heinrich Feith zu Köln
eingetragenen Grundstücke: Flur 18, Nr. 1135/146(früher Nr. 1109 146 und
1117/146), Hahnenstraße Nr. 22, groß 6,82 Ar; a. Wohnhaus mit Anban und
Hofraum (die Gebäulichkeiten stehen zugleich auf 1137/146) 3900 Mark
Nutzungswert; b. Saalgebäude mit Kegelzimmer, 2250 Mark Nutzungswert
(Grundsteuer Mutterrolle 13,892, Gebäudesteuerrolle 14,387); am 11. Dezember
1900, vormittags 9½ Uhr, durch das unterzeichnete Gericht— an der
Gerichtsstelle— Norbertstraße 9, versteigert werden. Köln, den 10. Oktober
1900. * Königliches Amtsgericht, Abteil. III…“
Im ersten Anlauf wurde die Brauerei und der Kaisersaal nicht
versteigert, im Mai des Folgejahres gab es weitere Versteigerungsversuche
auf denen ein gewisser Ernst Pagenstecher aus Köln die Gebäude ersteigerte
[14:1902]. Dieser war Teilhaber der Firma Martin & Pagenstecher aus Mülheim
am Rhein, welche feuerfeste Erzeugnisse produzierte. Sein Interesse an
Brauerei und Kaiser-Saal ist unklar, er blieb allerdings auch nur 1 Jahr
Eigentümer, den bereits im Jahr 1903 wird Heinrich Feith wieder als
Eigentümer angegeben [14:1903].
Im Jahr 1900 wurden die Hausnummern in der weiter ausgebauten
Hahnenstraße neu nummeriert, die Brauerei trug seit diesem Zeitpunkt nicht
mehr die Hausnummer 22 sondern die Hausnummer 36.
Im Juli 1903 verstarb Heinrich Feith im Alter von 66 Jahren.
Brauerei und Kaisersaal wurden zuerst von seiner Witwe Clara Feith geb.
Limbach weitergeführt[11:18.07.1903,14:1904].
Unterstützt wurde die Witwe Feith von ihrem Sohn Heinrich
Joseph, welcher ab dem Jahr 1910 auch offiziell als Geschäftsführer geführt
wurde[14:1910,14:1911]. Heinrich Joseph Feith hatte im Jahr 1907 die
ebenfalls aus Köln stammende Christine von Effeld geheiratet [8:24.07.1907].
Im Jahr 1911 zog sich die Witwe Feith aus dem Geschäft
zurück, nur ein Jahr später, im Mai 1912, verstarb sie im Alter von 63
Jahren.
Nach dem ersten Weltkrieg, zumindest gesichert für das Jahr
1920, benannte Heinrich Joseph Feith den „Kaisersaal“ in „Rudolfsaal“ um
[19:29.12.1920]. Nach Abschaffung des deutschen Kaiserreichs im Jahr 1918
empfand Heinrich Joseph Feith den Namen vermutlich nicht mehr als passend
und zugkräftig. Der Name „Rudolfsaal“ ist wahrscheinlich von dem in der nähe
befindlichen Rudolfplatz hergeleitet.
Heinrich Joseph Feith führte Restauration und Rudolfsaal bis
Mitte der 1930er Jahre. Vermutlich verstarb er im Jahr 1936
[14:1936,14:1937]. Zumindest die Gaststätte wurde anschließend noch von
seiner Witwe weitergeführt. Anfang der 1940er Jahren wurde auch die
Gaststätte auf Grund von städtebaulichen Maßnahmen „niedergelegt“ und der
gesamte Bereich Hahnenstraße 18-40 zu einem Parkplatz umgestaltet
[14:1941/42].
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(W015) [8:12.01.1894]
Anzeige zur Eröffnung des Kaiser-Saals im Januar 1894 |
(W016) [15:14.01.1894]
Anzeige zur Eröffnung des Kaiser-Saals im Januar 1894
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(W026) [8:05.07.1894]
Im neuen Kaiser-Sall fanden verschiedenste Konzerte statt. Hier die
Ankündigung des Süddeutschen Männer-Doppel-Quartetts, welches schon vor
Königen konzertiert hatte
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(W027) [8:31.07.1897]
Auch die Kölner Wirthe-Innung versammelte sich im Kaiser-Saal von Heinrich
Feith. Anzeige aus dem Jahr 1897 |
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(W014) [8:14.07.1888]
Der Sparverein Hahnenburg sendet seinem Trinkrath Heinrich Feith
Glückwünsche zum Namenstag. Anzeige aus dem Jahr 1888, noch vor Eröffnung
des Kaiser-Saals
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(W017) [8:21.10.1900]
Im Jahr 1900 wurde der Kaiser-Saal und die anderen Gebäude in der
Hahnenstraße 22 versteigert. Bei dieser Versteigerung wurde kein Käufer
gefunden. |
(W018) [8:08.05.1901]
Ein halbes Jahr später, die Hausnummer hatte auf Grund einer Neunummerierung
von 22 auf 36 gewechselt, wurde erneut einen Zwangsversteigerung angesetzt.
Erseigert wurden die Gebäude von einem gewissen Ernst Pagenstecher. Ein Jahr
später war Heinrich Feith aber wieder Eigentümer |
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(W019) [11:18.07.1903]
Todesanzeige von Heinrich Feith, welcher im Jahr 1903 im Alter von 66 Jahren
verstarb
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(W020) [8:19.07.1903]
Weitere Todesanzeige von der Familie |
(W021) [8:19.07.1903]
Weitere Todesanzeige von Heinrich Feith geschaltet von der Kölner
Wirte-Innung |
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(W022) [11:02.03.1939]
Anzeige der Witwe von Heinrich Josef Feith, in der das letzte Inventar des
Kaiser-/Rudolf-Saal zum Kauf angeboten wurde. Anzeige aus dem Jahr 1939 |
(W024) [8:06.05.1912]
Todesanzeige von Clara Feith geb. Limbach, der Witwe von Heinrich Feith,
welche im Jahr 1912 im Alter von 63 Jahren verstarb |
(W025) [8:06.05.1912]
Weitere Todesanzeige von Clara Feith, diesmal geschaltet von der Kölner
Wirte-Innung |
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Peter Hubert Feith, genannt Peter, einer der 4 Söhne von
Heinrich Feith und Bruder des zuvor beschriebenen Heinrich Joseph Feith, war
eigentlich kein Brauer, sondern Architekt. Im Jahr 1893, im Alter von 26
Jahren, hatte er bereits als Architekt am Bau des Kaiser-Saals seines Vaters
mitgewirkt.
Im Juni 1897 heiratet Peter Feith die ebenfalls aus Köln
stammende Christine Thiebes. Gemeinsam hatten sie 2 Söhne, den im Jahr 1897
geborenen Joseph (welcher nur 4 Wochen nach der Heirat geboren wurde)
[9:07.07.1897] und den im Jahr 1899 geborenen Heinrich [8:10.12.1899].
Bis zum Jahr 1897 wohnte Peter Feith in seinem Elternhaus in
der Hahnenstraße 22. In den folgenden 11 Jahren wechselte er dann insgesamt
5-mal seinen Wohnsitz [ab 1898: Marsilstein 10B [14:1898], ab 1900 Maybachsr.
174 [14:1900], ab 1901: Sudermannplatz 5 [14:1901], ab 1904: Kasparstr. 17,
ab 1908: Balthasarstr. 2 [14:1908]. In der Balthasarstr. zeigte er dann aber
Konstanz und wohnte dort bis zum Jahr 1931 [14:1931,14:1932].
Im Jahr 1899 gab es eine Zwangsversteigerung, deren
Hintergrund unklar ist. Versteigert wurde ein Haus in der Roßstraße 19,
welches dem „Architekt und Bauunternehmer Peter Feith zu Köln“ gehörte
[8:16.09.1899]. Als Bauunternehmer wurde Peter Feith zum ersten Mal im Jahr
1895 bezeichnet [14:1895].
Wann genau und warum sich Peter Feith entschloss eine
Brauerei zu gründen, ist unklar. Laut [20] war Peter Feith gesichert für das
Jahr 1901 in der Düsseldorfer Aders-Brauerei tätig gewesen um das
Brauereihandwerk zu erlernen. Wobei der dort vermutlich nicht „handwerklich“
gearbeitet hat, was durch seine Kleidung auf dem weiter unten abgebildeten
Foto F001 aus dem Jahr 1901 deutlich wird.
Für den Bau seiner Brauerei erwarb Peter Feith ein bisher
unbebautes Grundstück in der Krefelder Straße, welche in dieser Zeit noch
große Baulücken aufwies. Später wurde dieses Grundstück mit den Hausnummern
61 und 63 bezeichnet [14:1905,14:1910].
Im Jahr 1909 wurden die Gebäude von Brauerei und Restauration
fertiggestellt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Peter Feith nicht nur
Bauherr war, sondern als Architekt das Gebäude auch entworfen hat.
Am 21. Januar 1909 wurde das „St. Agnes-Brauhaus“ eröffnet,
was Peter Feith in einer Anzeige im Kölner Lokalanzeiger wie folgt
ankündigte:
[8:20.01.1909] „…Obergärige Bierbrauerei "St.
Agnes-Brauhaus", Köln, Krefelderstrasse 61-63. ERÖFFNUNG morgen, Donnerstag,
den 21. Januar 1909, abends 6 Uhr. Peter Feith…“
Auch der Kölner Presse selbst war die Eröffnung des St.
Agnes-Brauhaus einen längeren Artikel wert:
[8:22.01.1909] „…Im St. Agnesviertel erfüllen sich immer mehr
die Hoffnungen, die man auf seine Entwickelung gesetzt hat. Im Osten ist es
besonders das im Bau begriffene Justizgebäude, das die Aufmerksamkeit auf
sich zieht. Aber auch im Westen ist die Bebauung der früheren großen freien
Felder immer mehr durchgeführt worden und kann heute nahezu als
abgeschlossen betrachtet werden. Neuerdings ist auf dem Grundstücke
Krefelderstraße 61—63 ein ansehnliches großes Gebäude erstanden, das St.
Agnes=Brauhaus. Erbauer und Besitzer desselben ist Hr. Peter Feith. Mit
seiner ziemlich breiten, vornehm gehaltenen Front paßt es sich recht nett in
die sonst einen etwas einförmigen Anblick gewährende Häuserreihe der
genannten Straße ein und trägt gleichzeitig dazu bei. daß von der unschönen
Aussicht auf den Betriebsbahnhof Gereon wiederum ein gutes Stück
verschwindet. Nach etwa anderthalbjähriger Bauzeit ist das Haus nunmehr
soweit vollendet, daß es seiner Bestimmung übergeben werden kann: die
Eröffnung fand gestern, Donnerstagabend 6 Uhr statt. Zur Besichtigung
desselben und der Brauereianlage hatte Hr. Feith eine Reihe Freunde und
Gäste für gestern abend besonders eingeladen. Unter seiner Führung konnten
die betreffenden Herren einen Einblick in eine auf das modernste und äußerst
praktisch eingerichtete obergärige Brauerei tun und sich persönlich von dem
Werdegang unseres geliebten „Kölsch“ unterrichten. Das Sudhaus ist mit den
neuesten Maschinen und Apparaten zur Biererzeugung ausgestattet, die von der
Firma Schaefer u. Langen in Krefeld geliefert wurden und die eine absolut
rationelle, also mit Ausnutzung aller nur denkbaren Vorteile verbundene
Betriebsführung ermöglichen. Genannte Firma fertigte auch sämtliche Pläne
des Brauhauses an. Die Produktionsfähigkeit beträgt etwa 10000 Liter pro Tag
und kann bis auf 18- bis 20000 Liter gesteigert werden. Die Anlagen für
Krafterzeugung und Eisherstellung, Kellerkühlung, Dampfkessel, wurden vom
Humboldt in Kalk geliefert. Die mächtigen Lagerfasser, im ganzen 44, fassen
je 2= bis 3000 Liter und sind zum größten Teil von Küfermeister Thiel in
Köln hergestellt worden. Die Leitung des Brauhauses hat Hr. Braumeister
Klein, früher lange Jahre bei Früh; sie liegt also in bewährter Hand und
verbürgt einen guten Tropfen unseres allbeliebten „Kölsch". Die Wirtsstuben
fassen etwa 4= bis 500 Personen und sind so hübsch eingerichtet, daß man
sich in ihnen recht heimisch und gemütlich fühlt…“
Die genannten Daten der Brauerei lassen auf eine
Brauereieinrichtung schließen, die nicht nur auf die Eigenversorgung der
angeschlossenen Restauration ausgelegt sein konnte. 100 Hektoliter
Tagesleistung führen zu einer theoretischen Jahresleistung, selbst wenn man
nur 200 Brautage zu Grunde legt, von ca. 20.000 Hektolitern. Das war mehr
als doppelt soviel als jede andere rein obergärig produzierende Hausbrauerei
zu dieser Zeit als Braukapazität aufweisen konnte. Auch die Lagerkapazität
war mit über 1.000 Hektolitern mehr als beeindruckend.
Selbst bei einer Restauration mit ebenfalls
groß dimensionierten 500 Plätzen und einem großzügig geschätzten
Tagesverbrauch von 1.500 Litern Bier muss der Rest zu 10.000 Litern möglicher
Tagesproduktion erst einmal in anderen Restaurationen untergebracht werden.
Umso mehr verwundert es, dass außer der Eröffnungsanzeige
über die Jahre keinerlei weitere Werbung geschaltet wurde. Es sind nur
einige externe Absatzstätten bekannt, eine war die Restauration von Matthias
Küsgen in Mönchengladbach, welcher mit „"Ausschank des berühmten Obergärigen
Kölner Bieres aus dem St. Agnes-Bräuhaus, Köln" warb [21:07.06.1911], eine
weitere Absatzstätte war ab dem Jahr 1914 die Kölner Restauration von Ludwig Schänzler in der Bayenstraße („Im Ausschank echt Kölsch aus der
Agnesbrauerei“) [8:08.05.1914]. Es wird weitere Absatzstätten gegeben haben,
diese sind aber nicht bekannt.
Ein Garant für gutes Bier war der von Brauerei von Peter
Josef Früh
abgeworbene Braumeister Jakob Klein, der „früher
lange Jahre bei Früh“ gearbeitet hatte, wobei die Brauerei von Peter Josef
Früh selbst erst im Jahr 1904 gegründet worden war. Sowohl Jakob Klein als
auch der weitere Braumeister Korbinian Wilhelm wohnten auch in der
Krefelderstraße 61-63 [8:10.04.1910,8:24.03.1911].
Das Gebäude war auch mit Kegelbahnen und Vereinssälen
ausgestattet, die auch gut angenommen wurden. So tagen hier z.B. der
Männergesangsverein „Postalia“, der „Windthorstbund“ (der Jugendverband der
Zentrumspartei, der Verband Köln-Nord wurde sogar in der Agnesbrauerei
gegründet) und der „Katholische Jünglingsverein“
[8:08.05.1909,8:01.06.1910,9:19.10.1912].
Während des Karnevals im Jahr 1911 gab es eine Schlägerei in
der Agnesbrauerei, welche auch der Presse eine Berichterstattung wert war:
[22:09.12.1911] „…Köln, 6. Dez. Eine Karnevalsepisode die die
Gerichte mehrmals beschäftigt hat, fand heute endlich vor der Strafkammer
ihren Abschluß. Am 28. Februar zog ein Trupp als Köche und Metzger
verkleideter junger Leute in die Agnesbrauerei auf der Krefelderstraße. Sie
waren mit Musikinstrumenten versehen und vollführten in dem Lokale einen
greulichen Spektakel. Als dies den anwesenden Gästen nicht mehr gefiel,
wurden die jungen Burschen gewalttätig. Alles, was nicht niet= und nagelfest
war, flog in dem Lokale umher. Verschiedene der Gäste wurden mißhandelt, ein
Kellner so schwer, daß er lange Zeit krank war. Ein Metzgermeister erlitt so
erhebliche Verletzungen, daß er mehrere Wochen nicht arbeiten konnte und am
ganzen Leib mit Beulen und blauen und schwarzen Flecken bedeckt war. Dem
Geschäftsführer trommelte der Inhaber der dicken Trommel fortwährend auf dem
Kopf herum. Einige der Missetäter sind schon abgeurteilt. Heute standen ein
Metzgergeselle von hier und ein Fuhrmann wegen gefährlicher Mißhandlung vor
der Strafkammer. Ersterer erhielt einen Monat Gefängnis, während dem
letzteren nicht nachgewiesen werden konnte, daß er sich an den groben
Exzessen beteiligt hatte…“
Im Jahr 1913 wurde das Bier der Agnesbrauerei auf der Gastwirtsgewerbe-Austellung in Köln mit 2 Preisen ausgezeichnet, es erhielt
den Ehrenpreis und eine goldene Medaille [9:06.03.1913].
Im März 1917 ließ Peter Feith im Handelsregister die Firma
„Peter Feith, Cöln“ eintragen. Warum dies erst 8 Jahre nach der Eröffnung
erfolgte, ist unklar.
[11:12.03.1917] „…In das Handelsregister wurde am 9. März
1917 folgendes eingetragen: Abteilung A. Nr. 6482 die Firma Peter Feith in
Cöln. Inhaber ist Peter Feith, Brauereibesitzer in Cöln…“
Ebenso unklar ist, warum Peter Feith nur 2 Monate später den
Namen seiner Firma in „Agnesbrauerei Peter Feith“ umbenannte. Warum er die
Firma nicht direkt so genannt hat, bleibt sein Geheimnis.
[11:15.05.1917] „…In das Handelsregister ist am 11 Mai 1917
eingetragen: Abteilung A. Nr. 6482 bei der Firma Peter Feith, Cöln. Die
Firma ist geändert in Agnesbrauerei Peter Feith…“
Im Jahr 1918 traf Peter Feith ein harter Schicksalsschlag.
Sein Sohn Heinrich starb im Alter von nur 18 Jahren. Er war Soldat im ersten
Weltkrieg gewesen und im Heimaturlaub an den Folgen einer Lungenentzündung
gestorben, die er sich im Feld zugezogen hatte [11:23.10.1918].
Kurz danach war Schluss mit der Brauerei. Die Gründe für die
Schließung der Brauerei im Jahr 1919 sind nicht bekannt, vermutlich lag es,
wie bei vielen anderen Brauereien in dieser Zeit, an den Folgen des Mangels
an Rohstoffen, Arbeitern und Kunden in Folge des ersten Weltkriegs. Das die
Schliessung schon im Jahr 1919 stattfand, kann einem Artikel über das
Geschäftsjahr 1918/1919 der Hitdorfer Brauerei Friede AG
entnommen werden, an die Peter Feith das Malzkontingent seiner Brauerei im
Jahr 1919 verkauft hatte:
[23:28.01.1920] „…Hitdorfer Brauerei Friede, A.-G. in Köln.
Das am 30. September 1919 verflossene Geschäftsjahr brachte einschließlich
des Vortrages von 22 721 (i.V. 22 738) M. einen Rohertrag von 629 859
(348582) M. Nach Abzug von 493 541 (201 814) M. Unkosten und Steuern und 64
321 (76 970) M. Abschreibungen bleibt ein Reingewinn von 71 996 (69798) M.,
aus dem wieder 4 Proz. Dividende verteilt werden sollen. Nach dem
Geschäftsbericht war der Absatz wesentlich höher als im Vorjahre, die
Lieferung jedoch nur dadurch möglich, daß Kontingente anderer Brauereien,
darunter das der Agnes-Brauerei in Köln und ein Teil des Braurechtes der
Aachener Exportbierbrauerei Dittmann & Sauerländer A.-G. in Aachen erworben
wurden. Zu Abschreibungen auf Darlehen mußten die in früheren Jahren
gebildeten Rücklagen, 94 000 M (Rückstellung für Grundstücke) und 86 000 M
(Rücklage für Verluste) verwandt werden. Im laufenden Geschäftsjahre hat der
Absatz erheblich nachgelassen…“
Formal wurde die Agnesbrauerei erst im Jahr 1926 aus dem
Handelsregister gelöscht:
[11:14.12.1926] „…In das Handelsregister wurde am 7. Dezember
1926 eingetragen: Abteilung A: Nr. 6482 bei der Firma: Agnesbrauerei Peter
Feith, Köln. Die Firma ist erloschen…“
Das Gebäude in der Krefelder Straße 61/63 wurde im Anschluss
als Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Direkter Nachnutzer war die „Kölner
Automobil-Vertrieb m.b.H.“ [24:15.10.1920], in den Jahren von 1930 bis 1935
war dort das Verkaufslager der „Osram G.m.b.H., Kom.-Ges.“ [14:1930,14:1935]
und ab dem Jahr 1936 die Zweigniederlassung der „Expreß“ In- und
Auslandstransporte Otto Bensel [14:1936,14:1941/42].
Peter Feith konzentrierte sich nach der Schiessung der
Brauerei auf seinen Beruf
als Architekt, in dem er bis mindestens ins Jahr 1936 tätig war
[25:28.06.1936]. Peter Feith blieb aber auch nach Schließung der Brauerei
weiterhin Eigentümer der Gebäude in der Krefelderstraße 61/63.
Vermutlich verstarb Peter Feith im Jahr 1939. Im nächsten
verfügbaren Adressbuch des Jahres 1941/42 wird nur noch seine Witwe
aufgeführt und ab dem Jahr 1939 wird auch ein Dr. Wilhelm Fölsch aus Barmen
als Eigentümer der Gebäude in der Krefelderstraße 61/63 benannt
[14:1939,14:1941/42]. Im zweiten Weltkrieg wurden Teile der Gebäude
zerstört, heute ist dort eine schmucklose Wohnbebauung anzutreffen.
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(W005) [8:20.01.1909]
Anzeige zur Eröffnung der Brauerei am 21. Januar 1909
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(W001) [11:29.06.1895]
Verlobungsanzeige von Peter Feith und Christine Thiebes aus dem Jahr 1895
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(F003) [20]
Foto der Belegschaft der Düsseldorfer Aders Brauerei aus dem Jahr 1901.
Peter Feith (der Herr rechts am Tisch neben dem stehenden Mann) war dort
vorübergehend beschäftigt. Vermutlich um die Führung einer Brauerei und
weniger das Handwerk des Brauens zu erlernen
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(F002) [20]
Foto von Peter Feith aus dem Jahr 1915
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(F001) [20]
Foto der Belegschaft des St. Agnes Brauerei um 1915. Der Herr hinter
dem kleinen Jungen ist Peter Feith. Auf dem Fass gut zu lesen: "St.
Agnes-Brauhaus Köln". Rechts ist weiter eine Bierkutsche der Brauerei zu
sehen
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(PK001) [30]
Postkarte der Krefelder Straße um 1910. Rechts im Bild das St. Agnes
Brauhaus |
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(PK002) [31]
Postkarte des St. Agnes-Brauhaus aus dem Jahr 1916 |
(W007) [8:30.12.1894]
Anzeige der Carnevals-Gesellschaft "Alt-Cöllen", welche alle Festivitäten im
Kaisersaal von Peter Feith's Vater Heinrich Feith abhielt. Peter Feith war
einer der Schriftführer der Gesellschaft |
(W002) [8:16.09.1899]
Im Jahr 1899 fand eine Zwangsversteigerung statt, die auch ein im Besitz von
Peter Feith befindliches Haus betraf (Nr. 5, Roßstraße 19). Die Hintergründe
sind unklar
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(W006) [11:23.10.1918]
Todesanzeige von Heinrich Feith, einem Sohn von Peter Feith, aus dem Jahr
1918. Dieser verstarb im Alter von 18 Jahren an den Folgen einer
Lungenentzündung welche er sich im Krieg zugezogen hatte
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(W004) [9:17.06.1907]
Architekt Peter Feith sucht ein braves katholisches Dienstmädchen für einen
besseren Haushalt. Anzeige aus dem Jahr 1907
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(W010) [8:04.11.1909]
Zu Beginn waren Kegelbahnen und Vereinszimmer noch nicht komplett
ausgelastet, dies ist aber die einzige bekannte Anzeige dieser Art |
(W008) [8:01.06.1910]
Der Windthorstbund Köln-Nord, der Jugendverband der Zentrumspartei, tagte
regelmäßig in der Agnesbrauerei
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(W011) [21:07.06.1911]
Die Restauration von Matthias Hüsgen in Mönchengladbach war eine der
externen Absatzstätten "des berühmten Obergärigen Kölner Bieres" der
Agnesbrauerei außerhalb Kölns. Anzeige aus dem Jahr 1911 |
(W011) [21:29.07.1911]
Weitere Anzeige der Restauration von Matthias Hüsgen aus Mönchengladbach aus
dem Jahr 1911 |
(W009) [8:08.05.1914]
Die Restauration von Ludwig Schänzler in der Bayenstraße 21-23 war eine der
externen Absatzstätten der Agnesbrauerei in Köln. Anzeige aus dem Jahr 1914
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(W012) [24:15.10.1920]
Kurz nach der Schliessung der Brauerei im Jahr 1919 wurden die Gebäude vom
"Kölner Automobil-Vertrieb" genutzt. Hier eine Anzeige aus dem Jahr 1920 in
englischer Sprache mit Zielgruppe britische Besatzung |
(W013) [11:15.08.1937]
Im Jahr 1937 standen die Gebäude in der Krefelder Straße 61/63 zum Verkauf.
Da hier explizit die Brauerei erwähnt ist, war zu dieser Zeit vermutlich
noch der Großteil der Brauanlagen vorhanden |
(F005) [31]
Heute steht in der Krefelder Straße 61-63 ein schmuckloses Wohngebäude. Foto
aus dem Jahr 2022 |
Zeitraum |
Firmierung |
Anmerkung |
1909-1919 |
St. Agnes-Brauerei, Peter Feith |
Krefelder Straße 61/63 |
» |
Ein weiteres Mitglied der Familie Feith, Nikolaus Feith,
war in den 1890er Jahren als Schenkwirt und vermutlich auch als Brauer
in der Venloer Straße in Ehrenfeld tätig gewesen. |
» |
Von der St. Agnes Brauerei sind außer Postkarten
keinerlei Werbeartikel wie Bierdeckel, Gläser oder Krüge bekannt. |
Quellenverzeichnis
1 |
"Verzeichnis der Stadt-Kölnischen Einwohner, nebst
Bemerkung", Thiriart und Compagnie, 1797 |
2 |
"Itinéraire de Cologne", Th. F. Thiriart, 1813 |
3 |
"Adreß=Buch oder Verzeichnis der Einwohner der Stadt Köln",
Th. F. Thiriart, 1822 |
4 |
„Adreß-Buch oder Verzeichniß der Einwohner der Stadt Köln",
Buchdruckerei von Fr. J. Greven, 1831 |
5 |
"Feuille d'affiches, annonces et avis divers de Cologne",
Ausgabe 27.06.1813 |
6 |
"Adreßbuch der Stadt Köln", zusammengestellt von E. Kluge,
Köln, Verlag von M. Lengfeld, Augaben 1854 und 1855 |
7 |
Ancestry (www.ancestry.de) |
8 |
"Kölner Lokal-Anzeiger", Ausgaben 14.07.1888, 04.03.1893,
12.01.1894, 05.07.1894, 30.12.1894, 31.07.1897, 16.09.1899, 10.12.1899,
21.10.1900, 08.05.1901, 19.07.1903, 02.06.1907, 24.07.1907, 20.01.1909,
22.01.1909, 04.11.1909, 08.05.1909, 26.02.1910, 10.04.1910, 01.06.1910,
24.03.1911, 06.05.1912, 08.05.1914, 01.02.1922, 08.01.1936 |
9 |
"Rheinischer Merkur", Ausgaben 30.04.1897, 10.06.1897,
07.07.1897, 17.06.1907, 19.10.1912, 06.03.1913 |
10 |
MyHeritage (www.myheritage.de) |
11 |
"Kölnische Zeitung", Ausgaben 17.05.1817, 18.12.1823,
25.07.1829, 02.09.1832, 20.01.1833, 27.07.1838, 21.07.1844, 01.05.1849,
30.11.1862, 21.12.1862, 07.06.1865, 31.01.1867, 30.05.1868, 26.02.1869,
29.10.1871, 17.09.1872, 27.06.1878, 29.06.1895, 29.11.1900, 18.07.1903,
18.07.1903, 07.07.1916, 12.03.1917, 15.05.1917, 23.10.1918, 14.12.1926,
15.08.1937, 02.03.1939 |
12 |
"Kölner Adress-Buch", Herausgegeben von J.G. Heyn, Köln,
Ausgaben 1846 und 1849 |
13 |
"Adreßbuch für Köln, Deutz und Mülheim am Rhein",
Herausgegeben von E. Kluge, Köln 1864, Verlag von Wilhelm Greven |
14 |
Adressbuch der Stadt Köln, Verlag Greven, Ausgabe XXXX
(Jahrgang in Quellenreferenz angegeben) |
15 |
"Kölner Sonntags-Anzeiger", Ausgaben 14.01.1894, 21.01.1894 |
16 |
https://de.findagrave.com/memorial/256536120/heinrich-josef-feith |
17 |
https://de.findagrave.com/memorial/239170045/christine_feith |
18 |
Geneanet (https://gw.geneanet.org) |
19 |
"Rheinische Volkswacht", Ausgabe 29.12.1920 |
20 |
Archiv Peter Felten |
21 |
"Gladbacher Volkszeitung, Ausgaben 07.06.1911, 29.07.1911 |
22 |
"Westfälische Zeitung", Ausgabe: 09.12.1911 |
23 |
"Düsseldorfer Zeitung", Ausgabe 28.01.1920 |
24 |
"The Cologne Post", Ausgabe: 15.10.1920 |
25 |
"Die neue Woche", Ausgabe 28.06.1936 |
26 |
"Allgemeiner Anzeiger für Rheinland-Westfalen", Ausgabe
28.12.1849 |
27 |
"Bonner Volkszeitung", Ausgabe 03.04.1904 |
28 |
"Köln-Bergheimer Zeitung", Ausgaben 07.09.1895, 24.07.1889 |
29 |
"Kölner General-Anzeiger", Ausgabe 16.01.1894 |
30 |
Sammlung Kölner Postkarten von Detlef Ippen, www.post.koeln |
31 |
"Prosit Colonia: Die vergessenen und unvergessenen
Brauereien, Bier- und Brauhäuser Kölns", Autor: Franz Mathar, Greven
Verlag, 1999 |
32 |
Google Street View, März 2022 |