Unternehmensgeschichte der Brauerei "Em halve Mond"
von Heinrich Göbbels / Heinrich Getz /Karl Gatzweiler

 
Wie bei vielen andern Kölner Brauhäusern auch, reicht die Geschichte des Brauhauses „Em halve Mond“, zumindest die des Gebäudes an der Thieboldgasse 75, bis in 13te Jahrhundert zurück. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1251, in diesem Jahr wird das Haus von einem gewissen Heinrich Soto erworben. Die erste Erwähnung als Brauhaus stammt aus dem Jahr 1336. Besitzer war damals Everhard Kleingedank. Der erste Nachweis als Bierbrauerei wiederum stammt aus den Steuerlisten des Jahres 1705. Damals war die Brauerei im Besitzt von Hermann Newen.
Genau dokumentiert sind die Verhältnisse erst in Nach-Napoleonischen Zeiten. 1841 taucht die Brauerei als „Brauerei Theodor Wißdorff“ in den einschlägigen Brauereiverzeichnissen auf. Vermutlich besaß die Familie Wißdorf das Gebäude schon länger, nutzte es aber nicht als Brauerei.
Bis zum Jahr 1867 bleibt die Brauerei in der Familie, allerdings unter verschiedenen Firmierungen (1821 - 1852: „Brauerei Theodor Wißdorff“, 1852 - 1857: „Brauerei Hermann Wißdorff“, 1857 - 1863: „Brauerei Caspar Wißdorff“ und 1863 - 1867: „Brauerei Gerhard Wißdorff“).
Im Jahr 1868 übernahm Heinrich Schneider die Brauerei und führte sie bis ins Jahr 1877. Die nächsten 3 Jahre wurde es von Heinrich Moll betrieben, bis es im Jahr 1880 von Mathias Baum übernommen wurde. Die Familie Baum war schon damals eine bekannte Kölner Brauereifamilie und hinterließ viele Spuren. Mathias Baum führte zeitweise das Brauhaus „In roten Ochsen“, Peter-Josef Baum das spätere Gürzenich-Bräu, Peter Baum zeitweise die „Schreckenskammer“. Bekanntester Spross der Familie war aber Peter Baum, ein Sohn von Matthias Baum, welcher ab 1913 die Brauerei „Em Kölsch Boor“ führte.
Das Gastspiel von Mathias Baum dauerte aber ebenfalls nur 3 Jahre, bis die Brauerei im Jahr 1883 von A. J. Büttgenbach übernommen wurde. Dieser nannte die Brauerei zum ersten Mal „Em halve Mond“. Auch er hielt nur kurz durch, bereits 4 Jahre später, im Jahr 1887, wurde die Brauerei von Heinrich Göbbels übernommen und firmierte fortan als „Brauerei Em halve Mond Heinrich Göbbels“.
Im Jahr 1909 wurde die Brauerei dann von Heinrich Getz übernommen. Heinrich Getz, im Jahr 1882 geboren, absolvierte ab 1900 eine Brauerlehre in der Brauerei und war von 1904 bis 1906 Braumeister im „Em halve Mond“. Nach dem ersten Weltkrieg modernisierte und erweiterte er die Brauerei grundlegend. Kegelbahnen und Gesellschafträume wurden zusätzlich zur eigentlichen Braustube eingerichtet und der bestehende Biergarten vergrößert. Auch das Gebäude der Brauerei wurde grundlegend umgebaut. Das ursprünglich mit 2 Giebeln versehene Haus war nach dem Umbau nicht wiederzuerkennen.
Lampert Macherey streift in seinem Buch über Kölner Kneipen aus dem Jahr 1921 die Brauerei wie folgt [8]:
„… Nicht zu vergessen das Brauhaus "Em halve Mond", wo es beim Wirt Luhr - "die "Plaat" geheißen- bis in die 90er Jahre hinein ein Halbliterglas ,,Kölsch" für einen Groschen gab. …“
Im Jahr 1926 wurde die Brauerei von Karl Gatzweiler übernommen und firmierte ab diesem Zeitpunkt als „Brauerei Em halve Mond Karl Gatzweiler“.
Karl Gatzweiler stammte aus einer Brauerfamilie aus Neuss und besaß bereits dort eine Brauerei. Diese wurde im Jahr 1908 von Simon Gatzweiler übernommen („Brauerei Simon Gatzweiler“) und im Jahr 1920 von Karl Gatzweiler („Brauerei Karl Gatzweiler“). Er betrieb also eine Brauerei in Köln und eine Brauerei in Neuss parallel.
In einem Artikel aus dem Jahr 1929 wird die Brauerei in der Thieboldsgasse wie folgt dargestellt [3]:
Eines der bekanntesten und beliebtesten Kölner Brauhäuser ist das Brauhaus für Obergärung "Zum halben Mond" von Heinrich Getz in der Thieboldsgasse Nr.75. Weder durch bevorzugte Lage noch durch Altertümlichkeit des Hauses hat es seine Beliebtheit errungen, sondern lediglich durch Vorzüglichkeit des echt obergärigen kölschen Bieres, welches hier seit langem gebraut wird. Dazu hat auch dieses Haus seine lange Geschichte: Vom Jahre 1251 bis 1798 stand hier das ehemalige Soeten-Haus, benannt nach seinem ersten nachweisbaren Besitzer. Seit 1335 ist in diesem Hause Brauerei betrieben worden, die zeitweise wieder einging, aber 1705 wieder als "Brauhaus zum halben Mond" auflebte und bis heute bestehen geblieben ist. Der Neubau des jetzigen Vorderhauses stammt von dem Architekten Robert Perthel. Seit 1821 hat das Brauhaus seine Inhaber 13 Mal gewechselt; von 1919 an war Heinrich Getz Besitzer und Brauer im "Halben Mond". Da er unheilbar erkrankt ist, hat in diesem Jahre Gatzweiler aus Neuß das Brauhaus übernommen, das er in der althergebrachten Weise weiterzuführen gewillt ist.
Im Jahr 1936 erwarb Karl Gatzweiler die alteingesessene „Brauerei zum Schlüssel“ in der Bolkerstraße in Düsseldorf und renovierte sie aufwendig. Im Herbst 1938 wurde die Brauerei in Düsseldorf wiedereröffnet. Damit einher ging die Schließung der Brauerei in der Thieboldsgasse in Köln. Die Brauerei Düsseldorf existiert noch heute (Stand: 2020) und ist weiterhin im Besitz der Familie Gatzweiler.

Firmierungen:
Zeitraum Firmierung Anmerkung
1841 – 1852 Brauerei Theodor Wißdorff (Thieboldsgasse 85) Erste Brauerei bereits 1705
1852 – 1857 Brauerei Hermann Wißdorff  
1857 – 1863 Brauerei Caspar Wißdorff  
1863 – 1867 Brauerei Gerhard Wißdorff  
1867 – 1877 Brauerei Heinrich Schneider  
1877 – 1880 Brauerei Heinrich Moll  
1880 – 1883 Brauerei Mathias Baum (ab 1882 Thieboldsgasse 75)  
1883 – 1887 Brauerei Em halve Mond A.J.Büttgenbach Zum ersten Mal Benennung "Em halve Mond"
1887 – 1909 Brauerei Em halve Mond Heinrich Göbbels  
1909 – 1926 Brauerei Em halve Mond Heinrich Getz  
1926 – 1938 Brauerei Em halve Mond Karl Gatzweiler  
 

Übernommene / Vorgänger- / Nachfolger - Brauereien:
In der nachfolgenden Tabelle sind alle Brauereien aufgeführt, welche Übernommen wurden, Vorgänger- oder Nachfolge-Brauereien waren. Für manche dieser Brauereien gibt es auf dieser Website eine eigene Brauereihistorie, welche über den angegebenen Link aufgerufen werden kann.
Brauerei von - bis / übernommen von / Anmerkungen Brauereihistorie
Em Kölsch Boor 1907-1958. Peter Baum, der Besitzer des "Kölsch Boor", war der Sohn von Mathias Baum, der den "Em halve Mond" von 1880 bis 1883 führte.
Em ruhde Ooß 1838 - 1916. Mathias Baum führte diese Brauerei von 1884 bis 1912.  

Historische Bilder
(F003)
Grafik der Brauerei "Em halve Mond" unter der Firmierung von Heinrich Göbbels, vermutlich um 1900
(unbekannte Sammlung)
(F002) [5]
Foto der Brauerei "Em halve Mond" unter der Firmierung von Heinrich Getz. Zu sehen ist durch den Umbau stark veränderte Gebäude, vermutlich um 1920
 
(PK002) [5]
Postkarte der Bierbrauerei Heinrich Getz, um 1920
(PK001) [7]
Foto der "Obergärigen Grauerei Gatzweiler" (Brauerei zum Schlüssel) in der Bolkenstraße in Düsseldorf um 1940, welche Karl Gatzweiler nach der Schließung der Brauerei "Em halve Mond" eröffnete
 

Anmerkungen
» Außer Postkarten sind keine weiteren klassischen Brauereiwerbemittel wie Krüge oder Flaschen bekannt
 

Informationen aus Brauereiverzeichnissen
1898 Göbbels, Heinr., Thieboldsg. 75
1910 Getz, Heinr., Thieboldsg. 75
Inh.; Heinr. Getz (s. 1909). Ggf. 1646. Umgeb.: 1899. - Motob. - Elektr. Bel. - Zeugl.
 
 
 
Quellen
1 Historisches Verzeichnis alter Biergläser/Krüge aus dem Köln/Bonner Raum, Hrsg.: Wolfgang Wukasch
2 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 8. Jahrgang, 1910, Verlag von Eisenschmidt & Schulze GmbH, Leipzig
3 "Trinkt Kölner Bier - Quer durch Kölner Brauhäuser", Artikel einer Sonderbeilage des Kölner Tageblattes vom Sonntag den 15. Dezember 1929
4 www.wikipedia.de, Artikel „Brauerei zu Schlüssel“, abgerufen am 21.11.2020
5 "Prosit Colonia: Die vergessenen und unvergessenen Brauereien, Bier- und Brauhäuser Kölns", Autor: Franz Mathar, Greven Verlag, 1999
6 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 1898, Verlag von Eisenschmidt & Schulze, Leipzig
7 www.zumschluessel.de/de/geschichte, Website der Brauerei zum Schlüssel, abgerufen am 21.11.2020
8 "Kölner Kneipen im Wandel der Zeit (1846 bis 1921), Lambert Macherey, 1921, Selbstverlag