Unternehmensgeschichte der Germanenbrauerei von Albert Dorn und Wilhelm Seffen in Wiesdorf
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Unternehmensgeschichte
Quellen
Zusammenfassung
Die beiden Kölner Arnold Dorn und Wilhelm Seffen gründeten im
Jahr 1908 in Wiesdorf die „Germanenbrauerei Dorn & Seffen“. Die Brauerei war
ein Neubau mit modernsten Brauereieinrichtungen. Arnold Dorn war ein
erfahrener Braumeister, Wilhelm Seffen ein ehemaliger Gastwirt, welcher den
größten Teil der Finanzierung übernahm. Das Geschäftsmodell war darauf
aufgebaut, dass neben der Brauerei selbst auch eine Wirtschaft betrieben
würde, die ansässigen Wirte verhinderten aber, dass der Brauerei eine
Konzession zum Ausschank von Bier erteilt wurde. Als Konsequenz trug das
Geschäftsmodell nicht und die Brauerei ging bereits ein Jahr später, im Jahr
1909, in Konkurs.
Die Gebrüder Ganser, welche bereits in Lechenich eine
Brauerei betrieben, erwarben die Germanenbrauerei auf der
Zwangsversteigerung und verlagerten ihre Brautätigkeit von Lechenich nach
Wiesdorf. Mit ihrer „Kronen-Brauerei Gebr. Ganser“ waren sie im Gegensatz zu
ihren Vorgängern sehr erfolgreich, die Ganser-Brauerei existierte an
gleicher Stelle fast 100 Jahre
Einer der beiden Gründer der Germanenbrauerei war Wilhelm
Seffen. Wilhelm Seffens Familie stammte aus Trippelsdorf (einem Ortsteil von
Merten, einem Stadtteil von Bornheim). Wilhelm Seffens gleichnamiger Vater,
geboren am 02.09.1800, heiratete am 25.02.1836 die aus Köln stammende und in
Köln wohnende 17-jährige Anna Maria Holtzem [9,1:01.03.1836]. Mit seiner
Ehefrau wurde er am Carthäuserwall 12, im Hause seines Schwiegervaters, Karl
Joseph Hotzem, ansässig. [2,9]. Im Eintrag des Kölner
Adressbuches des Jahres 1841 wird er als Gärtner aufgeführt [2].
Der im Kontext der Brauerei relevante Wilhelm Seffen jun.
wurde am 2. Januar 1862 geboren. Er war das letztgeborene von 13 Kindern von Wilhelm Seffen sen. und seiner Frau Anna Maria. Wilhelm Seffen sen. war zu diesem
Zeitpunkt schon über 60 Jahre alt [1:06.01.1862, 9]. Wilhelm Seffen sen.
starb am 26.101885 im Alter von 85 Jahren [3:28.10.1885].
Wilhelm Seffen jun. war zuerst für kurze Zeit, wie sein
Vater, als Gärtner tätig, bevor er in die Gastronomie wechselte. Die erste
bekannte Erwähnung von Wilhelm Seffen jun. stammt aus dem Kölner Adressbuch
des Jahres 1888. Er wird dort als Gastwirt, wohnhaft am Karthäuserwall 39
aufgeführt [4:1888]. Er führte dort die Gaststätte „Zu den Karolingern“
[5:22.12.1898]. Der Karthäuserwall wurde zu dieser Zeit neu erschlossen, die
Gaststätte am Karthäuserwall 39 war ein Neubau. Wilhelm Seffen war von
Beginn an Eigentümer der Gaststätte, vermutlich finanziert aus dem Erbe
seines verstorbenen Vaters.
Im Dezember 1888 verlobte sich Wilhelm Seffen mit der
ebenfalls am Karthäuserwall wohnenden Margaretha („Gretchen“) Driesch,
welche er dann im Juni 1889 heiratete [6:04.12.1888,1:12.06.1889]. Ihr
erster Sohn, Wilhelm Hubert Peter, kam bereits im Januar 1890 zur Welt (also
bezogen auf das Datum der Heirat eigentlich zu früh) [1:15.01.1890]. Der
zweite Sohn Hubert Wilhelm kam im April 1891 zur Welt, verstarb aber nur
einen Monat später [1:10.04.1891,1:12.05.1891]. Weiter gab es noch einen
dritten Sohn [9].
Die nächste persönliche Katastrophe für Wilhelm Seffen jun.
war der Tod seiner Frau Margarethe. Diese verstarb im November 1893 im Alter
von nur 23 Jahren [1:14.11.1893]. Zuvor waren bereits alle 3 Söhne
verstorben [9].
Wilhelm Seffen führte die Restauration am Karhtäuserwall bis
Ende des Jahres 1898 und verkaufte sie dann an den Gastwirt Jacob Flatten
[5:22.12.1898]. Parallel dazu erwarb Wilhelm Seffen Grundstücke in der neu
erschlossenen Rolandstraße und erbaute auf den Nummern 65, 67, und später
auch 69, Häuser [4:1901,4:1904]. Das Haus in der Rolandstraße 65 bezog er
nach dem Verkauf seiner Restauration selbst [4:1901]. Dort setzte er sich
mit sage und schreibe 39 Jahren zur Ruhe, er wurde in den Adressbüchern im
Anschluss als „ohne Gewerbe“ und ab 1907 als „Rentner“ aufgeführt
[4:1902,4:1907].
Im November 1902 heirate Wilhelm Seffen erneut, seine zweite
Frau, Susanna Koch, stammte ebenfalls aus Köln [5:06.02.1902]. Mit seiner
zweiten Frau Susanna hatte Wilhelm Seffen insgesamt 5 Kinder, 2 Söhne und 3
Töchter [9]. Beide Söhne starben bereits früh, der im Jahr 1903 geborene
Albert im Alter von 18 Jahren und der im Jahr 1905 geborene Karl im Alter
von 1 Jahr. Dies bedeutet, dass alle 5 Söhne von Wilhelm Seffen bereits im
Kleinkindalter bzw. Albert im Alter von 18 Jahren verstarben.
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(W007) [5:22.12.1898]
Ende 1898 übertrug Wilhelm Seffen seine Gastwirtschaft am Karthäuserwall 37
an Jacob Flatten und setzte sich vorübergehend zur Ruhe
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(W014) [14.11.1893]
Wilhelm Seffens Frau Margaretha geb. Driesch verstarb im November 1893 im
Alter von nur 23 Jahren |
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(F004) [9]
Foto von Wilhelm Seffen mit seinen Töchtern Anfang der 1920er Jahre.
Aufgenommen vermutlich in seiner Gastwirtschaft in der Odenwalderstraße 35
in Köln-Deutz |
(F001) [9]
Foto von Wilhelm Seffen aus dem Jahr 1928, aufgenommen im Kölner Fotostudio
Samson & Co. in der Hohestraße 61 |
(F005) [9]
Foto von Susanna Koch, der zweiten Frau von Wilhelm Seffen. Ebenfalls aus
dem Jahr 1928 und im gleichen Fotostudio aufgenommen |
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Über den zweiten Gründer der Germanenbrauerei, Albert Dorn,
ist leider nicht viel bekannt. Der erste Nachweis stammt aus dem Kölner
Adressbuche des Jahres 1888, dort wird er als „Dorn Albert, Braumeister,
Severinstraße 15“ aufgeführt [4:1887,4:1888]. Dies ist insofern
aufschlussreich, als das die Severinstraße 15 die Adresse der
„Karthäuser-Brauerei Gebr. Balchem“, einer bekannten und renommierten Kölner
Brauerei war
. Alfred Dorn wohnte also bei seinen Dienstherren,
was zu dieser Zeit nicht unüblich war.
Wo Albert Dorn sein Handwerk gelernt hat und ob er vorher
bereits in anderen Brauereien tätig war, ist nicht bekannt.
Albert Dorn muss verheiratet gewesen sein, denn bekannt ist,
dass im November 1893 sein Sohn Johann zur Welt kam [7:22.11.1893]. In der
Entsprechenden Nennung wird er mit „Albert Dorn, Braumeister, Carthäuserwall
18“. Als Adresse ist hier der „Carthäuserwall 18“ aufgeführt, was aber kein
Widerspruch zur vorgenannten Adresse, der „Severinstraße 15“ ist. Die
Karthäuser-Brauerei lag genau zwischen diesen beiden parallelen Straßen und
hatte Eingänge und somit Adressen an beiden Straßen.
Zwischen 1896 und 1906 verschwindet Albert Dorn aus den
Kölner Adressbücher, vermutlich war er in dieser Zeit als Braumeister
außerhalb von Köln tätig gewesen [4:1895,4:1896,4:1906]. Im Jahr 1907 taucht
er dann wieder in Köln auf, als Braumeister wohnhaft in der Rolandstr. 65
[4:1907]. Zur Rolandstraße 65 lässt sich zwar keine Brauerei zuordnen, aber
er war dort in guter Gesellschaft, denn das Haus in der Rolandstraße 65
gehörte Wilhelm Seffen, welcher auch selbst dort wohnte. Albert Dorn wohnte
in der Rolandstraße 65 noch bis zum Jahr 1908, anschließend verschwand er
wieder aus dem Kölner Adressbuch [4:1908,4:1909]. Vermutlich war er nach
Wiesdorf verzogen.
Im Jahr 1907 setzten Arnold Dorn und Wilhelm ihre Idee einer
Brauereigründung in Wiesdorf um. Adolf Dorn brachte als Braumeister das
fachliche Wissen ein und Wilhelm Seffen seine Erfahrungen als Geschäftsmann
und insbesondere auch sein Geld für die anstehenden Investitionen, wie einer
späteren Stellungnahme zu entnehmen ist [8:04.09.1908]. Wiesdorf wurde
ausgewählt, weil es ein stark wachsender Ort war, in dem es bis dahin noch
keine Brauerei gegeben hatte [8:04.09.1908].
Für den Bau der Brauerei erwarben sie von den Wiesdorfer
Unternehmerfamilien Siebel und Knipper ein 2.700 Quadratmeter großes
Grundstück an der Düsseldorfer Straße. Arnold Dorn und Wilhelm Seffen
verlegten auch ihren Wohnsitz nach Wiesdorf [4:1910].
Ins Handelsregister wurde die Brauerei erst im Mai 1908
eingetragen, allerdings mit Wirkung zum 1. Januar 1908.
[1:15.05.1908] „…In unser Handelsregister Abteilung A 218 ist
heute die offene Handelsgesellschaft unter der Firma Albert Dorn & Seffen
mit dem Sitze in Wiesdorf eingetragen worden: Die Gesellschafter sind der
Bierbrauer Albert Dorn und der Rentner Wilhelm Seffen, beide in Cöln. Die
Gesellschaft hat am 1. Januar 1908 begonnen. Opladen, den 29. April 1908.
Königl. Amtsgericht…“
Ein Zeitungsartikel aus Februar 1908 berichtet über den
Fortschritt der Baumaßnahmen.
[8:24.02.1908] „…Brauerei. Mit Eintritt der wärmeren
Witterung haben auch die Arbeiten an dem Brauereineubau der Firma Steffen u.
Dorn an der Düsseldorferstraße ihren Fortgang genommen. Zur Zeit wird der
Fußboden gelegt und das Mauerwerk verputzt. Die Maschinen werden demnächst
angeliefert und montiert, sodaß mit einer Fertigstellung der Brauerei in
etwa 3 Monaten gerechnet werden darf…“
Ein weiterer Artikel 5 Monate später zeigt, dass es doch
länger dauerte als geplant.
[8:09.07.1908] „…Wiesdorf, 8. Juli. Die neue Brauerei an der
Düsseldorferstraße geht ihrer Vollendung entgegen. Zurzeit werden die
Montierungsarbeiten rasch gefördert, und die Unternehmer, die Herren Steffen
und Dorn, hoffen in etwa 6 Wochen fertig zu sein. Ueber die Einrichtung der
Brauerei werden wir in den nächsten Tagen eingehender berichten. Die
Brauerei stellt ein größeres industrielles Unternehmen dar, dessen Förderung
im Interesse unserer Gemeinde liegt. Wir wünschen den Unternehmern, die mit
der Brauerei ein sehr großes Risiko eingegangen sind, daß ihnen die
nachgesuchte Konzession zur Führung eines Wirtschaftsbetriebes erteilt wird,
damit das Unternehmen gleich einen festen Boden gewinnt…“
Der sehr wohlwollend gehaltene Artikel zeigt aber schon den
Punkt auf, an dem die Brauerei letztendlich scheiterte. Das Geschäftsmodell
der Brauerei basierte nicht nur auf dem Brauereibetrieb selbst, sondern auch
auf dem Betreiben einer angeschlossenen Gastwirtschaft. Diese wurde auch
gleich mitgebaut und war direkt an der Düsseldorferstraße gelegen während
die eigentliche Brauerei zurückversetzt von der Straße hinter dem
Restaurationsgebäude lag.
Ende August 1908 erschien ein längerer, ebenfalls sehr
wohlwollende gehaltener Artikel über die Brauerei in der Opladener Zeitung.
[8:28.08.1908] „…Wiesdorf, 27. August. Die Brauerei der
Herren A. Dorn u. Seffen in der Düsseldorferstraße ist fertiggestellt und
wird am Samstag oder Montag in Betrieb genommen. Die Erbauer haben ihr den
Namen „Germanen=Brauerei“ gegeben, der sich zweifellos gut einführen wird,
wenn die Produkte der Brauerei ihren modernen Einrichtungen entsprechen.
Einige Mitteilungen über dieses industrielle Unternehmen dürften
interessieren: Das Grundstück der Brauerei ist 2700 Quadratmeter groß und
aus den Siebel'schen und Knipperschen Besitzungen erworben worden. Das
Wohngebäude an der Düsseldorferstraße hat 14 Meter Front; das Erdgeschoß ist
zu Restaurationszwecken erbaut und eingerichtet. Es besteht aus einem
großen, luftigen Restaurationslokal mit Nebenräumen, Küche und modernen
Klosetanlagen. Die oberen Geschosse werden zu Wohnungen benutzt. Hinter dem
Wohnhaus in 17 Meter Entfernung erhebt sich das Brauhaus, das durch eine
massive Wand geteilt ist. Der vordere Teil ist ganz unterkellert und besteht
aus 3 Obergeschossen, der hintere Teil— Erdgeschoß— enthält die Maschinen
und Dampfkessel. Hinter diesem Maschinen= und Kesselhaus befinden sich
Stallung und Remise. Der geräumige Lagerkeller befindet sich zwischen Wohn=
und Brauereigebäude unter dem Sud= und Schwankhause. Ein= und Ausfahrt
geschieht von der Lichstraße aus. Die maschinelle Einrichtung wird von einer
50pferdigen Dampfmaschine getrieben. Die Brauereieinrichtung ist von einer
ersten Firma der Branche, Beck u. Rosenbaum Nachf. in Darmstadt, unter
Verwendung der neuesten, patentierten Maschinen usw. geliefert und wird mit
der vollen Montage innerhalb der nächsten Tage für den vollen Betrieb
fertiggestellt sein. Die Eismaschine ist ebenfalls von einer erstklassigen
Fabrik: „Gesellschaft für Linde'sche Eismaschinen A. G. in Wiesbaden". Sie
ist bereits in Betrieb. Das Bier wird unter dem Namen Germanen=Bräu als
helles Lager= und Exportbier in den Handel gebracht, auch soll ein echtes
Münchener Schankbier genau nach Münchener Brauart und Rezepten hergestellt
werden. Näheres über die Abgabe des Bieres und des Eises wird demnächst
durch besondere Anzeigen bekannt gegeben werden. Wer die Brauerei besichtigt
hat, wird seine Freude an den modernen Einrichtungen, an dem geschmackvollen
Bau haben, und mit uns der Hoffnung sein, daß dieser industrielle Betrieb in
Wiesdorf festen Fuß fassen möge. Leider haben bis jetzt die
Konzessionsverhandlungen wegen Wirtschaftsbetriebes ein positives Resultat
nicht gehabt, und es wäre lebhaft zu bedauern, wenn es auch für die Folge so
bliebe. Denn einerseits ist man in der Bürgerschaft allgemein der Ansicht,
daß es nur von Vorteil wäre, wenn noch eine modern geführte größere
Wirtschaft in Wiesdorf bestände, und andererseits sollte man jedem
derartigen Unternehmen, das Geld und Arbeit in die Gemeinde bringt, die Wege
nach Möglichkeit ebnen, anstatt sie zu erschweren…“
Der Artikel beschreibt auch die Ausstattung der Brauerei mit
modernen Anlagen (einer Eismaschine von Linde in Wiesbaden, einem Sudhaus
und weiterer Ausstattung von Beck & Rosenbaum Nachfahren aus Darmstadt sowie
einer Dampfmaschine mit einer Leistung von 50 Pferdestärken).
Auch dieser Artikel weist wieder auf die Problematik der
nicht erteilten Ausschank-Konzession hin und bricht eine Lanze für die
Brauerei („…Unternehmen, das Geld und Arbeit in die Gemeinde bringt, die
Wege nach Möglichkeit ebnen, anstatt sie zu erschweren…“). Darüber warum der
Brauerei diese Konzession bis dahin nicht erteilt war und auch später nicht
erteilt wurde, gibt es einige Hinweise. Diese deuten darauf hin, dass es am
Widerstand der bereits bestehenden Wiesdorfer Wirte lag, welche sich eine
weitere Konkurrenz vom Leibe halten wollten. Hierfür spricht auch, dass im
Opladener Gemeinderat mehrere Wirte als Gemeindeverordnete vertreten waren
(gesichert für die Jahre 1910 und 1911, vermutlich aber auch schon früher
[3:29.03.1910:8:16.12.1911]).
Die Ablehnung der Brauerei durch die ansässigen Wirte setzte
sich weiter fort und wurde auch in der Presse ausgetragen. Albert Dorn und
Wilhelm Seffen sahen sich genötigt, auf einen Anfang September erschienenen
Leserbrief in der Opladener Zeitung mit einer Art Erklärung oder
Richtigstellung zu antworten (der genaue Wortlaut des Leserbriefes ist
leider nicht bekannt, gerade diese Ausgabe 202 der Opladener Zeitung ist
nicht verfügbar, der Tenor lässt sich aber aus der Erwiderung herauslesen).
[8:04.09.1908] „…Germanen-Brauerei, Wiesdorf. Um irrtümlichen
Meinungen vorzubeugen, bringen wir zur allgemeinen Kenntnis, daß wir dem
Artikel über unsere Brauerei in Nr. 200 des Generalanzeigers fernstehen. Dem
Verfasser des Eingesandt in Nr. 202 aber erwidern wir, daß wir
Unterzeichneten Fachleute sind, und zwar Albert Dorn im Brauereigewerbe, W.
Steffen im Wirtegewerbe. Albert Dorn hat das Brauerhandwerk praktisch
erlernt und seit 25 Jahren Braumeisterstellen innegehabt. Bestrebt,
selbständig zu werden und seine erworbenen Kenntnisse zu verwerten, fand er
in W. Steffen den kapitalkräftigen Teilhaber. Wenn wir gerade Wiesdorf zur
Ausübung unseres Gewerbes gewählt haben, so liegt das an der Tatsache, daß
uns dieser Ort, der bis dahin noch keine Brauerei besaß, bei seinem
schnellen Emporblühen und seiner schon recht stattlichen Bevölkerungszahl
geeignet erschien, einer Großbrauerei den notwendigen Absatz zu sichern, wie
es schon bei weit kleineren Orten der Fall ist. Unsere Brauerei kann
Wiesdorf nicht zur Unzierde, der Gemeinde nicht zum Schaden gereichen. Wer
will es uns da verdenken, wenn wir unsere Interessen, die mit sehr großen
pekuniären Opfern verbunden sind, zu wahren suchen. Damit ist nicht gesagt,
daß wir den Herren Wirten Konkurrenz machen wollen; uns liegt am Absatz
unserer Produkte, und es wird unser ernstes Bestreben sein, mit den Herren
Wirten in angenehme geschäftliche Beziehungen zu treten. Alle Interessenten
bitten wir, unsere Anlagen in Augenschein zu nehmen und durch persönliche
Rücksprache mit uns allen irrigen Meinungen von vornherein vorzubeugen. Dann
erübrigen sich alle weiteren Debatten und Eingesandts, die durch meist
persönlich gehaltene Angriffe nur geeignet sind, sich gegenseitig zu
verärgern. Hochachtungsvoll Albert Dorn. W. Steffen…“
Auch ein weiterer Leserbrief in der Rubrik „Eingesandt“ vom
gleichen Tag wie die Erwiderung geht auf den Leserbrief der Ausgabe 202 ein
und spiegelt das Unverständnis der Wiesdorfer Bürger gegen den Widerstand
der Wiesdorfer Gastwirte wider.
[8:04.09.1908] „…Eingesandt. (Für: diese Rubrik übernimmt die
Redaktion nur die preßgesetzliche Verantwortung.). Wiesdorf, 3. Sept. Zu dem
Eingesandt des Generalanzeigers vom 28. August erlauben sich mehrere Bürger
folgendes zu bemerken: Es tut einem leid, wenn man den Notschrei des
Einsenders hört; doch glauben wir, daß keiner der hiesigen Wirte mit einem
anderen hiesigen Geschäftsmann tauschen wird. Hier freie Konkurrenz nach
jeder Richtung hin und Beeinträchtigung des Geschäftslebens durch unsere
großen Nachbarstädte, dort volle Sicherheit einer guten Erwerbsquelle, die
durch keine neue Konzession gestört werden soll. Denn was der Einsender in
Nr. 202 schreibt, trifft nicht zu. Der Wirtestand in Wiesdorf hat eine
selten günstige Position und braucht, da ihm keine Konkurrenz droht, keine
besonderen Anstrengungen zu machen, um zu Kundschaft und Wohlstand zu
kommen. Wenn die Herren Wirte sich gegen neue Konkurrenz wehren so ist das
zu verstehen; die Ansichten eines großen Teiles der Einwohner vertreten sie
aber nicht. Mehrere Einwohner.
Aehnlichen Inhalts sind uns noch mehrere Eingesandts zugegangen, von deren
Veröffentlichung wir jedoch absehen, um die Debatte über die Angelegenheit
hiermit zu schließen. Die Redaktion…“
Eigentlich sollte die Germanenbrauerei die erste Brauerei in
Wiesdorf sein. Da sich der Bau aber immer wieder verzögerte, wurde sie von
Peter Menraths „Brauhaus Wiesdorf“ überholt, welches Anfang 1908 mit dem
Brauen begann
. Allerdings besaß das Brauhaus Wiesdorf eine
wesentlich geringere Braukapazität. Peter Menrath hatte auch keine Probleme
mit einer Konzession für den Bierausschank. Er errichtete nur eine reine
Brauerei und übernahm dann eine schon seit längerem bestehende
Gastwirtschaft
(und auch deren bestehende Konzession).
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(W006) [8:04.09.1908]
Gegenwind durch die Wiesdorfer Wirte und Leserbriefe in der Presse. Albert
Dorn und Wilhelm Seffen sahen sich genötigt in einer großformatigen Anzeige
Stellung zu nehmen. Anzeige aus September 1908 |
(W002) [8:30.10.1908
Es dauerte bis Ende Oktober 1908 bis das Bier der Germanenbrauerei zum
Ausschank kam. Ob bei fast allen Wiesdorfer Wirten wie angegeben, darf auf
Grund der Vorgeschichte bezweifelt werden |
Auch ohne Schank-Konzession ging die Germanenbrauerei
letztendlich am 31. Oktober 1908 in Betrieb, bzw. lieferte an diesem Tag
ihre ersten Produkte aus. Die im Gegensatz zu den Wirten wohlgesonnene
Presse kündigte die wie folgt an:
[8:29.10.1908] „…Wiesdorf, 28. Okt. Die Germanen=Brauerei
Wiesdorf n der Düsseldorferstraße beginnt am Samstag, 31. Oktober, mit dem
Ausschank ihrer Export= und Münchener Biere. Wie wir hören, werden diese
Wiesdorfer Erzeugnisse in fast allen hiesigen Wirtschaften zu haben sein.
Hoffen wir, daß sie Anklang finden…“
Auch die Brauerei selbst schaltete eine Anzeige zur Eröffnung.
[8:30.10.1908] „…Germanen-Brauerei Wiesdorf. Den verehrten
Einwohnern von Wiesdorf und Umgebung zur gefl. Kenntnisnahme, daß unsere
Biere unter der Marke „Germanen-Bräu“ und echt „Germanen-Münchener“ am
Samstag, den 31. Oktober bei fast allen hiesigen Wirten zum Ausschank
gelangt. Hochachtungsvoll! A. Dorn & Seffen…“
In wie vielen Wirtschaften das Bier der Germanen-Brauerei zum
Ausschank gelangte ist nicht bekannt, es darf aber auf Grund der
Vorgeschichte vermutet werden, dass es nicht „bei fast allen hiesigen
Wirtschaften“ war.
Kurz nach der Eröffnung besichtigte der Wiesdorfer
Werkmeisterverein die Brauerei, was der Opladener Presse wiederum einen
wohlwollenden Artikel wert war.
[8:04.11.1908] „…Wiesdorf, 3. Nov. Der hiesige
Werkmeisterverein besichtigte am vergangenen Sonntag die neue
Germanenbrauerei der Firma Dorn u. Seffen. Die Besichtigung, an der sich
fast alle Kollegen beteiligten, geschah unter Führung des Herrn Dorn, der
bereits fast 25 Jahre als Braumeister in den bedeutendsten Brauereien tätig
gewesen ist. Herr Dorn erklärte in liebenswürdiger Weise alle Apparate und
Maschinen in einer so ausgiebigen Weise, daß es jedem Laien verständlich
war. Die Brauerei ist der Neuzeit entsprechend angelegt und sehr
geschmackvoll gehalten, ebenso das Wohnhaus, in welchem große luftige
Restaurationsräume wie auch eine Kegelbahn vorgesehen sind. Nach der
Besichtigung folgte man einer Einladung des Herrn Dorn u. Seffen zu einem
Probetrunk ihrer vorzüglichen Erzeugnisse. Dabei dankte der Vorsitzende,
Herr H. Frorath in warmen Worten für die freundliche Einladung und betonte,
daß es eines jeden Kollegen Pflicht sei, dieses Unternehmen zu unterstützen.
Er gab der Hoffnung Raum, daß die Bewohner unserer Gemeinde sich der
Unterstützung anschlössen, was bei der Qualität des Germanenbräus schon von
selbst der Fall sein würde. Er schloß mit den Worten, daß es den Herren Dorn
und Seffen gelingen möge, ihr Germanenbräu überall einzuführen. Herr Born
leerte ein Glas auf das Wohl des deutschen Werkmeisterverbandes. (Das
Germanenbräu ist jetzt in fast allen hiesigen Wirtschaften erhältlich; nach
den bisherigen Erfahrungen ist es schmackhaft und bekömmlich. D. R.)
Kurz danach besichtigte auch der Wiesdorfer Gesangverein
„Sängertreu“ die Brauerei.
[8:20.11.1908] „…Wiesdorf, 19. Nov. Einer Einladung des Herrn
Dorn und Seffen folgend, nahm der Gesangverein Sängertreu am vergangenen
Sonntag eine Besichtigung der Germania=Brauerei vor, die zu allseitiger
großer Zufriedenheit verlief. Die moderne Betriebseinrichtung, die es
ermöglicht, tadelloses, wohlschmeckendes Bier zu liefern, fand allgemeinen
Beifall, und man war sich einig, daß das Unternehmen, das einen großen
Schritt in der Entwicklung Wiesdorfs bedeutet, von jedem Einheimischen
unterstützt werden müsse. Ein fröhlicher Trunk schloß sich der Besichtigung
an…“
Im Frühjahr 1909 gelang es der Brauerei mit Wilhelm Gies in
Köln und Ewald Gerhards in Wiesdorf zwei Verleger für ihr Flaschenbier zu
finden.
[5:04.04.1909] „…Germanen-Brauerei Wiesdorf. 1a.
Export-Tafelbier ff. Münchener Schenkbier stets frische Flaschenfüllung bei
Wilh. Gies, Köln, Meister-Gerhardstrasse 4. Gleichzeitig empfehle stets
frische Landeier, Butter von rheinischen Landgütern, sowie Mineralwasser und
Weine in jeder Preislage. Lieferung frei Haus…“
[8:19.05.1909] „…Germanen=Bräu Brauerei=Abfüllung prima
helles Erport und echt Münchener Schankbier bei prompter Bedienung Ew.
Gerhards, Wiesderf. Flaschenbier=Verlag. Fernruf 97— Amt Schlebusch…“
Arnold Dorn und Wilhelm Seffen, eigentlich Kölner, versuchten
auch in Wiesdorf Fuß zu fassen. Wilhelm Seffen war sogar Vorsitzender des
neu gegründeten „Schützen-Vereins Wiesdorf“.
[8:26.05.1909] „…Wiesdorf, 24. Mai. Die gestrige Fahnenweihe
des Schützen=Vereins Wiesdorf nahm einen in allen Teilen guten Verlauf.
Unter Beteiligung befreundeter Vereine wie der St. Sebastianus=Schützenbruderschaft,
des Gesangvereins Gemütlichkeit, Radfahrer=Vereins „Edelweiß“, Sparvereins
Zufriedenheit, Kriegervereins, Männer=Turnvereins u. des Turnvereins
Wiesdorf, marschierte gestern morgen der Festverein vom Versammlungslokal
Knipper zum Abholen der Fahne beim Vorsitzenden Herrn Seffen in der
Düsseldorferstraße. Anschließend daran wurde die Weihe der Fahne im prächtig
geschmückten Saale des Herrn Fritz Lützenkirchen, vorgenommen, die sich zu
einer erhebenden Feier gestaltete. Herr Seffen begrüßte mit kurzen Worten
die beteiligten Vereine und die zahlreich erschienenen Gäste. Nachdem die
Deputationen der Vereine mit ihren Fahnen auf der Bühne Aufstellung genommen
hatten, hielt Herr Bürgermeistersekretär Fischer die Weiherede und übergab
mit entsprechenden Worten die Fahne an den Vorsitzenden des Vereins ...“
Aber alle Anstrengungen nutzen nichts. Ohne eine
Schank-Konzession war das Geschäftsmodell der Brauerei nicht tragfähig, die
Kredite bei den Anlagenlieferanten konnten nicht mehr bedient werden und so
musste die Brauerei Ende des Jahres 1909 Konkurs anmelden.
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(W001) [10]
Werbung der Germanenbrauerei in der Festschrift der St.-Sebastianus
Schützenbrüderschaft aus dem Jahr 1909
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(W013) [8:19.05.1909]
In Wiesdorf wurde das Bier der Germanenbrauerei vom Flaschenbierverleger
Ewald Gerhards vertrieben |
W003) [5:04.04.1909]
Die Germanenbrauerei konnte für ihren Flaschenbiervertrieb den Kölner
Händler Wilhelm Gies gewinnen |
(W012) [5:14.04.1909]
Weitere Anzeige von Wilhelm Gies, welcher das Germanen-Bräu in Köln vertrieb |
Die Eröffnung des Konkursverfahrens wurde Ende Dezember 1909
in der Opladener Zeitung mit folgendem Artikel bekannt gemacht
[8:28.12.1909] „…Konkursverfahren. Ueber das Vermögen 1) der
offenen Handelsgesellschaft in Firma A. Dorn und Seffen in Wiesdorf. 2).
deren Inhaber Albert Dorn und Wilhelm Seffen in Wiesdorf wird heute am 23.
Dezember 1909, nachmittags 4½ Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der
Kaufmann Friedrich Wagner in Wiesdorf wird zum Konkursverwalter ernannt.
Konkursforderungen sind bis zum 13. Januar 1910 bei Gericht anzumelden.
Erste Gläubigerversammlung und Prüfungstermin am 22. Januar 1910 vormittags
11 Uhr vor dem unterzeichneten Gericht Bahnhofstraße 7 Zimmer 17. Offener
Arrest mit Anzeigefrist 15. Januar 1910. Opladen, d. 23. Dezbr. 1909
Königliches Amtsgericht…“
Das Gesellschaftform war derart, dass beide Inhaber
der Gesellschaft auch persönlich hafteten. Zeitgleich wurde eine
Zwangsversteigerung angesetzt, bei der es aber nicht um Immobilien oder
Inventar der Brauerei, sondern nur um Waren und Rohstoffe ging.
[8:28.12.1909] „…Zwangs=Versteigerung. Am Donnerstag, den 30.
Dezember 1909, vormittags 10½ Uhr sollen in der Brauerei von Dorn & Seffen,
Wiesdorf,
1. 22 Fässer Bier à 18 Hektoliter,
2. 6 Büchsen Hopfen,
3. 32 Sack Malz
durch den Unterzeichneten öffentlich meistbietend gegen gleich bare Zahlung
versteigert werden. Reichel, Gerichtsvollzieher in Opladen…“
In der Opladener Zeitung erschien zum Konkurs folgende
Anzeige, in dem die Schuld für den Konkurs explizit nicht den Inhabern der
Brauerei zugeschrieben und die Hoffnung ausgedrückt wurde, dass man eine
Lösung für den Fortbestand finden würde.
[8:29.12.1909] „…Wiesdorf, 28. Dez. Die Bierbrauerei Dorn u.
Seffen ist leider in Konkurs geraten; wir sagen leider, weil wir für die
Entwickelung unserer Gemeinde auch die Entwickelung größerer gewerblicher
Betriebe für vorteilhaft halten. In diesem Falle ist die Schuld an dem
Konkurs nicht den Besitzern zuzuschreiben, die sich redlich Mühe gegeben
haben, ihr Unternehmen zu halten und in die Höhe zu bringen, sondern der
Ungunst der Verhältnisse. Das Unternehmen fand zu wenig Unterstützung. Da
die Brauerei nicht die Konzession zu einem eigenen Ausschank bekam, war das
Unternehmen verkalkuliert, die Anlagekosten, die mit eigener Wirtschaft
rechneten, zu hoch gegenüber dem Absatz. Wir geben der Hoffnung Ausdruck,
daß die Gläubiger einen Weg finden, die Brauerei zu halten, und freuen uns,
mitteilen zu können, daß die Bierlieferungen nicht eingestellt werden, ehe
eine Gläubigerversammlung sich über Fortführung oder Nichtfortführung des
Betriebes schlüssig geworden ist…“
Trotz des Konkurses wurde zuerst noch weiterproduziert.
[8:29.12.1909] „…Betr. Konkurs Dorn & Seffen, Wiesdorf. Der
Betrieb wird in unveränderter Weise fortgeführt…“
Am 15. März 1910 wurde das Konkursverfahren über das private
Vermögen von Albert Dorn und Wilhelm Seffen mangels Masse eingestellt.
[11:21.03.1910] „…Opladen. Konkursverfahren. Das
Konkursverfahren über das Vermögen 1) des Albert Dorn und 2) des Wilhelm
Seffen, in Wiesdorf, wird mangels Masse eingestellt. Opladen, den 15. März
1910. Königliches Amtsgericht…“
Dies ist unverständlich, da zumindest Wilhelm Seffen zu
diesem Zeitpunkt noch sehr vermögend war, ihm gehörten in Köln Grundstücke
und Häuser in der Mainzerstraße 75 sowie in der Rolandstraße 65, 67 und 69.
Entweder wurde das auch dem Liquidator klar oder die 2 Tage später
angekündigte Zwangsversteigerung eines der Häuser von Wilhelm Seffen war im
Kontext der Haftung der Gesellschaft zu sehen.
[5:23.03.1910] „…Am 20. Mai 1910, vormittags 9½ Uhr, soll in
Cöln im Justizgebäude, Appellhofplatz, Zimmer Nr. 47, das hierselbst,
Rolandstrasse 69 belegene Hausgrundstück: Wohnhaus mit Anbau und Hofraum und
Werkstattgebäude, groß 6 Ar 93 Quadratmeter, Nutzungswert 7950 Mark,
Eigentümer: Rentner Wilhelm Seffen in Cöln, zwangsweise versteigert werden.
Königliches Amtsgericht Cöln, Abteilung 40…“
Nur 3 Wochen später wurde auch das Haus in der Mainzerstraße
75 zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben [5:11.04.1910] und wiederum 6
Wochen später Grundstücke in Wiesdorf, welche im Besitz von Wilhelm Seffen
waren [12:26.05.1910].
Am 8. Juli 1910 wurde dann auch die Brauerei mit allen
Gebäuden und Maschinen zwangsversteigert. Ersteigert wurde die Brauerei, von
langer Hand vorbereitet, von den Gebrüdern Ganser aus Lechenich. Von langer
Hand insofern, als das die Gebrüder Ganser im Vorfeld die Hypotheken der
Lieferanten der Anlagen in der Brauerei aufgekauft hatten und das nur 2 Tage
vor der Versteigerung die Firma „Kronenbrauerei Wiesdorf m. b. H.““
gegründet wurde, welche formal der neue Besitzer der Brauerei wurde
[11:13.07.1910].
[8:09.07.1910] „…Wiesdorf, 8. Juli. Im gestrigen
Zwangsversteigerungstermin wurde die Germanenbrauerei Wiesdorf, Firma A.
Dorn u. Seffen, zum Preise von 95000 Mark von einer eigens zu dem Zweck
gegründeten Gesellschaft „Kronenbrauerei Wiesdorf m. b. H.“ angesteigert.
Die Gesellschaft bilden die Gebrüder Ganser aus Lechenich. Der
Gesellschafter Michel Ganser hatte vorher die Hypotheken der
Maschinenfabriken gekauft. Das versteigerte Anwesen hatte 252 000 Mark
gekostet. Interessieren wird, daß Herr Ganser, Brauereibesitzer in Lechenich,
eine geborene Steinacker aus Bürrig zur Frau hat…“
Die Familie Ganser betrieb bereits seit dem Jahr 1869 eine
Brauerei in Lechenich, das "Deutsche Brauhaus". Die Brauerei in Lechenich war
erst im Jahr 1900 vollständig modernisiert worden, aber der immer weiter
anwachsende benachbarte Braunkohlentagebau sorgte dafür, dass das
Grundwasser immer weiter absank. Perspektivisch war abzusehen, dass
mittelfristig das als Brauwasser benötigte Grundwasser nicht mehr in
ausreichender Menge zur Verfügung stehen würde. Aus diesem Grund suchte man
Alternativen und was für eine Gelegenheit bot sich mit der Germanenbrauerei,
fast neu, top eingerichtet und im Kontext der Zwangsversteigerung zu einem
Schnäppchenpreis zu erwerben [13].
Die Verbindung nach Wiesdorf entstand vermutlich durch
Wilhelm Ganser, welcher im Februar 1909 Katharina Steinacker, Tochter des in
Bürrig ansässigen Wirtes Peter Josef Steinacker, geheiratet hatte[13,14].
Die Gastwirtschaft von Peter Josef Steinacker lag nur 2,5 Kilometer von der
Brauerei entfernt und war ebenfalls auf der Düsseldorfer Straße (Ecke
Bahnhofstraße) gelegen [8:11.06.1912,15,16]. Kaum zu glauben ist allerdings,
dass Peter Josef Steinacker im März 1909 Mitglied im Wiesdorfer Gemeinderat
wurde.
[8:22.03.1909] „…Wiesdorf, 20. März. Vor Eintritt in die
Tagesordnung der Gemeinderatssitzung am 18. d. Mts. wurde Herr Peter Josef
Steinacker als Meistbeerbter nach§ 46 der Gemeindeordnung in den Gemeinderat
eingeführt…“
Wer Böses denkt könnte dies so deuten, dass der Schwiegervater
von Wilhelm Ganser im Wiesdorfer Gemeinderat mitverhindert hat das die
Brauerei eine Schank-Kommission bekam und damit die Pleite und Übernahme
durch die Gebrüder Ganser mitgeebnet hat.
Die Gebrüder Ganser führten die Brauerei sehr erfolgreich
fort, sie wurde bis zum Jahr 2000 von der Familie Ganser betrieben.
Aufgehoben wurde das Konkursverfahren im Juni 1913, offiziell
aus dem Handelsregister gelöscht wurde die Germanenbrauerei von Arnold Dorn
und Wilhelm Seffen am 6. März 1914.
[11:16.06.1913] „…Opladen. Beschluß. 28612 Das
Konkursberfahren üher das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft Firma
Dorn & Seffen in Wiesdorf wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußermins
hierdurch aufgehoben. Opladen, den 9. Juni 1913. Königliches Amtsgericht…“
[1:06.03.1914] „…In unser Handelsregister Abt. 1 A ist heute
bei Nr. 218 betr. die Firma Albert Dorn & Seffen in Wiesdorf eingetragen
worden, daß die Firma erloschen ist. Opladen, den 20. Febr. 1914. Königl.
Amtsgericht…“
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(W005) [8:29.12.1909]
Zu Beginn des Konkurses wurde noch weiter produziert |
(W004) [8:28.12.1909]
Auf der ersten Zwangsversteigerung wurden nur Bier und Rohstoffe
versteigert. Anzeige aus Dezember 1909 |
(W009) [5:23.03.1910]
Am 20. Mail 1910 wurde das erste Haus von Wilhelm Seffen, in der
Rolandstraße 69 gelegen, zwangsversteigert |
(W008) [5:11.04.1910]
Am 3. Juni 1910 wurde das zweite Haus von Wilhelm Seffen zwangsversteigert.
Das Haus in der Mainzerstrasse 75 blieb in der Familie, es wurde von seiner
Frau Susanna ersteigert. |
Nach der Zwangsversteigerung der Brauerei ging es für Wilhelm
Seffen erstmal weiter mit den Zwangsversteigerungen. Nachdem bereits seine
Häuser in der Rolandstraße 69 und der Mainzerstraße 75 im Mai bzw. Juni
1910 versteigert worden waren, war im Juli 1910 das Haus in der Rolandstraße
67 und im Februar 1912 das letzte seiner Häuser in der Rolandstraße 65 an
der Reihe [5:14.07.1910,5:22.12.1911].
Wilhelm Seffen kehrte Leverkusen den Rücken und zog wieder
nach Köln. Im Kölner Adressbuch des Jahres 1911 wird er als wohnhaft
in der Mainzerstraße 75 aufgeführt [4:1911]. Mainzerstraße 75, war da nicht
was? Wilhelm Seffen wohnte also in dem Haus, dessen Eigentümer er zuvor
gewesen war
und welches ein Jahr zuvor versteigert worden war. Und der neue Eigentümer
des Hauses in der Mainzerstraße 75 war seine Frau Susanna. Es konnte also
etwas aus der Konkursmasse „gerettet“ werden. Ebenfalls „gerettet“ worden
war das Haus in der Rolandstraße 67, ebenfalls im Besitz von Susanna Seffen
[4:1912].
Die finanzielle Lage ließ es auch zu, im Jahr 1914 ein Haus
an der Bastion 5 in Deutz zu erwerben. Eigentümerin hier ebenfalls Susanna
Seffen [4:1914]. Das Ehepaar Seffen verzog auch nach Deutz, Wilhelm Seffen
wurde im Anschluss und zumindest bis ins Jahr 1920 als „ohne Gewerbe“
geführt [4:1914,4:1920].
Der Ruhestand schien Wilhelm Seffen aber nicht zu reichen, zu
Beginn der 1920er Jahre eröffnete Wilhelm Seffen wieder eine eigene
Gastwirtschaft, diesmal in der Odenwaldstraße 35. Überflüssig zu erwähnen,
dass die Eigentümerin wieder Susanna Seffen hieß [4:1925].
Die letzte bekannte Erwähnung von Wilhelm Seffen stammt aus
dem Jahr 1923, zur Zeit der britischen Besatzung in Köln. Wilhelm Seffen
stand vor Gericht, weil in seiner Gastwirtschaft zur nicht erlaubten Zeit
Bier an britische Soldaten ausgeschenkt worden war. Letztendlich wurde er
zur Zahlung von 50000 Mark verurteilt, was sich wegen der herrschenden
Inflation aber höher anhört als es wirklich war.
[17:26.04.1923] „…Beer Served During Prohibited Hours.
Wilhelm Seffen, restaurant proprietor, was charged with permitting British
soldiers to be served with beer on his premises during prohibited hours. His
wife was charged with serving the beer. Both pleaded "Not Gullty“. A
detective corporal sald that on the 27th of March he entered the accused's
café at 10.45 a.m. He ordered a glass of beer which was at once served by
the accused's wife. Accused himself was not there at the time but he came in
later and saw witness drinking the beer. Another detective who had been
outside then came in and asked the accused if he knew that it was forbidden
to allow troops to be served with beer at such an hour. Accused sald that he
did not. There was a copy of the notice stating the times during which
soldiers are allowed to be served in the accused's café. The restaurant was
a fairly large one, but witness did not think that many soldiers frequented
it. Accused said that at the time the detective entered his café he was not
present; he was at the brewery, where there had been a strike. When he
returned the detectives came in and asked him the time. It was then 10.45
a.m. They asked him if he knew the regulations and he told them that as no
soldiers ever vislted his café he had not taken the trouble to read the
notices. He said he did not allow the soldier to be served with the beer
through any bad intention. He had only had the café for six months and
during that time he had lost his only son. The wife sald that she did not
serve in the café much, and she did not know the regulations. She had no
intention to commit any offence against the regulations. The P.O. said that
they should have known the regulations and should have taken the trouble to
frind the notices in their café. He took into consideration the fact that
not many soldiers visited the café. A fine of 50,000 marks was Imposed…“
Wilhelm Seffen führte die Gastwirtschaft in der
Odenwaldstraße 35 bis zu seinem Tod, er verstarb im Jahr 1953 im Alter von
91 Jahren [4:1953,4:1954,9]. Seine Frau Susanna war bereits 3 Jahre zuvor
verstorben. Nach dem Tod von Wilhelm Seffen wurde die Gastwirtschaft von
Margarete Seffen weitergeführt, einer Tochter von Wilhelm Seffen
[4:1954]. Im Jahr 1958 wurde die Gaststätte geschlossen [4:1958]. Bis zum
Jahr 1960 ist Margarete, mittlerweile als Grete bezeichnet, ohne
Berufsbezeichnung wohnhaft in der Odenwaldstraße 35 aufgeführt [4:1960]. Von
1961 bis 1963 wird sie als Kauffrau bezeichnet und ab dem Jahr 1964 führte
sie in der Odenwaldstraße 35 einen Spirituosenhandel [4:1961,4:1963,4:1964].
Gesichert bis ins Jahr 1973 existierte der Spirituosenhandel noch, im Jahr
1975 gab es ihn nicht mehr und auch die Spur von Grete Seffen verliert sich
[4:1973,18].
Während sich die Geschichte von Wilhelm Seffen nach dem
Konkurs gut nachvollziehen lässt, ist Albert Dorn wie vom Erdboden
verschwunden. Was aus ihm wurde ist völlig unklar, zumindest in Köln ist er
im Anschluss an den Konkurs nicht mehr verzeichnet.
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(W011) [5:14.07.1910]
Das dritte Haus von Wilhelm Seffen, in der Rolandstraße 67 gelegen, blieb
ebenfalls in der Familie, es wurde von Wilhelm Seffens Frau Susanna
ersteigert |
(W010) [5:22.12.1911]
Das vierte und letzte Haus von Wilhelm Seffen in der Rolandstraße 65 wurde
im Februar 1912 zwangsversteigert. Diese Haus blieb nicht in der Familie
|
(F003) [9]
Todeszettel von Wilhelm Seffen, welcher am 1 Juni 1953 im Alter von 91
Jahren verstarb |
(F002) [9]
Familiengrab der Familie Wilhelm Seffen auf dem Kölner Melatenfriedhof,
mittlerweile abgeräumt |
Zeitraum |
Firmierung |
Anmerkung |
1908-1910 |
Germanenbrauerei A. Dorn & Seffen |
Ab Dezember 1909 in Konkurs, übernommen von der Kronenbrauerei
Gebr. Ganser |
• |
In der Firmenbezeichnung sind Albert Dorn und Wilhelm
Seffen konsequent als "A. Dorn & Seffen" aufgeführt. Warum bei Albert
nur das A und bei Wilhelm nichts vom Vornamen steht, ist unbekannt. |
• |
Die Brauerei wurde/wird öfters fälschlicherweise als
"Germania-Brauerei" bezeichnet. Brauereien dieses Namens gab es wie Sand
am Meer, die Germanenbrauerei aber nur einmal. |
• |
Von der Germanenbrauerei sind keinerlei Werbemittel wie
Gläser oder Krüge bekannt. |
• |
Es gab weitere Brauer namens Dorn in Köln, es ist aber
nicht bekannt, ob verwandtschaftliche Beziehungen zwischen diesen und
Albert Dorn gab. Von 1865 bis 1867 führten die Gebrüder Dorn eine
Brauerei in der Subbelrather Straße 146, aus der die spätere
Adler-Brauerei entstand . Weiter gab es einen gewissen Mathias Dorn,
welcher von 1887-1903 die später Ritterbrauerei von Johann Zensen in der
Eintrachtstraße 2 führte . |
Quellenverzeichnis
1 |
„Kölnische Zeitung“, Ausgaben 01.03.1836, 30.04.1847,
13.03.1857, 02.06.1858, 06.01.1862, 15.01.1876, 04.08.1882, 20.05.1884,
09.10.1888, 24.05.1889, 12.06.1889, 15.01.1890, 10.04.1891, 12.05.1891,
14.11.1893, 13.12.1899, 20.01.1902, 15.05.1908, 26.05.1908, 06.03.1914 |
2 |
„Neues Kölner Adreß-Buch verbunden mit einem Repertorium
der Polizei-Verordnungen für die Stadt Köln“, Herausgegeben von J.G.
Heyn, 1841 |
3 |
„Rheinischer Merkur“, Ausgabe 28.10.1885 |
4 |
Adressbuch für Köln, Verlag Greven. Konkrete Ausgabe in
Quellenverweis referenziert |
5 |
„Kölner Lokal-Anzeiger“, Ausgaben 28.10.1888, 22.12.1898,
06.02.1902, 08.11.1905, 04.04.1909, 14.04.1909, 23.03.1910, 11.04.1910,
14.07.1910, 22.12.1911 |
6 |
„Neußer Zeitung“, Ausgabe 04.12.1888 |
7 |
„Kölner General-Anzeiger“, Ausgabe 22.11.1893 |
8 |
„Opladener Zeitung“, Ausgaben 31.03.1903, 24.02.1908,
09.07.1908, 28.08.1908, 04.09.1908, 04.09.1908, 29.10.1908, 30.10.1908,
04.11.1908, 05.11.1908, 20.11.1908, 22.03.1909, 19.05.1909, 26.05.1909,
28.12.1909, 28.12.1909, 29.12.1909, 29.12.1909, 09.07.1910, 09.07.1910,
11.06.1912, 17.05.1913 |
9 |
Exponate und Informationen von Detlef Ippen, Ur-Enkel von
Johann Adam Seffen, einem Bruder von Wilhelm Seffen jun. |
10 |
Werbung aus der Festschrift zum 450-jährigen Bestehen der
St.-Sebastianus-Schützenbrüderschaft aus dem Jahr 1909 |
11 |
„Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer
Staats-Anzeiger“, Berlin, Ausgaben 21.03.1910, 16.06.1913 |
12 |
„Düsseldorfer Zeitung“, Ausgabe 26.05.1910 |
13 |
http://www.koelsch-net.de/koelsch-net/anz/B_Ganser.htm |
14 |
„Echo der Gegenwart“, Ausgabe 09.02.1909 |
15 |
https://www.leverkusen.com/strasse/index.php?view=Duesseldorf |
16 |
https://www.leverkusen.com/strasse/index.php?view=Kueppersteg |
17 |
„The Cologne Post“, Ausgabe: 26.04.1923 |
18 |
Firmen-Handbuch Großraum Köln, Greven's Adreßbuch-Verlag,
Köln, Ausgabe 1975 |
19 |
"Aachener Anzeiger", Ausgabe 31.12.1909 |
20 |
"Allgemeiner Anzeiger für Rheinland-Westfalen", Ausgabe
29.08.1849 |
21 |
"Die Glocke", Ausgabe 30.12.1909 |