Im Jahr 1852 gründete der in der Ortschaft Rennbaum in der
Gemeinde Opladen ansässige Lohgerber und Mühlenbesitzer Peter Wirts eine
Brauerei, deren Führung er schon wenig später an seinen Sohn Adolph übergab.
Die Brauerei war sehr innovativ, bereits in den 1860er Jahren
wurde untergärig gebraut. Hierfür wurden große Eiskeller erbaut, in denen
Eis bis in den Sommer gelagert wurde. Teilweise wurde auch Eis aus Norwegen
bezogen. Eine weitere Innovation war der Vertrieb von Bier in Flaschen,
ebenfalls ab den 1860er Jahren. Zu dieser Zeit wurde der Brauerei auch eine
Restauration angegliedert.
Ende der 1890er Jahre übernahm Adolph Wirts Sohn Ernst die
Brauerei und baute die Brauerei durch Anschaffung einer Eismaschine zur
„Brauerei und Eisfabrik“ aus. Ernst Wirts führte auch den Namen „Brauerei
zum Rennbaum“ ein, welcher bis dahin eine reine Ortsbezeichnung gewesen war.
Im Jahr 1910 schloss Ernst Wirts die Brauerei und versuchte
eine Kooperation mit der Germania-Brauerei aus Mülheim, welche aber
scheiterte.
Ernst Wirts verwirklichte im Anschluss die verschiedensten
Geschäftsideen. Mit seiner „Maschinen-Vertriebsgesellschaft“ in Köln
vertrieb er von Rüben über Eisendruckknöpfen bis zu Kartoffel-Schälmaschinen
alles. Die Firma wurde im Jahr 1917 aber wieder aufgelöst. Nach einer kurzen
Episode mit Schnellbausystemen für wetterfeste Fachwerkbauten zog es ihn,
den eigentlichen Bierbrauer, zur Milch. Er gründete mit Partnern gemeinsam
die Firma „Molkur“. Diese produzierte und vertrieb das Produkt Molkur, ein
haltbares Molkekonzentrat.
Ernst Wirts, mittlerweile nach Hannover verzogen, verstarb im
Jahr 1935. Mehr als die Brauerei „Zum Rennbaum“ bleibt seine Erfindung „Molkur“
im Gedächtnis. Molkur wird noch heute, über 100 Jahre nach der Erfindung,
von der Galactorpharm Dr. Sanders GmbH & Co. KG in Sögel (Emsland)
produziert und vertrieben.
(ST001)
Stammbaum des Brauerei-relevanten Zweigs der Familie Wirts. Unvollständig,
Ergänzungen willkommen!
Die Gründung und der Betrieb der Brauerei durch Peter Wirts (1852-1853?)
Die Familie Wirts muss schon länger in Opladen und Umgebung
ansässig gewesen sein, den der im Jahr 1794 geborene Peter Wirts wird schon
in den 1820er Jahren nicht nur als Lohgerber, sondern auch als Gutsbesitzer
bezeichnet [1]. Der Familie gehörte das nur wenige Kilometer von "Rennbaum",
damals noch einem eigenständigen Ort in der Bürgermeisterei Opladen,
entfernte Gut Diepenthal bei Patscheid [2:02.07.1895]. Vermutlich betrieb
die Familie Wirts schon zu dieser Zeit keine Landwirtschaft mehr und hatte
das Gut verpachtet. Gesichert ist dies ab zumindest ab den 1890er Jahren
[2:02.07.1895].
Peter Wirts war mit aus Neunkirchen stammenden Anna Maria
Wirts geb. Wirts verheiratet (wie das „geb. Wirts“ zu interpretieren ist,
ist unklar. Es gab einige Nachbarlinien der Familie Wirts, vielleicht
stammte Anna Maria aus einer dieser Linie). Bekannt sind die gemeinsamen
Söhne Albert (geb. 1825) [40], Peter (geb. 1827) [39] und Adolph (geb. 1827)
[12] sowie die Tochter Berta (geb. 1831) [14].
Die erste bekannte Erwähnung von Peter Wirts aus dem Jahr
1823 erfolgt im Kontext seines Berufes als Lohgerber. Lohgerber verwenden
zur Gerbung des Leders zerkleinerte Baumrinden, meist von Fichten oder
Eichen, die sogenannte Lohe. Und zur Gewinnung der Lohe beantragte Peter
Wirts die Erlaubnis zur Errichtung einer „…Loh-Stampfmühle mit einem
unterschlächtigen Wasserrad ... auf dem Bache am Rennbaum, und zwar auf dem
zu seinem eigentümlichen Wohnhause gehörigen Hofraum…“ [1].
Dies wiederum gefiel den Grafen von Fürstenberg, seines
Zeichens Besitzer der Gutes Ophoven mit zughöriger Mühle und Fischerei,
nicht. Dieser erhob Einspruch, weil er befürchtete, dass die Fische wegen
des durch die Lohe verseuchtem Wassers nicht mehr bis zum Ophovener
Mühlenwehr gelangen könnten [1].
Trotz des Einspruchs wurde die Mühle gebaut und am 21. März
1828 wurde die amtliche Genehmigung zur Inbetriebnahme erteilt [1].
Die nächsten Erwähnungen von Peter Wirts stammen aus Anfang
der 1840er Jahre und erfolgen im Kontext der Ernennung von amtlichen Prüfern
für Gewerbetreibende. Einer der für Opladen zuständigen Prüfer war „…Peter
Wirts, Gerber zu Rennbaum…“ [10:28.06.1845].
Peter Wirts war aber nicht nur als Gerber tätig, er nutzte
seine Mühle auch um andere Handelswaren wie Stein- und Knochenmehl
herzustellen. Weiter betrieb er auch Landwirtschaft.
[10:24.05.1851] „…Feinster Dünger=Gips, Traß und Knochenmehl,
ist stets vorräthig, und wird billig abgegeben bei Peter Wirts, in Opladen…“
In einer ähnlichen Anzeige ein Jahr später sind auch die
Preise für Peter Wirts Waren genannt.
[2:17.04.1852] „…Unterzeichneter empfiehlt sich von heute ab
in frischgemahlenem Gyps, per Ctr. 8 Sgr., sowie in fein gestoßenem reinem
Knochenmehl, per Ctr. 1 Thaler 18 Sgr. Rennbaum bei Opladen, 17. April 1852.
Peter Wirts…“
Im Dezember 1851 verstarb Peter Wirts Frau Anna Maria Wirts
an einem „Brustkrankheit“, nach dem sie einige Wochen zuvor schon erblindet
war [2:03.12.1851].
Im Jahr 1852 entschloss sich Peter Wirts zur Gründung einer
Brauerei und beantragte die Genehmigung zum Betrieb.
[2:12.05,1852] „…Bekanntmachung. Der Landwirth und Gerber
Herr Peter Wirts zum Rennbaum, Gemeinde Opladen, beabsichtigt auf seinem
Grundstücke Flur VIII., Nro. 130 & 131, im Kirchfeld gelegen, eine
Bierbrauerei=Anlage zu errichten, welches hiermit nach §. 29 der
Gewerbe=Ordnung vom 17. Januar 1845 mit dem Bemerken zur allgemeinen
Kenntniß gebracht wird, daß alle, gegen Errichtung dieser Anlage zu
erhebenden etwaigen Einwendungen binnen 4 Wochen auf dem hiesigen
Verwaltungs=Amte vorzubringen sind. Opladen, den 8. Mai 1852. Der
Bürgermeister Merrettig…“
Die Brauerei wurde genehmigt und ging noch im Jahr 1852 in
Betrieb.
Schon von Anfang an schien Peter Wirts den Betrieb der
Brauerei seinem Sohn Adolph Wirts überlassen zu haben, denn in allen
kommenden, die Brauerei betreffenden Anzeigen, wird nicht Peter sondern
Adolph Wirts genannt.
[2:24.09.1853] „…Von heute ab ist fortwährend zu haben
frische süße Hefe, sowie auch bair. Satzhefe für Brauer, bei Adolph Wirts.
Rennbaum bei Opladen, 22. Sept. 1853…“
Bemerkenswert an dieser Anzeige ist die Nennung von „…bair.
Satzhefe für Brauer…“. Bairisches Brauen war damals das Synonym für
untergäriges Brauen, was in dieser Zeit gerade für kleine Brauereien noch
sehr untypisch war. Es erforderte niedrige Temperaturen, die zu dieser Zeit
nur mit viel Aufwand über im Winter in tiefgelegenen Eiskellern
eingelagertes Eis realisierbar waren.
Peter Wirts widmete sich weiterhin der Gerberei und seiner
Mühle. Aber auch weiterhin der Landwirtschaft, wie die folgende Anzeige
zeigt (Kappus = Kohl).
[2:11.10.1854] „…1000 Stück schöne Kappus sind billig zu
haben bei Peter Wirts, Rennbaum bei Opladen, den 9. Oct. 1854…“
[2:30.05.1857] „…Knochenmehl, von ausgezeichneter, kräftiger
Qualität ist zu haben bei Peter Wirts am Rennbaum bei Opladen…“
Die erste Anzeige, in der explizit Bier aus der Wirts’schen
Brauerei benannt wird, stammt aus dem Jahr 1857. Auch hier ist wieder Adolph
Wirts benannt.
[2:30.05.1857] „…Frisches Bier und süße Hefe ist vorräthig,
auch Malzträber, ausgezeichnetes Mast= und Milchfutter, werden per Scheffel
verkauft bei Wirts. Rennbaum bei Opladen, den 14. Aug. 1857…“
Peter Wirts verzog Ende des Jahres 1864 im Alter von 70
Jahren nach Köln, in die Aggrippastraße 36. Die Hintergründe hierfür sind
unklar, er wurde als Rentner bezeichnet und wohnte dort zur Miete [11].
Die Mühle und die damit verbundenen Geschäfte führte schon
länger sein gleichnamiger Sohn Peter Wirts jun., teilweise noch mit seinem
Bruder Adolph gemeinsam.
Der dritte Sohn von Peter Wirts, Albert Wirts, wurde wie sein
Vater Gerber und betrieb sein Geschäft in Wupperhof [10:25.11.1848]. In den
1860er Jahren trat er als Betreiber einer Restauration in Wupperhof in
Erscheinung [10:20.07.1861] und im Jahr 1875 übersiedelte er nach
Bonn und übernahm dort die Führung einer bereits bestehenden Brauerei (siehe
Anmerkungen).
Im März 1865 ließ Peter Wirts 10 in Rennbaum und Neukirchen
gelegene Grundstücke versteigern. Wofür das Geld gedacht war / benötigt
wurde, ist nicht bekannt [2:04.10.1865].
Am 14. Februar 1867 verstarb Peter Wirts im Alter von 72
Jahren [6:16.02.1867].
Wie genau das Erbe aufgeteilt wurde ist nur teilweise
bekannt. Peter Wirts jun. wird im Anschluss als „Lohgerberei-Besitzer“
bezeichnet und auch als Eigentümer des Gutes Diepenthal
[2:01.02.1868,2:15.02.1890]. In der Folgezeit taucht Peter Wirts jun. immer
wieder im Kontext von Immobilienverkäufen und Holzverkäufen auf. Weiter auch
im Kontext des Gut Diepenthals, dort wurde gern illegal gefischt und Holz
gesammelt.
Im Mai 1870 stand Peter Wirts jun. vor Gericht. Ihm wurde
vorgeworfen, ohne „polizeiliche Concession“ Umbauten an seinem
Mühlen-Komplex vorgenommen zu haben. Nachdem er erst von der „Zuchtpolizeikammer“
verurteilt wurde, wurde er aber in der Berufung vor der „Appelkammer“
freigesprochen.
[2:14.05.1870] „…Düsseldorf, 10. Mai. Aus der gestrigen
Sitzung der Appellkammer theilen wir folgendes mit: Der Gerberei=Inhaber und
Lohmühlen=Besitzer Herr Peter Wirts von Opladen hatte ein Fluthschütz
verlegt und einen Sammelteich erweitert, und stand deshalb unter der
Beschuldigung vor Gericht, in Bezug auf die Anlage seines Gewerbebetriebes
eine wesentliche Aenderung vorgenommen, ohne die polizeiliche Concession
nachgesucht zu haben. Der Beschuldigte gab die ihm zum Vorwurfe gemachten
Thatsachen, die Verlegung des Fluthschützes und die Vergrößerung des
Sammelteiches, zu, bestritt aber, daß dadurch eine wesentliche Veränderung
in Betreff des Gefälles u. s. w. herbeigeführt worden sei, und suchte diese
seine Behauptung durch mehrere Schutzzeugen sowie durch einen Experten, den
königl. Wasserbaurath Hild von Düsseldorf, zu beweisen. Die
Zuchtpolizeikammer erachtete ihn jedoch des zur Last gelegten Vergehens für
überführt und verurtheilte ihn zu einer Geldstrafe von 10 Thlr. Die
Apellkammer reformirte jedoch dieses Erkenntniß und sprach den
Beschuldigten, welcher durch den Herrn Advokat=Anwalt Schauseil vertheidigt
wurde, von Strafe und Kosten frei…“
Im Jahr 1900 setzte sich Peter Wirtz jun. zur Ruhe und suchte
einen Pächter für die Mühle.
[2:03.02.1900] „…Meine hierselbst gelegene Wassermühle ist
unter günstigen Bedingungen auf längere Jahre zu pachten. Dieselbe ist
infolge der günstigen Lage zu einer flotten Bäckerei und Mehlhandel sehr
geeignet. Rennbaum b. Opladen, 3. Febr. 1900. Pet. Wirtz…“
Peter Wirtz jun. Verstarb im Jahr 1909 im Alter von 82 Jahren
[2:17.04.1909].
Adolph Wirts wurde nach dem Tod seines Vaters als
„Brauerei-Besitzer“ bezeichnet, was die weiteren Geschwister vom Erbe des
Peter Wirts sen. abbekamen ist nicht bekannt.
(W001) [16:17.12.1842]
Eine der ältesten Nennungen von "Peter Wirts zu Rennbaum" aus dem Jahr 1842.
Neben 20 anderen Personen ist er Gläubiger des "falliten"
(zahlungsunfähigen) Malzmachers Peter Holz
(W002) [2:03.12.1851]
Todesanzeige von Anna Maria Wirts, der Frau von Peter Wirts, welche im
Dezember 1851 verstarb
(W165) [10:29.09.1849]
Bester Trass (zerkleinertes Tuffgestein, welches als Zusatzstoff bei der
Zementherstellung eingesetzt wird) ist bei Peter Wirts zu haben. Anzeige aus
dem Jahr 1849
(W166) [10:24.05.1851]
Feinster Dünger-Gips, Traß und Knochenmehl, zu haben bei Peter Wirts in
Opladen. Anzeige aus dem Jahr 1851
(W003) [2:17.04.1852]
Neben der Zerkleinerung der Rinde für das Lohgerben nutzte Peter Wirts die
Mühle auch anderweitig, z.B. für die Herstellung von Knochenmehl und Gips.
Anzeige aus dem Jahr 1852
(W006) [2:11.10.1854]
Neben der Mühle betrieb Peter Wirts wohl auch noch Landwirtschaft. Hier eine
Anzeige aus dem Jahr 1854 in der er schöne Kappus (Kohlköpfe) anbot
(W167) [2:12.05.1852]
Die Geburtsstunde der Brauereiim Jahr 1852, Peter Wirts hatte bei der
Gemeinde Opladen die Genehmigung zur Errichtung einer Bierbrauerei-Anlage
beantragt.
(W022) [2:15.02.1865]
Im Jahr 1865 ließ der mittlerweile nach Köln verzogene Peter Wirts
Grundstücke in Opladen und Umgebung versteigern
(W168) [2:06.03.1858]
Eine Anzeige aus dem Jahr 1858 die Rätsel aufgibt: Peter Wirts bietet ein
neues zweistöckiges Wohnhaus zum Verkauf an, welches aber abgerissen werden
soll
(W183) [10:25.11.1848]
Der älteste Sohn von Peter Wirts, Albert Wirts, war Ende der 1840er Jahren
als Gerber in Wupperhof tätig
(W182) [10:20.07.1861]
Albert Wirts betrieb in den 1860er Jahren eine Restauration in Wupperhof und
später einen Brauerei in Bonn (siehe Anmerkungen)
(W169) [6:16.02.1867]
Todesanzeige von Peter Wirts, welcher am 14. Februar im Alter von 72 Jahren
verstarb
((W171) [2:11.11.1897]
Die Mitglieder der Familie Wirts waren nicht nur als Brauer, Lohgerber und
Händler tätig, sie besaßen auch das Gut Diepenthal, welches sie aber nicht
selbst bewirtschafteten sondern verpachteten
(W054) [2:03.02.1900]
Im Jahr 1900 gab Peter Wirts junior den Betrieb seiner Mühle auf und suchte
einen Pächter
(W172) [2:17.04.1909]
Todesanzeige von Peter Wirts, dem Sohn des Brauereigründers. Hier als sen.
bezeichnet (er hatte auch einen Sohn namens Peter), im Kontext des ersten
Peter Wirts aber der Junior.
Die Führung der Brauerei durch Adolph Wirts (1853-1897)
Nach der Gründung der Brauerei durch Peter Wirts sen. im Jahr
1852 tritt im Kontext der Brauerei ausschließlich Adolph Wirts in
Erscheinung, vermutlich war aber Peter Wirts weiterhin Besitzer der
Brauerei.
Der im Jahr 1827 geborene Adolph Wirts war mit der aus
Solingen stammenden Mathilde Dunkel verheiratet, ihres Zeichens Tochter von
Friedrich Wilhelm Dunkel, welcher in Solingen einen Stahl- und Eisenhandel
sowie ein „Manufakturwaren-Geschäft“ betrieb. Mit Eugenia, geboren 1857 und
Ernst, geboren 1867, sind 2 gemeinsame Kinder bekannt [12,13,14].
Nur 5 Jahre nach der Eröffnung der Brauerei Im Oktober 1857 kam es dann zu einer
Brand-Katastrophe, bei der die
Brauereigebäude fast völlig zerstört wurden.
[2:24.10.1857] „…Vermischtes. Opladen, 23. Oct. In der
vergangenen Nacht um Mitternacht entstand in der Bierbrauerei des Hrn. Ad.
Wirts am Rennbaum Feuer, welches so schnell um sich griff, daß trotz aller
angewandten Mühe der Löschenden fast die ganze Bierbrauerei ein Raub der
Flammen wurde. Erst um 3 Uhr Nachts gelang es, den Flammen Einhalt zu thun,
und so das an der Brauerei angebaute Wohnhaus zu retten. Die Entstehung des
Brandes ist noch unbekannt…“
Wie lange der Wiederaufbau dauerte ist nicht bekannt. Die
nächste Anzeige in der wieder Hefe zum Verkauf angeboten wird, stammt aus
November 1858, die nächste Anzeige, in der Bier angeboten wird, aus Oktober
1859 [2:03.11.1858,2:19.10.1859].
Adolph Wirts war nicht nur durch sein untergäriges Brauen
sehr innovativ, er führte auch im Jahr 1860 den Verkauf von Bier in Flaschen
ein.
[2:08.08.1860] „…Dem Wunsche meiner Kundschaft entgegen zu
kommen, nämlich stets ein gutes Lager-Bier in den letzten Sommermonaten,
besonders bei kleineren Wirthen wie Privaten, im Hause zu haben, liefere ich
von heute ab genanntes Bier, vorzüglicher Qualität, in halben wie in ganzen
Flaschen. Rennbaum bei Opladen, 6. August 1860. Adolph Wirts…“
Mir ist keine andere Brauerei in Köln und Umgebung bekannt,
die schon zu dieser Zeit Bier in Flaschen verkaufte.
Ebenfalls erbaute Adolph Wirts im Herbst 1860 große
Eiskeller, in denen er im Winter Eis einlagerte, welches sich dort bis in
den Sommer hinein hielt und welches er zum untergärigen Brauen benötigte.
Dies tat er auch gerne kund, dies mit dem Hinweis, dass wenn die
Bierwirtschaften bei ihm ihr Bier beziehen würden, kein „…hart oder
säuerliches…“ Bier mehr an die Kunden ausgeschenkt werden müsse.
[2:23.01.1861] „…Für Bierwirthe. Vielen Mängeln, welche
besonders in den letzten Jahren den Sommer durch in den Bierwirthschaften
sich regelmäßig einstellten, für die Folge abzuhelfen, habe ich verflossenen
Herbst große Eiskeller gebaut und jetzt mit Eis gefüllt. Mit diesem und den
neuesten vorzüglichsten Kühlapparaten bin ich im Stande auch im heißesten
Sommer das schönste Bier zu brauen, wodurch dann all' die bekannten
Unannehmlichkeiten, welche gewiß mehr oder weniger jeder Bierwirth kennt,
beseitigt sind. Wirthe, welche bisher immer große Parthien Lagerbier im März
in ihre Keller einlegten, sahen sich meistens genöthigt, einen großen Theil
desselben ihren Kunden im Spätsommer als hart oder säuerlich zu
verabreichen. Von jetzt an bin ich aber durch obige Vorrichtungen in den
Stand gesetzt, zu jeder Jahreszeit ein ausgezeichnetes Bier zu liefern,
welches ich hiermit bestens empfehle. Opladen, den 20. Januar 1868. Adolph
Wirts…“
Weiter eröffnete er Anfang der 1860er Jahre auch eine
Restauration mit Gartenwirtschaft, bis dahin war die Brauerei ohne eigene
Absatzstätte betrieben worden.
[2:07.05.1862] „…Rennbaum bei Opladen. Sonntag den 11. Mai
Garten=Harmonie. Entree 2½ Sgr. à Person. Den mich mit ihrem Besuche
Beehrenden kann ich mit vorzüglich Lagerbier aufwarten. Adolph Wirts…“
Die Größe der Restauration genügte wohl aber nicht den
Ansprüchen von Adolph Wirts, so dass er noch im gleichen Jahr ein neues Haus
für die Restauration erbaute.
[2:01.11.1862] „…Empfehlung. Mit dem heutigen Tage verlegte
ich mein Wirthschafts-Lokal in das von mir neuerbaute Haus, welches ich
nicht verfehle meinen Freunden und Gönnern ergebenst anzuzeigen, mit der
Bitte, mir auch ferneres Wohlwollen zu bewahren. Rennbaum b. Opladen den 31.
Okt. 1862. Adolph Wirts…“
In der Folge wurde die Lokalität auch für Vereinstreffen
genutzt. Der erste Verein, welcher die Restauration als Vereinslokal nutzte,
war der „Nationalverein für Neukirchen“.
[2:29.11.1862] „…Nationalverein für Neukirchen u. Umgegend.
Freitag den 5. Dezember, Abends halb 8 Uhr, Versammlung bei Herrn Adolph
Wirts am Rennbaum bei Opladen. Mitglieder und Gesinnungsgenosse sind
freundlichst eingeladen. Der Vorstand…“
Im Jahr 1863 schaltete Adolph Wirts Werbeanzeigen für
„lackierte Milchschalen“. Eigentlich nicht sein Metier, wohl aber das seines
Schwiegervaters.
[2:24.01.1863] „..Für Oeconomen. Lackirte Milchschalen von
Eisenblech, welche bedeutend mehr Rahm absetzen wie irdene und die von
Stein, durchaus nicht sauer werden, nicht zu brühen, sondern blos
auszuwaschen sind und bei geeigneter Behandlung gar nicht verschleißen,
stehen zur Ansicht bei Adolph Wirts in Opladen und sind zu haben bei F. W.
Dunkel in Solingen…“
Im gleichen Jahr kam Adolph Wirts auf die Idee, die
Wasserkraft nicht nur für die Mühle seines Bruders, sondern auch für seine
Brauerei zu nutzen. Hierfür beantragte er die Verlegung der Mühle ca. 150
Meter bachabwärts und die Anlage eines Sammelteiches.
[10:26.08.1863] „…Bekanntmachung, Der Bierbrauereibesitzer
Adolph Wirtz zu Rennbaum bei Opladen beabsichtigt die zu Rennbaum an dem
sogenannten Wiebach gelegene Lohmühle ca. 40 Ruthen tiefer zu verlegen und
durch Anlage eines Sammelteiches die Wasserkraft zugleich zum Betriebe
seiner Brauerei mitbenutzen zu können. Indem ich dieses Unternehmen
hierdurch auf Grund des §. 3 des Gesetzes vom 1. Juli 1861 zur öffentlichen
Kenntniß bringe, bemerke ich zugleich, daß etwaige Einwendungen gegen die
Anlage binnen einer 14tägigen Frist bei der unterzeichneten Ortsbehörde,
woselbst auch die Pläne und Beschreibungen zur Einsicht offen liegen
angebracht werden können, daß diese Frist mit dem Tage, an welchem das die
Bekanntmachung enthaltende Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf
herausgegeben wird. ihren Anfang nimmt, und daß dieselbe für alle
Einwendungen welche nicht privatrechtlicher Natur sind, präclusivisch ist.
Opladen den 21. August 1863. Der Bürgermeister: Vetter…“
Die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft, deren Gleis
direkt an der Brauerei verlief, erhob Einspruch, welcher aber abgelehnt
wurde. Die Mühle wurde verlegt und der Teich gebaut. Der Teich lieferte
zusätzlich auch im Winter einen Teil des benötigten Eises und wurde im Sommer
als Badeplatz genutzt [15]. Das Einlagern des Eises schien so effektiv
gewesen zu sein, so dass Adolph Wirts noch Ende Juni des Jahres 1864 Eis zum
Verkauf anbot.
[2:29.06.1864] „…Eis ist zu haben bei Opladen, 28. Juni 1864.
Adolf Wirts…“
Adolph Wirts war auch politisch aktiv und zeitweise
Stadtverordneter in Opladen [2:31.10.1863].
In den Jahren 1866 und 1867 schaltete Adolph Wirts auch
Anzeigen, in denen er zusätzlich zu seinem eigenen Bier auch Niedermendiger
Lagerbier anbot [2:28.04.1866]. Auch scheint es eine Kooperation mit der
Pabstmann’schen Brauerei aus Hitdorf, der Gründungsbrauerei der späteren
Hitdorfer Brauerei Friede AG gegeben zu haben. In einer von
Adolf Wirts geschalteten Anzeige wird Hefe sowohl in Opladen im Rennbaum als
auch in Hitdorf in der Papstmann’schen Brauerei angeboten [2:12.12.1866].
Im Jahr 1866 wurde ein Dienstmädchen mit „besonderen“
Fähigkeiten gesucht.
[2:31.10.1866] „…Ein Dienstmädchen, evang, Confession,
welches in allen Hausarbeiten erfahren, auch eine Kuh zu behandeln weiß,
wird auf Lichtmeß gesucht. A. Wirts am Rennbaum…“
Im September 1867 klagte Adolph Wirts Ehefrau Mathilde geb.
Dunkel vor Gericht auf Gütertrennung. Diese wurde dann auch gerichtlich
festgelegt, die Hintergründe für die Klage sind allerdings völlig unklar.
[16:25.02.1868] „…Auszug. Durch Akt des Gerichtsvollziehers
Haase zu Opladen vom 22. Februar 1868 hat die am Rennbaum bei Opladen
wohnende geschäftslose Mathilde Dunkel, Ehefrau des daselbst wohnenden
Bierbrauers Adolph Wirts, die Gütertrennungsklage gegen ihren genannten
Ehemann zum Königlichen Landgericht zu Düsseldorf erhoben und den
unterzeichneten zu Düsseldorf wohnenden Advokat=Anwalt Emil Schauseil zu
ihrem Anwalte bestellt. Für die Richtigkeit dieses Auszuges: Schauseil,
Advokat=Anwalt…“
[16:02.04.1868] „…Durch Urtheil der ersten Civilkammer des
Königlichen Landgerichts zu Düsseldorf vom 31. März 1868, ist zwischen den
zu Opladen am Rennbaum wohnenden Eheleuten Adolph Wirts, Bierbrauer, und
Mathilde geb. Dunkel, ohne Geschäft, die Gütertrennung mit rechtlicher
Wirkung vom 22. Februar 1868 ab ausgesprochen worden. Für die Richtigkeit
dieses Auszugs: Der Anwalt der Ehefrau Wirts, Schauseil…“
Die Geschäfte schienen gut zu laufen, Adolph Wirts baute die
Wirtschaftsräume weiter aus, veranstaltet Konzerte und schaltete regelmäßig
Werbung.
[29.05.1868] „…Opladen. Rendez-vous für Solingen, Mülheim,
Alberfeld, Köln etc. Pfingstsonntag, den 31. Mai: Grosses Garten-Concert.
Bei ungünstigem Wetter im neu errichteten Saale. Adolph Wirts…“
Im Jahr 1870 gründete sich in Opladen aus „54 Frauen und
Jungfrauen“ ein Frauenverein, welcher seine Sitzungen in der Restauration
von Adolph Wirts abhielt. Ziel des Vereins waren aber nicht etwa die
Stärkung der Frauenrechte, sondern die Pflege von im Krieg gegen Frankreich
verwundeter Soldaten, was gut ins bestehende Frauenbild passte.
[2:27.07.1870] „…Bekanntmachungen. Am vorigen Sonntag hat
sich hierselbst ein Frauen=Verein gebildet, der es sich im Anschlusse an den
zu Solingen bestehenden Kreisverein zur Aufgabe stellt, durch Sammlung und
Zubereitung von Lazarethgegenständen aller Art zur Pflege der im Kriege
verwundeten oder erkrankten Soldaten beizutragen. Zu seinem Vorstande hat
der Verein gewählt: Frau J. Henseler, Frau Notar Meckel, Frau A. Römer, Frau
I. Tillmanns, Frau W. Ulenbeig, Frau Bürgermeister Vetter und Frau A. Wirts.
Dem Vereine sind bereits 54 Frauen und Jungfrauen beigetreten und wird am
nächsten Donnerstag, Nachmittags um 3 Uhr, bei Herrn Ad. Wirts am Rennbaum
eine Sitzung abgehalten werden, in welcher Diejenigen, welche dem Vereine
noch beizutreten wünschen, dies anmelden können…“
Neben der Brauerei und der Restauration betrieb Adolph Wirts
weiterhin auch andere Geschäfte. So verkaufte er u.a. Kohlen, Zuckerrüben
und Eis, welches er waggonweise aus Norwegen bezog [2:28.02.1880].
[2:25.02.1871] „Sehr gute Ruhr=Kohlen zu beziehen: Melirte
Thlr. 20 pr. Waggon, Geruß Thlr. 16 loco Zeche. Ablieferung an jedem Bahnhof
der Berg.= Märk. Eisenbahn. Näheres bei Herr Adolph Wirts…“
[17:02.07.1872] „…Norwegisches Blockeis stets vorräthig und
wird centner= wie waggonweise billigst abgegeben von Adolph Wirts in Opladen…“
Adolph Wirts trieb weiter insbesondere den
Flaschenbierverkauf voran und bot zusätzlich zum bekannten Lagerbier mit dem
„Münchener Versandtbier“, was auch immer dies genau gewesen sein mag, eine
weitere selbst gebraute Biersorte an.
[2:27.07.1882] „…Von Donnerstag dem 27. dss. ab werde ich
Münchener Versandtbier verabreichen und zwar die halbe Literflasche zu 25
Pfg. Außer dem Hause bei Abnahme von 10 Flaschen zu 20 Pfg. per Stück.
Adolph Wirts…“
Im Oktober 1882 kam bei einem Unglück auf dem Gelände der
Mühle am Rennbaum ein kleines Mädchen ums Leben.
[2:10.10.1882] „…Verschiedenes. Opladen, 9. Okt. Am Samstag
ist ein Mädchen von ungefähr 8 bis 9 Jahren auf schreckliche Weise ums Leben
gekommen. Dasselbe wurde morgens zum Rennbaum geschickt um etwas zu holen,
kehrte aber nicht mehr zurück. Nach längerem Suchen entdeckte man dasselbe
in einer Lohgrube der am Rennbaum sich befindlichen Lohmühle, welche schon
längere Zeit nicht mehr in Betrieb ist. Das Kind hatte ohne Wissen des
Eigentümers den Hof des selben betreten und war in eine der mit Schlamm und
Wasser angefüllten Lohgruben gestürzt und ertrunken…“
Im August 1884 ging der Brauerei einmal das Bier aus, so das
Adolph Wirts vorübergehend Bier der Düsseldorfer Brauerei Gebr. Dieterich
ausschenkte.
[2:05.08.1884] „…Da mein Lagerbier alle vergriffen, werde ich
von Dienstag ab feinstes Lagerbier aus der Brauerei der Herren Gebr.
Dieterich= in Düsseldorf verkaufen. Mich bestens empfehlend zeichnet
Hochachtungsvoll Adolph Wirts…“
Erst im Jahr 1888, nachdem Adolph Wirts die Brauerei schon 35
Jahre führte und schon über 20 Jahre Besitzer der Brauerei war, ließ Adolph
Wirts die Brauerei offiziell im Handelsregister eintragen.
[18:16.03.1888] „…Düsseldorf. Bekanntmachung. In unser
Firmenregister ist unter Nr. 2683 eingetragen worden die Firma „Adolph
Wirts“ mit dem Sitze in Opladen und als deren Inhaber der
Bierbrauereibesitzer Adolph Wirts daselbst. Düsseldorf, den 10. März 1888.
Königliches Amtsgericht. Abtheilung VI…“
Der Gartenbereich der Restauration am Rennbaum war sehr
kinderfreundlich gestaltet, u.a. ausgestattet mit 7 Schaukeln, einem
Rundlauf und einer Drahtseilbahn. Adolph Wirts warb auch explizit für die
Zielgruppe „Familie mit Kindern“.
[2:17.05.1888] „…Zu Pfingsten! Beginn des Ausschanks und
Versandts von feinstem; hellem u. dunklem Lagerbier. Gleichzeitig bringe
meinen Garten mit Schaukeln und Turngeräthen in Erinnerung. Achtungsvoll
Adolph Wirts, Bierbrauerei. Rennbaum bei Opladen…“
Politisch immer noch aktiv war Adolph Wirts zu dieser Zeit
Stadtverordneter für die National-Liberale Partei
[2:27.10.1888,19:27.07.1889].
Im Dezember 1891 verstarb Adolph Wirts im Alter von 64
Jahren. Die Brauerei wurde zuerst von seiner Witwe Mathilde Wirts geb.
Dunkel weitergeführt, was auch im Handelsregister eingetragen wurde.
[18:08.02.1892] „…Opladen. Bekanntmachung. Das im
Firmenregister unter Nr. 75 und der Firma „Adolph Wirts“ eingetragene hier
bestehende Handelsgeschäft wird nach dem Ableben seines bisherigen Inhabers,
des Bierbrauereibesitzers Adolph Wirts hier, von dessen Ehefrau, Mathilde,
geborene Dunkel, hier unter der unveränderten Firma ,,Adolph Wirts“ im
Einverständniß der Erben und Rechtsnachfolger desselben für eigene Rechnung
weitergeführt. Die genannte Firma ist nebst ihrer gedachten Inhaberin
zufolge Verfügung vom heutigen Tage im Firmenregister unter Nr. 96
eingetragen. Opladen, den 30. Januar 1892. (Unterschrift), Gerichtsschreiber
des Königlichen Amtsgerichts…“
In den 1890er Jahren wurde in manchen Sommern das Eis knapp
und der Verkauf wurde eingeschränkt. Die erste Stufe schränkte den Verkauf
auf die Bierabnehmer ein, bei Stufe 2 wurde Eis nur noch an Kranke verkauft.
[2:25.08.1892] „…Eis wird nicht mehr abgegeben, außer für
Kranke. Adolph Wirts, Brauerei …“
In dieser Zeit wurde wöchentlich ein Sud gekocht
[2:07.03.1896]. Im Jahr 1897 übergab die Witwe Wirts die Führung der
Brauerei an ihren Sohn Ernst Wirts. Mathilde Wirts geb. Dunkel verstarb im
Jahr 1919 im Alter von 88 Jahren [2:12.04.1919].
(W095) [17:21.03.1855]
Verlobungsanzeige von Adolph Wirts und Mathilde Dunkel aus dem Jahr 1855
(W004) [2:24.09.1853]
Der Verkauf von "bair. Satzhefe für Brauer" deutet darauf hin, dass bereits
im Jahr 1853 untergärig gebraut wurde
(W008) [2:02.09.1857]
Erste bekannte Anzeige der Brauerei, in der konkret für Bier geworben wird. Daneben
ist auch noch Hefe und Treber im Angebot. Anzeige aus September 1857
(W010) [2:19.10.1859]
Weitere Anzeige für Bier aus Oktober 1859. In dieser Anzeige wird explizit
bairisches, also untergäriges Bier, genannt
(W011) [2:08.08.1860]
Unglaublich innovativ lieferte Adolph Wirts sein Bier bereits ab dem Jahr
1860 in Flaschen aus
(W097) [2:10.10.1860]
Weitere Anzeige für Bier und Hefe aus dem Jahr 1860
(W096) [2:28.10.1857]
Danksagung von Adolph Wirts an alle, die bei der Brandkatastrophe im Jahr
1857 "so thätige Hülfe leisteten". Beim Brand wurde fast die komplette
Brauerei zerstört
(W131) [2:07.05.1864]
Durch einen zweiten Aufguss der Würze ein sogenanntes "Nachbier" gebraut,
positiv formuliert leicht und alkoholarm
(W012) [2:06.07.1861]
Ausgeliefert wurde das Bier per Kutsche und die Pferde mussten versorgt
werden. Kaufanzeige aus dem Jahr 1861
(W013) [2:09.11.1861]
Ausgeliefert wurde das Bier per Kutsche und die Pferde mussten versorgt
werden. Kaufanzeige aus dem Jahr 1861
(W098) [2:23.01.1861]
Dank der großen Eiskeller konnte Ernst Wirts auch im Sommer noch produzieren
und lagern. Andere nicht, und wer im Sommer noch gutes Bier haben wollten,
sollten doch bei ihm einkaufen. Anzeige aus dem Jahr 1861 (die Jahresangabe
1868 ist ein Druckfehler)
(W015) [01.11.1862]
Im Oktober 1862 verlegte Adolph Wirts seine zur Brauerei gehörende
Restauration in ein neu erbautes Gebäude. Die alten Räumlichkeiten waren
wohl auf Grund des florierenden Geschäftes zu klein geworden
(W016) [29.11.1862]
Der "Nationalverein für Neukirchen und Umgegend" war einer der ersten
Vereine, welcher seine Vereinssitzungen in den Räumlichkeiten von Adolph
Wirts abhielt
(W018) [2:03.06.1863]
Um Kundschaft anzulocken veranstaltete Adolph Wirts regelmäßig
Musikkonzerte. Anzeige aus dem Jahr 1863
(W019) [2:08.07.1863]
Weiter Anzeige für ein Konzert aus dem Jahr 1863. Neben Musik gab es
natürlich auch vorzügliches Lagerbier
(W103) [10:29.05.1868]
Nicht unbescheiden definierte Adolph Wirts im Jahr 1868 das Einzugsgebiet
für seine Restauration: Solingen, Mülheim, Elberfeld, Köln etc.
(W100) [2:14.05.1862]
Vorzügliches Lagerbier in der Gartenwirtschaft von Adolph Wirts. Anzeige aus
dem Jahr 1862
(W020) [2:03.10.1863]
Anzeige für frisches Schenk-Bier aus dem Jahr 1863
(W102) [2:28.04.1866]
Im Jahr 1866 hatte Adolph Wirts auch Niedermendiger Lagerbier im Ausschank.
Der Hintergrund hierfür ist unklar
(W027) [2:12.12.1866]
In den 1860er Jahren gab es wohl eine Zusammenarbeit mit der Brauerei von
Joseph Pabstmann aus Hitdorf, aus welcher später die Hitorfer Brauerei
Friede AG entstand. Anzeige aus dem Jahr 1866
(W024) [2:04.10.1865]
Ausser Bier hatte Adolph Wirts auch weitere alkoholische Getränke, wie hier
Weinmost, im Programm. Anzeige aus dem Jahr 1865
(W101) [2:24.01.1863]
Adolph Wirts schaltete im Jahr 1863 Werbung für Milchschalen, welcher sein
Schwiegervater in Solingen produzierte
(W026) [31.10.1866]
Gesucht wurde ein Dienstmädchen, welches auch "eine Kuh zu behandeln weiß".
Anzeige aus dem Jahr 1866
(W028) [2:16.01.1867]
Auch die Königliche Klassen-Lotterie sollte Kundschaft in die Restauration
locken. Anzeige aus dem Jahr 1867
(W029) [2:17.10.1868]
Auch der "Opladener Kriegerverein" hielt mittlerweile seine Versammlungen in
den Räumlichkeiten von Adolph Wirts ab. Anzeige aus dem Jahr 1868
(W031) [2:20.08.1870]
Auch der Opladener Frauen-Verein versammelte sich bei Adolph Wirts. Hier
ging es aber nicht etwa um Frauenrechte sondern um Versorgung der deutschen
Soldaten im Krieg mit Frankreich
(W035) [2:02.12.1874]
Auch der "Verschönerungs-Verein" trifft sich bei Adolph Wirts. Anzeige aus
dem Jahr 1874
(W111) [2:23.05.1874]
Anzeige zur Eröffnung der Gartenwirtschaft zu Pfingsten 1874. Im Ausschank
Bock- und Lagerbier
(W030) [28.05.1870]
Wenn die Leute im ca. 4 Kilometer entfernten Haus Vorst und nicht bei ihm
direkt einkehrten, sollten diese es aber zumindest auf dem Rückweg zur
Opladener Eisenbahn tun um dort sein Wiener Lagerbier zu trinken. Anzeige
von Adolph Wirts aus dem Jahr 1870
(W115) [6:19.08.1876]
Gartenkonzert mit anschließendem Feuerwerk und bengalischer Beleuchtung.
Anzeige von Adolph Wirts aus dem Jahr 1876
(W034) [2:11.02.1874]
Das Brauen und insbesondere die Lagerung des Biers erforderte viel Eis,
welches im Frühjahr eingelagert wurde. Kaufanzeige von Adolph Wirts aus dem
Jahr 1874
(W108) [17:02.07.1872]
Neben dem Ankauf (links) verkaufte Adolph Wirts auch Eis, wie in dieser
Anzeige aus dem Jahr 1872 Waggon-weise aus Norwegen
(W037) [2:28.02.1880]
Adolph Wirts betrieb auch andere Geschäfte, wie z.B. den Verkauf von
Zuckerrüben
(W107) [2:25.02.1871]
Ein weiteres Geschäftsfeld von Adolph Wirts war der Waggon-weise Verkauf von
Kohlen
(W106) [2:18.06.1870]
Photographische Atelier Sonntags bei Adolph Wirts. Im Jahr 1870 noch ein
echtes Ereignis
(W036) [2:13.05.1876]
Der Düsseldorfer Zahnarzt Dr. med. R. Franzelius bot seinen Dienste Freitags
bei Adolph Wirts an. Anzeige aus dem Jahr 1876
(W038) [2:17.05.1888]
Helles und dunkles Lagerbier zu Pfingsten. Anzeige aus dem Jahr 1888
(W039) [2:19.07.1890]
Durch die großen Eiskeller, die im Frühling gefüllt wurden, war Adolph Wirts
in der Lage noch im Sommer Eis zu verkaufen
(W118) [2:27.07.1882]
Anfang der 1880er Jahre braute Adolph Wirts zusätzlich ein "Münchener
Versandtbier", was immer genau sich dahinter verbarg
(W119) [2:31.08.1882]
Versandt von Flaschenbier frei Haus. 23 Flaschen zu 3 Mark. Anzeige aus dem
Jahr 1882
(W121) [2:05.08.1884]
Im August 1884 ging Adolph Wirts das eigene Bier aus und er musste
Bier aus der Düsseldorfer Brauerei Gebr. Dietrich dazukaufen
(W122) [2:25.11.1886]
Weitere Anzeige von Adolph Wirts für sein Versandt-Bier nach Münchener Art
aus dem Jahr 1886
(W125) [2:30.12.1891]
Dankesanzeige der Witwe von Adolph Wirts, Mathilde Wirts geb. Dunkel, eine
Woche nach dem Tod von Adolph Wirts im Dezember 1891
(W127) [2:24.08.1883]
Im August 1883 wurde da Eis knapp und nur noch an Adolph Wirts Bierabnehmer
abgegeben
(W126) [2:25.08.1892]
Im August 1892 wurde das Bier noch knapper und (immerhin) nur noch an Kranke
abgegeben. Adolph Wirts war zu diesem Zeitpunkt schon 8 Monate tot, seine
Witwe unterzeichnete aber weiterhin mit seinem Namen
(W128) [2:07.03.1896]
Der beim Brauen anfallende Treber wurde als Viehfutter verkauft. Interessant
an dieser Anzeige aus dem Jahr 1896 ist, dass sich aus ihr schließen lässt,
dass zu dieser Zeit 1 Sud pro Woche angesetzt wurde
(W130) [48:26.07.1893]
Auch 2 Jahre nach dem Tod von Adolph Wirtz verwendete seine Witwe noch
seinen Namen. 100 Liter Bier gab es franco für 19 Mark
(W154( [2:12.04.1919]
Todesanzeige von Witwe Mathilde Wirts geb. Dunkel, welche im Jahr 1919 im
Alter von 88 Jahren verstarb
Die Führung der Brauerei „Zum Rennbaum“ durch Ernst Wirts (1897-1910)
Quasi zeitgleich mit der Übernahme der Brauerei durch Ernst
Wirts gab es die seit Jahrzehnten größte Innovation in der Brauerei, es
wurde eine Eismaschine angeschafft. Hierdurch gab es keine Abhängigkeiten
von zugekauften oder eingelagertem Eis mehr. Entsprechend wurde auch
Kunsteis in „jeder beliebigen Menge“ angeboten, auch im Abonnement für
Privatleute [2:15.05.1906].
[2:01.06.1897] „…Kunst-Eis in jeder Menge giebt ab Brauerei
zum Rennbaum, Ernst Wirts…“
Mit der Übernahme der Brauerei durch Ernst Wirtz wurde auch
die Firmierung der Brauerei geändert, zum ersten Mal kam offiziell die
Bezeichnung „zum Rennbaum“ mit in den Firmennamen.
[2:24.06.1897] „…Ins Firmenregister ist heute unter Nr. 126
die Firma Ernst Wirts, Brauerei zum Rennbaum in Opladen, und als deren
Inhaber Ernst Wirts, Bierbrauereibesitzer und Wirt hierselbst, eingetragen.
Die Firma Adolf Wirts zu Opladen ist gelöscht. Opladen, den 11. Juni 1897.
Königliches Amtsgericht…“
Ernst Wirtz rührte noch einmal die Werbetrommel und schaltete
viele Anzeigen und auch Restaurationen, in denen das Bier aus der Brauerei
zum Rennbaum ausgeschenkt wurde, wiesen in ihren Anzeigen auf das Bier vom
Rennbaum hin.
[2:23.07.1898] „…Neukirchener Kirmes. Den Bewohnern der
Bürgermeisterei Neukirchen zur gefl. Nachricht, daß das von Herrn Schmidt in
Burscheid und durch meinen Bierfahrer angelieferte hochfeine Lagerbier ohne
jeden Verlust an Kohlensäure in der Brauerei abgezogen wird und direkt aus
dem Brauereikeller zum Versandt kommt. Bestellungen nehmen entgegen W.
Schmidt in Burscheid und Brauerei zum Rennbaum Ernst Wirts…“
[2:17.06.1899] „…Restaurant Schloß Reuschenberg bei
Küppersteg, schönster und größter Ausflugsort der ganzen Gegend, mit über
tausend Morgen Hochwald, deren Wege den Gästen frei. Herrlichste Parkanlagen
mit großen gedeckten Hallen und über dreitausend Sitzplätze. Sonntag den
18., von 2 Uhr an Konzert und Gesang von auswärtigen Gesangvereinen. Von 4
Uhr an Tanz in der neuerbauten Tanzhalle. Guter Kaffee wie bekannt, à
Portion 75 Pfg. la. Tafelbier aus der Brauerei zum Rennbaum von E. Wirts.
Opladen, per Glas 15 Pfg. — Speisen in bekannter Güte. Weine nur erster
Häuser. Zu freundl. Besuche ladet ein F. Steffens…“
Im Jahr 1901 kam es zum zweiten Mal zu einem Brand in der
Brauerei, der aber im Gegensatz zum Brand im Jahr 1857 glimpflich ausging.
[2:03.01.1901] „…Opladen, 2. Jan. In der Brauerei zum
Rennbaum hierselbst entstand heute morgen Feuer, welches ohne das energische
Einschreiten des Besitzers und seines Personals und rasche Hülfe der
Feuerwehr leicht große Verheerung hätte anrichten können. So gelang es, das
Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Das Feuer ist beim Auftauen eines
zugefrorenen Rohres der Wasserleitung entstanden, indem der herrschende Wind
einen Feuerfunken in den Heustall trieb und hier trotz rascher Löschversuche
bald ein loderndes Feuer verursachte. Der angerichtete Schaden ist nur
gering und der Betrieb in keiner Weise gestört…“
Am 2. Dezember 1904 heiratete Ernst Wirts die aus Mülheim am
Rhein stammende Klara Oswald geb. Wiebusch [2:13.01.1903]. Ihr erster Sohn
Ernst wurde am 12. März 1905 geboren, verstarb aber noch am gleichen Tag
[2:13.03.1905]. Am 10. April 1906 wurde ihr zweiter Sohn Ernst Leopold Otto
Wirts geboren, welcher erst im Jahr 1983 im Alter von 76 Jahren verstarb
[2:11.04.1906,5].
Zumindest in den Jahren 1906 bis 1908, vermutlich aber über
einen größeren Zeitraum, wurde die Restauration der Brauerei nicht von der
Familie Wirts geführt. Betreiber der Restauration war in dieser Zeit Gustav
Steinberg.
[2:02.01.1908] „…Prosit Neujahr, Gustav Steinberg,
Restauration zum Rennbaum…“
Das Ernst Wirts die Führung seiner Restauration am Rennbaum
an Gustav Steinberg abgab lag vielleicht daran, dass Ernst Wirts im Jahr
1904 eine weitere Restauration eröffnete [2:28.07.1904]. Diese Restauration
lag in der Lützenkirchener Straße, vermutlich in unmittelbarer Nähe des im
Jahr 1903 erbauten Eisenbahn-Ausbesserungswerkes. Auf die Zielgruppe
"Eisenbahner" deutet auch hin, dass in der Anzeige zur Eröffnung ein
Flügelrad abgebildet war, dass Symbol für die Eisenbahn in der damaligen
Zeit. Wie lange der die Restauration betrieb, ist nicht bekannt.
Um die Jahrhundertwende war die sogenannte Abstinenzbewegung
in Deutschland auf ihrem Höhepunkt. Aus gesundheitlichen und „sittlichen“
Gründen lehnte diese Bewegung jeglichen Konsum von Alkohol ab [20]. Viele,
insbesondere größere Brauereien, trugen dem Rechnung in dem sie parallel zum
Bier auch alkoholfreie Getränke produzierten. Auch die eher kleine Brauerei
zum Rennbaum startete mit „Dr. Komolls Apfelchampagner“ die Produktion eines
alkoholfreien Getränkes. Vergleichbar wohl mit einer heutigen Apfelschorle
wurde das Getränk fleißig und nicht sparsam an Superlativen beworben.
[2:07.03.1908] „…Der andauernd steigenden Nachfrage der
Konsumenten nach alkoholfreien Getränken entsprechend, hat die hiesige
Brauerei zum Rennbaum, Besitzer Ernst Wirts, dem Beispiel selbst größter
Brauereien folgend, ihrem Flaschenbierbetrieb die Fabrikation einer
Spezialität auf diesem vielseitigen Gebiet angegliedert. Es ist dies Dr.
Komolls Apfelchampagner, alkoholfrei und unter dem Namen des Erfinders
kurzweg „Komoll“ in weiten Gebieten Deutschlands rühmlich bekannt. Zur
Herstellung, welche unter ständiger Kontrolle des Fabriklaboratoriume bezw.
des vereideten Handelschemikers Dr. E. Komoll steht, wird nur „wirklich
reiner Saft bester Aepfel. Zucker, reine Fruchtsäure und kohlensäurehaltiges
Wasser verwendet“. „Komoll“, ein Erfrischungsgetränk allerersten Ranges, ist
nach vorliegenden Analysen im Gegensatz zu den meisten ähnlichen Getränken
nicht nur frei von künstlichen Essenzen und Fruchtäthern, sondern überhaupt
frei von irgend welchen Essenzen. Das Getränk erfreut sich sowohl seiner
hervorragenden Eigenschaften wegen, als auch infolge seines ganz
vorzüglichen Wohlgeschmackes überall, wo es eingeführt wurde, einer
außerordentlichen Beliebtheit, welche ihm den Vorzug vor sämtlichen
alkoholfreien Getränken sicherte. Dieses wurde durch die vielen
Anerkenntnisschreiben und höchste Auszeichnungen der mit ihm beschickten
Ausstellungen öffentlich festgestellt…“
Weiter kreativ tätig kreierte Ernst Wirts im Jahr 1909 ein
„Kraft-Bier“, alkoholarm und ärztlich empfohlen. Ob es mit immerhin doch
noch 1,8 Vol.-% Alkohol das richtige Getränk für „nährende Frauen zur
Förderung der Milchbildung“ war, sieht man heute vielleicht anders. Ernst
Wirts ließ noch eine chemische Analyse erstellen, die er in der Anzeige mit
veröffentlichte.
[2:27.03.1909] „…Wirts-Kraft-Bier aus der Brauerei zum
Rennbaum Ernst Wirts, Opladen, Fernspr. 49. Vorzüge: Dieses von mir als eine
Spezialität gebraute, alkoholarme, ärztlich empfohlene Kraft-Bier findet
Verwendung als Stärkungsmittel für Kranke, Schwache und Genesende, sowie
auch bei Magenleiden und Erkältungen. Besonders bewährt es sich als
Kräftigungsmittel während des Wochenbettes und ebenso bei nährenden Frauen
zur Förderung der Milchbildung. Empfehlenswert ist die Anwendung auch bei
Bleichsucht und Blutarmut. Wirts-Kraft-Bier ist ausserdem ein erfrischendes
Genussmittel mit den Vorzügen des schweren Lagerbiers, jedoch, da es
alkoholarm ist, ohne dessen Nachteile. Analyse: Spez. Gew. d. Bieres 1,0255.
Saccharometer-Anz. 6,2%. Alkohol 1,82. Vol.%. Alkohol 1,44 gr in 100 ccm.
Extract 7,29 gr in 100 ccm Asche (Mineralbestandteile) 0,1116 gr in 100 ccm.
Phosphorsäure 0.0407 gr in 100 ccm. Eiweissartige, stickstoffhalt. Substanz
0,228 gr in 100 ccm. Kohlensäure 0,327 gr in 100 ccm. Wirts-Kraft-Bier ist
frei von allen ungehörigen Beimischungen. Es besitzt einen sehr hohen Gehalt
an Extraktivstoffen und einen ausserordentlich niedrigen Gehalt an Alkohol;
trotzdem ist es v. gut. Haltbarkeit u. weist vermöge seines hoh. Gehaltes an
Kohlensäure einen angenehm erfrischenden Geschmack auf. Infolge obiger
Eigenschaften ist Wirts-Kraft Bier auch als diätisches Getränk vorzüglich
geeignet. gez. Dr. Curt Fischer. ver. Handels und Gerichtschemiker..."
Im Jahr 1910 beschloss Ernst Wirts, die genauen Gründe
hierfür sind unklar, eine Vereinbarung mit der Germania-Brauerei in Mülheim
am Rhein einzugehen als deren Konsequenz die Brauerei am Rennbaum
stillgelegt wurde. Ernst Wirts übernahm die Vertretung der Germania-Brauerei
für Opladen und Umgebung unter Gewährleistung einer bestimmten Abnahmemenge,
die durch seine Bestandskunden erreicht werden sollte. Die Brauerei braute
zu dieser Zeit jährlich ca. 7000 hl [42]. Vermutlich war der Grund für die
Stilllegung der Brauerei einen Erweiterung der direkt an der Brauerei vorbei
führenden Bahnstrecke, bei der als Konsequenz Teile der Brauereigebäude
abgerissen wurden [57].
Woher die Kontakte zur Germania-Brauerei kamen, kann nur
vermutet werden. Ernst Wirts Onkel Peter Wirts war mit Henriette Theis,
verwitwete Fix verheiratet [2:30.06.1860]. Im Jahr 1910 war ein gewisser Leo
Fix jr. Prokurist bei der Germania-Brauerei, ggf. gab es hier
verwandtschaftliche Beziehungen [22]. Weiter war zu dieser Zeit ein gewisser
Max Lungstras Direktor der Germania-Brauerei. Auch der Name Lungstras taucht
bei den Recherchen zur Brauerei am Rennbaum immer wieder auf. Gegründet
wurde die Germania Brauerei im Jahr 1899 von Leo Fix und Rudolph Lungstras,
den Vätern der beiden Vorgenannten .
[2:11.12.1910] „…Opladen, 10. Dez. Die Brauerei am Rennbaum
ist mit der Germaniabrauerei in Mülheim a. Rh. verschmolzen worden. Der
Besitzer der Rennbaum=Brauerei, Herr Ernst Wirts, tritt in das Mülheimer
Unternehmen ein…“
Der obenstehende Artikel ist irreführend, weder wurden die
Brauereien verschmolzen, noch trat Ernst Wirts in die Germania-Brauerei ein.
Wie schon geschildert übernahm Ernst Wirts nur die Vertretung der Brauerei,
mehr nicht. Der nachstehende Artikel ist fast identisch, allerdings wird
hier noch zusätzlich aufgeführt, dass die Brauerei zum Rennbaum „eingehen
wird“, d.h. geschlossen wird.
[21:13.10.1910] „…Opladen, 6. Dez. Die hiesige Brauerei „Zum
Rennbaum“ (Besitzer Ernst Wirts) wird von Januar 1911 ab mit der
Germania=Brauerei in Mülheim am Rhein verschmolzen werden. Der hiesige
Brauereibetrieb wird eingehen und Herr Wirts in den Betrieb der
Germaniabrauerei eintreten…“
Der nachfolgende Ausschnitt stammt aus einem Artikel über den
Geschäftsbericht der Germania-Brauerei aus dem Geschäftsjahr 1910. Hier wird
noch positiv über neue Kundschaft gesprochen.
[17:19.04.1911] „…Germania-Brauerei A.-G. in Mülheim a. Rh. …
Ende vorigen Jahres hat Brauereibesitzer Ernst Wirts, Opladen, seinen
Betrieb eingestellt und die Vertretung der Gesellschaft unter Gewährleistung
einer bestimmten Abnahmemenge durch die der Gesellschaft von ihm zugeführte
Kundschaft übernommen, was der bessern Ausnutzung des Betriebes zugute
komme..."
Im Bericht zum Geschäftsjahr 1911 war Ernüchterung
eingekehrt, die Ziele bzw. Absatzmengen waren nicht erreicht worden, die
Vertrag mit Ernst Wirts wurde von der Germania-Brauerei gekündigt.
[17:21.05.1912] „…Germania-Brauerei A.-G. in Mülheim a. Rh. …
Das Abkommen mit dem Brauereibesitzer Wirts in Opladen, wonach dieser den
Betrieb seiner Brauerei einstellte und die Vertretung der Germania-Brauerei
übernahm, wurde im Oktober v. Js. Wieder gelöst, weil es den Erwartungen
nicht entsprach ...
Von da an führte Ernst Wirts nur noch die Restauration
weiter. Umso unverständlicher ist die Tatsache, dass sich Ernst Wirts im
September 1911 noch das Bild eines Rennbaums (einer Schranke, siehe
Abbildung weiter unten) als Warenzeichen für seine Brauerei mit Nennung von
Bier und Limonaden als Waren eintragen ließ [18:08.11.1911].
Formal wurde die Firma „Ernst Wirts, Brauerei zum Rennbaum“
erst im Jahr 1929 aus dem Handelsregister gelöscht.
[2:25.06.1929] „H. R. A. 114. In das Handelsregister A Nr.
114 ist betr. die Firma Ernst Wirts, Brauerei zum Rennbaum, in Opladen am
14. Juni 1929 eingetragen worden: Die Firma ist erloschen. Amtsgericht
Opladen…“
(F003) [54]
Foto der Brauerei und Eisfabrik "Zum Rennbaum" um 1900. Gut zu sehen ist die
Unterführung unter dem Eisenbahngleis, welches direkt an der Brauerei vorbei
führte
(F001) [27]
Foto der Brauerei aus anderer Perspektive, vermutlich ebenfalls um 1900
(PK001) [57]
Postkarte der Brauerei, vermutlich um 1900. Gut zu sehen sind auch die
hinter dem Restaurations-Gebäude liegenden eigentlichen Brauereigebäude. "wo
gutes Bier, da sind auch wir!" ist eher nachzuvollziehen als "Die beste
Arznei ist schäumendes Rennbaumbräu"
(PK002) [58]
Postkarte der Rennbaumstraße, Alter unklar. Zu sehen ist im Vordergrund der
in den 1860er Jahren angelegte Sammelteich, welcher auch der Eisgewinnung
diente und im Hintergrund die Mühle der Familie Wirts
(W045) [2:24.06.1897]
Nach der Übernahme der Brauerei ließ Ernst Wirts die Firmierung ändern. Zum
ersten Mal hieß es offiziell "Zum Rennbaum"
(W043) [2:01.06.1897]
Eine große Innovation kam im Jahr 1897 mit der Anschaffung einer
Eismaschine. Ab diesem Zeitpunkt hieß es "Brauerei und Eisfabrik"
(W047) [2:23.07.1898]
Herr Schmidt aus Burscheid nimmt Bestellungen für hochfeines Lagerbier
entgegen. Anzeige aus dem Jahr 1898
(W060) [2:11.04.1903]
Bockbier aus der Brauerei zum Rennbaum im Ausschank bei Adolf Deventer.
Anzeige aus dem Jahr 1903
(W052) [2:17.06.1899]
Im Restaurant "Schloß Reuschenberg" in Küppersteg kommt 1a Tafelbier aus der
Brauerei zum Rennbaum von Ernst Wirts zum Ausschank, Anzeige aus dem Jahr
1899
(W055) [2:05.05.1900]
Weitere Anzeige des Restaurant "Schloss Reuschenberg" aus dem Jahr 1900
(W058) [2:06.04.1901]
Auch in der Restauration "Zum Gut Alkenrath" wurde Bier aus der Brauerei
"Zum Rennbaum" ausgeschenkt. Anzeige aus dem Jahr 1901
(W061) [2:13.02.1904]
Bockbier-Ausschank am Rennbaum. Die Restauration wurde mittlerweile von
Gustav Steinberg geführt. Anzeige aus dem Jahr 1904
(W132) [2:28.07.1904]
Im Juli 1904 eröffnete Ernst Wirts in der Lützenkirchenerstraße eine weitere
Restauration. Über diese vermutlich in direkter Nähe des
Eisenbahn-Ausbesserungswerkes gelegene Restauration (abgebildetes Flügelrad,
Symbol der Eisenbahner) ist leider nicht viel bekannt
(W187) [2:10.09.1904]
Aus dieser Anzeige aus September 1904 ist zu ersehen, dass die neue
Restauration von Ernst Wirts in der Lützenkirchenerstraße den Namen "Zur
schönen Aussicht" erhalten hatte
(W186) [2:29.10.1904]
Weitere Anzeige des "Gasthof zur schönen Aussicht" aus Oktober 1904
(W133) [2:14.01.1905]
Schlachtfest im "Gasthof zur schönen Aussicht" von Ernst Wirts. Als
Betreiber wird in dieser Anzeige aus Januar 1905 Wilhelm Körver genannt.
Dies ist die letzte bekannte Anzeige des Gasthofs
(W134) [2:13.03.1905]
Ernst Wirts im Jahr 1905 erstgeborener Sohn Ernst verstarb noch am gleichen
Tag
(W200) [17:07.05.1905]
Anzeige des "Verein der Brauereien für Köln und Umgegend gegen
Verrufserklärungen Köln" aus dem Jahr 1905. Angeprangert werden Brauereien,
welche unsolidarisch die Gelegenheit nutzen und die fehlenden
Bierlieferungen der boykottierten Brauereien ersetzen. Unter den
Boykottbrechern ist auch die Brauerei von Ernst Wirts
(W063) [2:15.05.1906]
Im Jahr 1906 bot die Brauerei den Opladener Bürgern Kunst-Eis im Abonnement
an.
(W064) [2:18.08.1906]
Im Jahr 1906 hatte der Bergische Hof in Opladen neben anderen Bieren auch
"Rennbaum-Bräu" im Ausschank
(W135) [2:11.04.1906]
Ein Jahr später kam mit Ernst Leopold Otto ein weiterer Sohn zur Welt
(W066) [2:02.01.1908]
Grüße zum neuen Jahr 1908 von Gustav Steinberg, welcher zu dieser Zeit die
Restauration zum Rennbaum führte
(W067) [2:04.01.1908]
Bratwurst-Essen bei Gustav Steinberg in der Restauration "Zum Rennbaum".
Anzeige aus dem Jahr 1908
(W068) [2:18.04.1908]
Gustav Steinberg lädt ein zum Konzert in der Restauration zum Rennbaum.
Anzeige aus dem Jahr 1908
(W070) [2:19.09.1908]
Auf zum Rennbaum! Gustav Steinberg lädt zum humoristischen Konzert. Anzeige
aus dem Jahr 1908
(W150) [2:07.03.1908]
Der Abstinenzler-Bewegung folgend produzierte auch die Brauerei von Ernst
Wirtz ab dem Jahr 1908 mit "Komoll" ein alkoholfreies Produkt.
Genannt "Apfelchampagner", heute wohl eher Apfelschorle. Anzeige aus dem
Jahr 1908
(W071) [51:15.06.1909]
Weitere Anzeige für Komoll aus dem Jahr 1909
(W136) [2:27.03.1909]
Im März 1909 brachte Ernst Wirts sein neue "Wirts-Kraft-Bier" zum Ausschank.
Dieses war alkoholarm und angeblich ärztlich empfohlen. In der Anzeige
wurden explizit alle Vorzüge und auch die Ergebnisse einer chemischen
Analyse aufgelistet.
Der Betrieb der Restauration „Zum Rennbaum“ durch Ernst Wirts (1910-1913)
Nach Schließung der Brauerei und Kündigung der Vertretung der
Germania-Brauerei musste Ernst Wirts sein Bier für die Restauration von
einer anderen Brauerei beziehen. Erster Lieferant war die Bochumer Viktoria
Brauerei [2:17.08.1912].
Im Oktober 1912 brannte es dann nach 1857 und 1901 das dritte
Mal in den Gebäuden der ehemaligen Brauerei. Das Ausmaß der Zerstörung ist
nicht ganz klar, weil sich die nachfolgenden Artikel über den Brand nicht
ganz einig über das besagte Ausmaß waren.
[2:24.08.1912] „…Opladen, 23. Aug. In dem Hinterhause des
Wirts'schen Anwesens, der Brauerei zum Rennbaum, war heute nacht auf bis
jetzt unaufgeklärte Weise Feuer ausgebrochen, dem die rasch anrückende
Feuerwehr energisch zu Leibe ging. Es gelang, ein drohendes ueber-greifen auf
die umfangreichen Wirtschaftsgebäude zu verhindern. Nur der Hinterbau und
das Dach der Wirtschaft erlitten schweren, jedenfalls aber durch
Versicherung gedeckten Feuerschaden…“
[23:27.08.1912] „…Opladen, 24.Aug.1912. In der Brauerei zum
Rennbaum brach in der letzten Nacht in einem Hinterhause Feuer aus. Das Haus
brannte gänzlich nieder. Vom Vorderhause fielen der Dachstuhl und zwei
Mansarden dem Feuer zum Opfer…“
Schon eine Woche nach dem Brand wurde der Betrieb der
Restauration wieder provisorisch aufgenommen.
[2:30.08.1912] „…Zum Rennbaum! Nachdem die durch Brandschaden
verursachten Aufräumungsarbeiten soweit erledigt sind, habe ich den
Wirtschaftsbetrieb heute wieder aufnehmen können und bitte um geneigten
Zuspruch. Allen denen, insbesondere der Freiwilligen Feuerwehr, welche
meinen Angehörigen und mir in der Brandnacht Hilfe leisteten, spreche ich
hiermit meinen herzlichsten Dank aus. Ernst Wirts…“
Vier Monate später waren Wiederaufbau und Renovierung
abgeschlossen, was Ernst Wirts zum Anlass nahm, an die Neugier seiner
Kundschaft zu appellieren, die renovierte Lokalität in Augenschein zu
nehmen.
[2:15.12.1912] „…Wirtschaft "Zum Rennbaum" Opladen. Opladen.
Die vom Brandschaden betroffenen Wirtschaftsräume wurden unter
Berücksichtigung aller modernen Ansprüche renoviert und erweitert. Um
freundlichen Besuch bittet ergebenst Ernst Wirts…“
Auch warb er mit den modernsten Anforderungen entsprechenden
Zimmern, die er, was immer damit gemeint war, als „eigenartig“ bezeichnete.
[2:25.12.1912] „…Wohin geben wir in den Feiertagen? Zum
Rennbaum! zum Besuch und zur Besichtigung der vom Brandschaden wieder
hergestellten alten und neuen Wirtschaftsräume. Schönste, den modernen
Anforderungen entsprechende, eigenartige, ca. 200 Personen fassende Zimmer,
passend zum Abhalten von Versammlungen, Vorträgen, Familien- und kleineren
Vereinsfestlichkeiten, werden bestens empfohlen. Um freundlichen Besuch
bittet Ernst Wirts…“
Ebenfalls im Dezember 1912 ließ Ernst Wirts sein „Wirts
Kraftbier“ wiederaufleben, welches er im Bürgerlichen Brauhaus Widdersdorf
der Gebrüder Sester brauen ließ .
Im Jahr 1913 schalte Ernst Wirts eine Anzeige, in der er
Räume und Kellereien, vermutlich die Gebäudeteile in der ursprünglich die
Brauerei war, für gewerbliche Zwecke zur Vermietung anbot [2:16.03.1913].
Unter anderem siedelte sich dort die „Dampfwaschanstalt Edelweiß“ an.
In den nächsten Jahren wurde es erst einmal ruhig um die
Restauration, Vermutlich wurde sie Ende des Jahres 1913 geschlossen.
(WZ002) [18:08.11.1911]
Warenzeicheneintrag von Ernst Wirts für die Brauerei zum Rennbaum. Als
Geschäftsbetrieb wird "Bierbrauerei" angegeben, obwohl die Brauerei zu
diesem Zeitpunkt schon 1 Jahr geschlossen war. Allerdings hatte Ernst Wirts
die Grafik schon im Jahr 1909 als Schutzmarke bezeichnet (siehe vor)
(W137) [2:30.08.1912]
Nachdem es im Jahr 1912 mal wieder gebrannt hatte dankte Ernst Wirts den
Helfern per Anzeige und öffnete nur 1 Woche nach dem Brand wieder
provisorisch die Restauration
(W138) [2:15.12.1912]
Bis zur vollständigen Beseitigung des Brandschadens dauerte es 4 Monate
(W139) [2:25.12.1912]
Ernst Wirts appellierte an die Neugier seiner Gäste, sie sollten sich selbst
von den neuen Wirtschafträumen überzeugen. Was er mit "eigenartig" meinte,
ist unklar
(W074) [2:17.08.1912]
Nach Schliessung der Brauerei im Jahr 1910 hatte Ernst Wirts wieder selbst
die Führung seiner Restauration übernommen. Zum Ausschank kam Bier der
Bochumer Viktoria-Brauerei. Anzeige aus dem Jahr 1912
(W075) [2:12.12.1912]
Anzeige des Bürgerlichen Brauhaus Widdersdorf (später Sester-Brauerei),
welches der Hersteller des "Wirts Kraftbier Marke Rennbaum" war und den
Vertrieb wieder selber übernehmen wollte
(W076) [2:01.01.1913]
Prost Neujahr 1913 von Ernst Wirts and Gäste, Freunde und Gönner
(W077) [2:01.03.1913]
Bockbierfest mit Konzert. Anzeige aus dem Jahr 1913
(W080) [2:13.06.1913]
Werbeanzeige der Restauration "Zum Rennbaum". Dieser Anzeige aus dem Jahr
1913 ist auch zu entnehmen, dass Ernst Wirts das Bier der Viktoria-Brauerei
aus Bochum nicht nur ausschenkte, sondern auch vertrieb
(W079) [2:16.03.1913]
Die Gebäudeteile der ehemaligen Brauerei wurden gewerblich vermietet.
Anzeige aus dem Jahr 1913
(W153) [2:15.04.1913]
Eine der in den Gebäuden der ehemaligen Brauerei ansässigen Betriebe war im
Jahr 1913 die Dampfwäscherei und Bügelanstalt "Edelweiss"
Die „Maschinen-Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Ernst Wirts“ (1914-1917)
Im Jahr 1914 startete Ernst Wirts sein nächstes Projekt, die
„Maschinen-Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Ernst Wirts.“.
Zuerst stieg er in die bereits in Weiden bei Köln seit dem Jahr 1910
existierende Firma von Carl Ernst Puls ein, die daraufhin in
„Maschinen-Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Puls und Wirts“
umfirmiert wurde [17:14.06.1910].
[18:02.11.1914] „…Nr. 2283. Firma:
„Maschinen-Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Puls und Wirts“,
Cöln. Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Haushaltungs- und
Werkzeug- maschinen sowie technischer und chemischer Bedarfsartikel,
insbesondere der Fortbetrieb des bisher zu Weiden bei Cöln unter der Firma
Carl Ernst Puls bestehenden, bisher diesem gehörenden Geschäfts und die
gewerbliche Verwertung der von Herrn Puls oder dritten Personen angemeldeten
oder demselben erteilten Patente und sonstigen gewerblichen Schutzrechte.
Zur Erreichung dieses Zweckes ist die Gesellschaft befugt, gleichartige oder
ähnliche Unternehmungen zu erwerben, sich an solchen Unternehmungen zu
beteiligen oder deren Vertretung zu übernehmen. Die Gesellschaft ist auch
befugt, den Bau der erwähnten Maschinen aufzunehmen. Stammkapital: 20 000 M.
Geschäftsführer sind: Carl Ernst Puls, Kaufmann in Weiden, Ernst Wirts,
Kaufmann in Opladen. Der Gesellschaftsvertrag ist am 5. Oktober 1914
errichtet. Jeder der beiden Geschäftsführer ist für sich allein
vertretungsberechtigt. Die Dauer der Gesellschaft wird zunächst auf fünf
Jahre festgelegt, dergestalt, daß diese bis zum 1. Oktober 1919
fortzubestehen hat. Erfolgt jedoch ein Jahr vor Ablauf dieser Zeit von
keinem der Gesellschafter eine Kündigung, so läuft die Gesellschaft wiederum
auf fünf Jahre weiter und so fort. Als nicht eingetragen wird bekannt
gemacht: Oeffentliche Bekanntmachungen erfolgen durch den Deutschen
Reichsanzeiger. Kgl. Amtsgericht, Abt. 24, Cöln…“
Im Jahr 1916 übernahm er die Firma dann alleine.
[17:21.04.1916] „…In das Handelsregister wurde am 18. April
1916 eingetragen. Abteilung B. Nr. 2283 bei der Firma Maschinen-
Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Puls & Wirts zu Cöln: Durch
Gesellschafterbeschluß vom 12. April 1916 ist die Firma geändert in:
„Maschinen-Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung Ernst Wirts.“…“
Die Firma hatte ihren Sitz im Hansahaus in der Friesenstraße
16 mitten in Köln. Das Hansahaus war ein reines Geschäftshaus, in dem die
verschiedensten Firmen und Verbände zu finden waren. Das Betätigungsfeld von
Ernst Wirts neuer Firma war, man könnte sagen, vielfältig.
Ernst Wirts konnte vom Rennbaum nicht lassen und so ließ er
sich seine neue Firma das Warenzeichen „Rennbaum“ eintragen und verwendete
„Rennbaum“ auch als Telegramm-Adresse.
[18:14.11.1916] „…Warenzeicheneintrag. 29/4 1916. Ernst
Wirts, Opladen. 31/10 1916. Geschäftsbetrieb: Herstellung und Betrieb von
Werkzeugen und Maschinen für Haushalt, Gewerbe und Industrie, technischer
und chemischer Bedarfsartikel und Erzeugnisse aller Art. Waren:
Haushaltungsmaschinen, Werkzeuge und Werkzeugmaschinen, Maschinen und
Apparate für Präserven- und Konservenfabriken, Trockenprodukte
landschaftlicher Erzeugnisse, Bier, alkoholfreie Essenzen, Extrakte, Sirupe
und Lösungen, Apparate zur Herstellung und zum Ausschank von alkoholfreien
Getränken. - Beschr. …“
Nachfolgend einige Beispiele, welche die „Bandbreite“ der
gehandelten Waren gut aufzeigen.
1916: Trocken-Kohlraben (hierbei handelt es sich um
Steckrüben und nicht etwa um Kohlrabi. Vermutlich waren diese als
Nahrungsmittel für die deutschen Soldaten im ersten Weltkrieg gedacht).
[17: 21.04.1916] „…Trocken-Kohlraben geschnitzelte, prima
Ware, wöchentlich mehrere 100 Zentner hat in größern Posten laufend
abzugeben Ernst Wirts Köln, Hansahaus, Tel.-Adr.: Rennbaum…“
1916: Apparat zur Herstellung von alkoholfreiem Bierersatz
zur Linderung der „Bier-Not“. Vermutlich im Kontext dieser Apparatur meldete
Ernst Wirts auch ein Patent für ein „Verfahren zum gleichzeitigen Ausnutzen
von Gas als Druck und Sättigungsmittel“ an
[17:11.05.1916] „…Bier-Not. Ein ganz neuer, konkurrenzloser,
zum D. R. P. angemeldeter Apparat gestattet es— auch durch einfache
Einschiebung in bestehende Bierdruckleitungen— alkoholfreie Getränke in
Fässern durch eigene Druckkohlensäure selbsttätig mit Kohlensäure zu
sättigen und mittels einer neuen oder bestehenden Bier-Leitung wie Bier zum
Ausschank zu bringen. Große Ersparnisse und Vorteile gegenüber jedem andern
System, insbesondere dem Flaschenverschleiß. Aeußerst einfach, praktisch,
billig und unverwüstlich. Man verlange kostenlose Aufklärung. Fertiger
Grundstoff zur Selbstherstellung eines besten alkoholfreien „Bierersatz“
kann durch uns bezogen werden. Rührige, in Interessentenkreisen eingeführte
Vertreter werden allerorts gesucht. Maschinen-Vertriebsgesellschaft m. b. H.
Ernst Wirts, Köln, Hansa-Haus…“
[24] „…Patent erteilt am 8.1.1918, K l. 64 o. N r. 302882 vom
21/3. 1916. [8/1. 1918]. Ernst Wirts, Opladen, Rhld., Verfahren und
Einrichtung zum gleichzeitigen Ausnutzen von Gas als Druck- und
Sättigungsmittel. Der Überschuß des in einem Gefäß zum Sättigen der darin
enthaltenen Fl. verwendeten Gases wird zum Empordrucken dieser Fl. an die
Verbrauchstelle u. außerdem nach Überleiten in andere Gefäße zum
Empordrücken der Fl. aus diesen Gefäßen an die betreffenden
Verbrauchsstellen benutzt …“
1917: Kartoffel-Schälmaschine.
[23:11.09.1917] „…Bekanntmachung. 1 Pfd. Kartoffeln mehr pro
Woche profitieren Sie unter Zeitgewinn durch Abfallersparnis. wenn Sie
ständig unsere Haushalt-Kartoffel-Schälmaschine benutzen. In wenigen Minuten
sind auch Rüben und Möhren tadellos geschält und gewaschen. Bringen Sie
Kartoffeln mit zur Vorführung im Hansahaus. Zim. 67, Friesenpl. 16.
Masch.-Vertriebsges. m b.H., E. Wirts…“
1917: Eisendruckknöpfe (in dieser Anzeige ist auch die
Telegrammadresse „Rennbaum“ angegeben).
[17:07.06.1917] „…4500 Gros Eisendruckknöpfe 9mm, weiße, mit
offen U-Feder, prompt innerhalb ca. 4 Wochen lieferbar, abgibt Ernst Wirts,
Fernspr. A 7960, Köln, Hansahaus. Tel-Adr. Rennbaum…“
Die Geschäftsidee von Ernst Wirts, welche mit Abstand am
schlechtesten ankam, waren Lebensmittelpakete für ausländische
Kriegsgefangene. Er bot per Katalog Lebensmittel wir Butter, Fleisch,
Schinken, Kaffee usw. an, welche für die deutschen Soldaten und die deutsche
Bevölkerung aus Kriegsgründen bereits Mangelware waren. Die Reaktion der
Presse ließ nicht lange auf sich warten, heute würde man diese Reaktion
vermutlich als „Shitstorm“ bezeichnen.
[25:17.11.1916] „…Die Beköstigung der Kriegsgefangenen. Eine
Verfügung des Generalkommandos des 13. württembergischen Armeekorps über die
Beschäftigung der Kriegsgefangenen auf Arbeitskommandos bestimmt, daß die
Arbeitgeber ihre Kriegsgefangenen nicht offensichtlich zum Nachteil der
deutschen Bevölkerung begünstigen dürfen. Alle Nahrungsmittel, die für
unsere Bevölkerung schwer zu beschaffen sind, kommen für die Gefangenen
nicht in Frage. Insbesondere wird die Verabreichung und der Verkauf von
Eiern. Butter, Geflügel und Wildpret an die Gefangenen allgemein strengstens
untersagt. Hier ist endlich von einer militärischen Behörde ein Weg
beschritten worden, der schon längst hätte eingeschlagen werden sollen. Wie
toll die Dinge hier liegen, ersieht man aus einer Veröffentlichung der
„Post“. Dem Blatte über sandte ein industrielles Unternehmen, das
Kriegsgefangene in seinen Betrieben beschäftigt, ein ihr von der
„Maschinenvertriebsgesellschaft m. b. H. Ernst Wirts“ in Köln zugegangenes
Angebot für Nahrungsmittellieferung an die feindlichen Kriegsgefangenen. Das
Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Köln a. Rh., 7. November 1916.
Bezugnehmend auf unseren persönlichen Besuch übersenden wir Ihnen einliegend
eine Preisliste und Bedingungen über die Pakete an die Kriegsgefangenen. Wir
bemerken ausdrücklich, daß diese Pakete auch an die deutschen
Kriegsgefangenen und Internierten im Ausland zum Versand gelangen, und zwar
unter den gleichen Bedingungen. Ihren gefl. Bestellungen sehen wir mit
Vergnügen en gegen und zeichnen mit deutschem Gruß!
Maschinen=Vertriebsgesellschaft m. b. H. Ernst Wirts.“. Ein Stimmungsbild,
man möchte fast sagen ein Märchen aus verklungenen Zeit in ist für den
harmlosen deutschen Staatsbürger, dem bei ihrem Anblick das Wasser im Munde
zusammenlaufen muß, die Preisliste. Sie lautet: Speck, geräuchert, fett od.
mager per Pfd. 3.25 Mk., Schinken 3,75, Rauchfleisch ohne Knochen 4,80,
Plockwurst, harte, haltbare Ware 3,50, Cervelatwurst 4.20, Blut= und
Leberwurst, geräuchert 1,95, Schmalz, garantiert rein. 3.10, Rinderfett,
ausgelassen 2,25, Butter, nur beste Qualität (gestrichen) 2.60, Margarine
(gestrichen) 1,80, Schmierwurst la. in Dosen 2.00, Kaffee 3,00, Tee 3.20,
Kakao 3.70, Käse, vollfett (gestrichen) 1,55. Den pp. Kriegsgefangenen wird
des weiteren noch offeriert: alle Tabakwaren „in jeder gewünschten
Preislage", Fleisch= und Gemüse-Konserven(!), ferner alle anderen
Bedarfsartikel. Seife(!), Hemden, Unterkleidung je nach Qualität. Dieser
Preisliste ist die Bemerkung hinzugefügt, daß das „Unternehmen streng reell
behördlicherseits genehmigt und kontrolliert wird, sowie daß die Pakete „auf
Inhalt und genauem Gewicht von dem Roten Kreuz geprüft und durch dasselbe
ohne Porto und Zoll an den betreffenden Kriegsgefangenen oder Internierten
gesandt" werden. Ihrer Preisliste hat die Firma Wirts Bestellungsschreiben
einer ganzen Reihe von industriellen Unternehmungen als Empfehlungsbeweise
beigefügt. Hieraus geht hervor, daß u. a. bestellt worden sind: für den
belgischen Kriegsgefangenen Vignal Nicolai Nr. 3502: 5 Pfd. Butter. 2 Pfd.
Schmalz 2 Pfd. Kaffee und Toilettenseife im Gesamtbetrage von 27.20 Mk.; für
den französischen Kriegsgefangenen Lecharpentier Abel Nr. 3497: 4 Pfd.
Butter, 4 Pfd. Speck usw.; für den russischen Kriegsgefangenen Ignaz
Meltscharek Nr. 25 677: 2 Pfd. Speck.? Pfund Schinken. 2 Pfd. Plockwurst, 2
Pfd. Schmalz. 1 Pfund beste Butter im Gesamtbetrage von 29.80 Mr. Eine
andere Firma hat für ihre Gefangenen im Gesamtbetrage von 470.70 Mark
Lebensmittel bestellt, die u. a. 8 Pfd. Speck. 7 Pfd. Schmalz usw.
enthalten; eine weitere Firma im Gesamtbetrage von 1210.40 Mk. nicht weniger
als 90 Pfund Speck, 27 Pfd. Schinken. 90 Pfd. Schmalz 18 Pfd. Butter. 18
Pfd. verschiedene Wurst. 27 Pfund Kaffee. 27 Pfd. Kakao, 45 Pfd. Käsensw.
Die „Post“ verlangt mit Recht ein schnelles Einschreiten gegen diesen groben
Unfug. In der Tat muß solchen tollen Dingen bald und gründlich ein Ende
gemacht werden. Es geht doch wirklich nicht an, daß sich unsere Herren
Kriegsgefangenen mit Dingen mästen, die unserm Volke schon längst
unerreichbar sind…“
Nachhaltigen Erfolg hatte Ernst Wirts
Maschinen-Vertriebsgesellschaft aber nicht, sie wurde bereits im November
1917 wieder aufgelöst.
[17:27.11.1917] „…In das Handelsregister ist am 20. November
1917 eingetragen: Abteilung B: Nr. 2283 bei der Pirma
Maschinen-Vertriebsgesellschaft mitbeschränkter Haftung Ernst Wirts, Cöln.
Durch Gesellschafterbeschluß vom 30. Oktober 1917 ist die Gesellschaft
aufgelöst. Hans Johnen, Kaufmann, Cöln, ist zum Liquidator bestellt…“
Ernst Wirts gab daraufhin seinen Standort im Kölner Hansahaus
auf und kehrte mit seinen Geschäften nach Opladen zurück. Von dort aus
betrieb er weiter ähnliche Geschäfte wie zuvor, wie die beiden folgenden
Anzeigen aus dem Jahr 1918 zeigen.
[17:27.02.1918] „…Bei Wirten und ähnlichen Verbrauchern
eingeführte Herren können viel Geld verdienen, wenn sie den provisionsweisen
Verkauf eines gangbaren Artikels mit aufnehrnen. Wirte als solche bevorzugt.
Ernst Wirts, Opladen…“
Vermutlich war mit dem „gangbaren Artikel“ der vorher schon
aufgeführte „Not-Bier-Apparat“ genannt. In der zweiten Anzeige bietet er
gleich 20 Tonnen Extrakt zur Herstellung von Heißgetränken an.
[26:26.10.1918] „…20000 kg Extrakt zu feinstem alkoholfreiem
Heißgetränk mit Rum= oder Arrak-Punschgeschmack Naturprodukt— kein Ersatz.
Muster per Post ca. 1/2 Ltr. gegen Berechnung versendet Brauerei zum
Rennbaum Opladen…“
Im Januar 1919 eröffnete Ernst Wirts dann wieder seine
Restauration am Rennbaum.
(W082) [17:21.04.1916]
Trocken-Kohlraben (Steckrüben) im Angebot bei Ernst Wirts. Anzeige aus dem
Jahr 1916
(W141) [2:11.05.1916]
Durch die Kontingentierung von Getreide im ersten Weltkrieg kam es zu einer
"Bier-Not", aber Ernst Wirts hatte mit dem zum Patent angemelden "Bierersatz ", zumindest
aus seiner Sicht, die Lösung. Anzeige aus dem Jahr 1916
(W083) [17:18.06.1916]
Weitere Anzeige zur Linderung der Bier-Not mittels "Bierersatz Rennbaum" aus
dem Jahr 1916
(W084) [17:07.06.1917]
Die nächste Handelsware der Maschinen-Vertriebsgesellschaft waren
Eisendruckknöpfe. Anzeige aus dem Jahr 1917
(W142) [17:28.02.1917]
Auch Spiralbohrer hatte die Maschinen-Vertriebsgesellschaft im Angebot.
Anzeige aus dem Jahr 1917
(W085) [26:26.10.1918]
Bei Ernst Wirts zu haben: 20 Tonnen Extrakt zur Herstellung von
Heißgetränken mit Rum- oder Arrakpunsch-Geschmack. Anzeige aus dem Jahr 1918
(W152) [23:11.09.1917]
Abfall sparen mit Der Haushalts-Kartoffel-Schälmaschine. Anzeige aus dem
Jahr 1917
(WZ003) [18:14.11.1916]
Auch mit seiner "Maschinen-Vertriebsgesellschaft" konnte Ernst Wirts nicht
vom Rennbaum lassen und ließ sich diesen im Jahr 1916 als Warenzeichen
eintragen
Die wiedereröffnete Restauration am Rennbaum und weitere Geschäfte (1919-1921)
Am 7. Januar 1919 erschien in der Opladener Zeitung folgende
Anzeige, in der Ernst Wirts die Wiedereröffnung seiner Restauration bekannt
gab.
[2:07.01.1919] „…Die Wiedereröffnung meiner Wirtschaft „Zum
Rennbaum“ teile Freunden und Gönnern ergebenst mit und lade zum Besuche
freundlichst ein. Ernst Wirts…“
Zumindest der Opladener Frauenchor „Proletaria“ und der
Opladener Ortsverband der Deutschen Metallarbeiter nahmen diese Einladung an
und nutzten die Restauration für ihre Treffen [28:24.11.1919,2:20.05.1919].
Lange wurde die Restauration aber nicht mehr betrieben, wann
genau die Restauration endgültig geschlossen wurde, ist aber nicht ganz
klar. Brauerei und Restauration lagen direkt an der Unterführung / Brücke
der ehemaligen Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft, bereits in der
Vergangenheit mussten schon einmal zwangsweise Grundstücke für den Ausbau
der Strecke an die Eisenbahngesellschaft abgegeben werden [10:20.11.1883].
Laut [27] war dies auch in diesem Fall der Grund, hier wird auch
geschrieben, dass die Gebäude der Brauerei und Restauration im Jahr 1917
abgerissen wurden. Zumindest die Jahresangabe kann aber nicht stimmen, die
letzte bekannte Anzeige der Restauration stammt aus dem Jahr 1920.
[2:18.04.1920] „…Zum Rennbaum, Inh.: Ernst Wirts, Opladen
Fernr. 180. Kleiner Saal. Restaurations- und Gesellschafts-Zimmer. Große
Gartenanlage mit Spielgeräten, 7 Schaukeln, Rundlauf und Drahtseilbahn.
Halte mich für Versammlungen jeder Art bestens empfohlen…“
Sicher ist, das spätestens Mitte der 1920er Jahre die
Reichsbahn die Gebäude von Ernst Wirtz erwarb, ob dieser freiwillig verkauft
hatte oder nicht, ist nicht bekannt. Es wurden aber nur Teile der Gebäude
abgerissen, große Teile blieben wohl erhalten. Die Brauerei / Restauration
lag an der Rennbaumstraße 68 und zumindest im Jahr 1922 waren dort noch die
Bergische Holzindustrie G.m.b.H., im Jahr 1924 die Kölner Feinleder G.m.b.H.,
im Jahr 1925 der Eisen- und Röhrenhandel A. Griesmann, im Jahr 1927 die
Schleiferei von Ernst Lange und ebenfalls im Jahr 1927 das Opladener
Eierlager ansässig [2:04.06.1922,2:10.01.1924,2:11.03.1925,30:02.02.1927,2:]. Weiter
schaltete die Reichsbahn im Jahr 1927 auch eine Anzeige, in der Keller- und
Bodenräume der „früheren Wirtz’schen Besitzung“ zur Miete anbot.
[2:12.11.1927] „…Lagerräume. In der früheren Wirtz'schen
Besitzung, Opladen, Rennbaumstraße 68, sind Keller und Bodenräume (rd. 200
qm) zu Lagerzwecken geeignet zu vermieten. Auskunft erteilt
Reichsbahnhochbau=Bahnmeisterei Opladen, Wilhelmstraße. Reichbahnbetriebsamt
2 Köln=Deutz…“
(W151) [2:07.01.1919]
Anzeige zur Wiedereröffnung der Wirtschaft "Zum Rennbaum" von Ernst Wirts
aus Januar 1919
(W088) [2:24.12.1919]
Anzeige der Wirtschaft "Zum Rennbaum" aus dem Jahr 1919
(W089) [2:18.04.1920]
Weiter Anzeige der Restauration aus dem Jahr 1920
(W086) [2:20.05.1919]
Der Opladener Frauenchor mit dem heute nicht mehr so gängigem Namen "Proletaria"
traf sich in der wiedereröffneten Restauration von Ernst Wirts. Anzeige aus
dem Jahr 1919
(W087) [28:24.11.1919]
Auch der Deutsche Metallarbeiter-Verband traf sich bei Ernst Wirts. Anzeige
aus dem Jahr 1919
(W161) [2:12.11.1927]
Anzeige der Reichsbahn aus dem Jahr 1927, in der sie Lagerräume in der
"früheren Wits'schen Besitzung zur Miete anbot. Die Reichsbahn hatte die
Gebäude der Brauerei Anfang der 1920er Jahre von Ernst Wirts erworben
(W0156) [2:10.02.1921]
Auch die "Kölner Feinleder GmbH" hatte ihren Sitz in den ehemaligen
Brauereigebäuden. Anzeige aus dem Jahr 1921
(W158) [2:10.01.1924]
Weitere Anzeige der "Kölner Feinleder GmbH" aus dem Jahr 1924
(W160) [2:02.02.1927]
Anzeige der Schleiferei Büschel & Ritter aus dem Jahr 1927. Die Schleiferei
befand sich ebenfalls auf dem ehemaligen Brauereigelände
(W092) [2:08.10.1927]
Das Opladener Eierlager war in den Gebäuden der ehemaligen Brauerei
angesiedelt. Anzeige aus dem Jahr 1927
(W094) [2:21.08.1928]
Weitere Anzeige des Eierlagers aus dem Jahr 1928
(W164) [2:11.03.1925]
Auch der Eisen- und Röhrenhandel von A. Griesmann war auf dem alten
Brauereigelände ansässig. Anzeige aus dem Jahr 1925
Molkur (1921-1927)
Was Ernst Wirts schon in der Vergangenheit gezeigt hatte,
setzte er auch jetzt fort, immer neue Betätigungsfelder und Geschäftsideen.
Die nächste Geschäftsidee war im Jahr 1921 ein Schnellbausystem für
wetterfeste Fachwerkbauten.
[2:03.07.1921] „…Schnellbausystem, wetterfeste
Fachwerkbauten, keine Baracken, in jeder gewünschten Ausführung, billigst,
mit fachlichen Vorzügen. Ein vorhandenes wunderhübsches Musterhaus, 6
Zimmer, ist käuflich und kann binnen 14 Tagen an beliebiger Stelle sofort
beziehbar errichtet werden. Preis für letzteres, fix und fertig, incl.
Fundamenten und Keller, ohne Licht= und Wasserleitung rund 55000 Mark.
Nähere Auskunft durch Ernst Wirks, Opladen, Rennbaumstraße 68…“
Aber auch diese Geschäftsidee war nur vorübergehend, richtig
interessant wurde es aber, als Ernst Wirts kurz darauf die folgende Anzeige
in der Kölnischen Zeitung schaltete.
[17:05.07.1921] „…Wer beteiligt sich an einer zu gründenden
Gesellschaft zur Verwertung von Milchmolken nach eignem erprobten
konkurrenzlosen Verfahren. Restlose Nutzbarmachung für Nahrungs-, Genuß-,
techn., chem., pharma. Zwecke. Ganz große aussichtsvolle Sache. Besonders
für Chemiker, Apotheker und dergleichen. Molken-Extrakt bis 10:1, laufend
lieferbar. Ernst Wirts, Opladen…“
Der Molke, einem Abfallprodukt bei der Käseherstellung,
wurden schon immer gesundheitsfördernde Eigenschaften zugesprochen, es war
nur bisher nicht gelungen Molke haltbar zu machen. Hierfür nutzte Ernst
Wirts ein unter den Nummern 292719 und 294870 patentiertes Verfahren
[18:06.08.1923]. Ernst Wirts bezeichnet dies als „eigenes Verfahren“, ob er
dieses Verfahren aber selbst einwickelt hatte ist unklar.
In jedem Fall fanden sich Interessenten, die an den
Geschäftserfolg glaubten. Mit Wirkung zum 1. Januar 1922 wurde die „offene
Handelsgesellschaft Milchverwertung „Molkur“ Wirts & Co.“ in Rheine in
Westfalen mit Zweigniederlassung in Opladen gegründet.
[2:09.05.1922] „…Eintragungen ins Handelsregister. Im
Handelsregister A 371 wurde am 27. April 1922 eingetragen die offene
Handelsgesellschaft Milchverwertung „Molkur“ Wirts & Co. Rheine i.Westf.
Zweigniederlassung in Opladen. Persönlich haftende Gesellschafter sind: 1.
Ernst Wirts, Kaufmann in Opladen, 2. Gottlob Kübler, Braumeister in Rheine
i. W. 3. Walter Dorbandt, Molkereibesitzer in Rheine i. W. 4. Gustav
Huppert, Mineralwasserfabrikant zu Neunkirchen=Saar. Die Gesellschaft hat am
1. Januar 1922 begonnen. Zur Vertretung der Gesellschaft sind nur die
Gesellschafter Erst Wirts und Gottlob Kübler und zwar jeder für sich allein,
ermächtigt. Amtsgericht Opladen…“
Gesellschafter der Firma waren:
1. Ernst Wirts (als Initiator)
2. Gottlob Kübler (Braumeister aus Rheine in Westfalen)
3. Walter Dorbandt (Molkereibesitzer in Rheine in Westfalen)
4. Gustav Huppert (Mineralwasserfabrikant aus Neunkirchen an der
Saar)
Ernst Wirts hatte also eine Molkerei mit im Boot, welche den
Ausgangsstoff Molke liefern konnte und weiter einen
Mineralwasserfabrikanten, welcher das Produkt herstellen und abfüllen konnte.
Mit „Molkur“ war auch ein klangvoller Name für das Produkt,
eine „Milchnährsalzlimonade“, gefunden worden, welcher auch als Warenzeichen
unter der Nummer 306101 eingetragen wurde [18:06.08.1923]. Die Firma begann
unter dem Motto „Wer sich krank fühlt trinkt Molkur!“ eine Werbekampagne zu
starten.
In der Münsterländischen Volkszeitung erschien im April 1922
ein Artikel, in dem „Molkur“ als „epochemachender Schritt vorwärts“
geschildert wurde.
[29:21.04.1922] „…Geschäftliches. Die Versuche, das bei der
Käsefabrikation abfallende Nebenprodukt, die Molke, auch Käsewasser genannt,
zu verwerten, sind schon so alt, als uns die Wissenschaft nachgewiesen hat,
welche hochwertigen Nährstoffe in diesem Abfallprodukt enthalten Millionen
von Litern mußten mangels besserer Verwertung täglich weggeworfen werden.
Der menschliche Körper besteht, außer den organischen Bestandteilen Fett,
Eiweiß und Zucker, auch aus solchen anorganischer Natur, welche im
besonderen aus 11 Salzen bestehen.Selbstverständlich bedarf der Mensch zu
seiner Ernährung und seinem Wachstum am notwendigsten der Bestandteile, aus
denen er besteht und es ist heute festgestellt, das die anorganischen
Bestandteile - die Nährsalze - eine wichtigere Rolle spielen, als die
organischen – das Fett und Eiweiß. Unwohlsein und Krankheiten beruhen meist
auf anorganischen Stoffe. Diese dem erschöpften und kranken Körper
zugeführt, tragen wesentlich zu dessen Erholung und Wiederstand bei weil ein
solches Verfahren dem Bestreben den Ausgleich erzielen ??? In der Milch
finden ??? Es gibt nun wohl nichts natürlicheres, als die so notwendigen
anorganischen Stoffe da holt, wo sie in Form und Verbindung vorhanden sind,
aus der Milch. Molken, wissenschaftlich „Milchserum“ genannt, dienen seit
uralter Zeit als Heil= und Kräftigungsmittel und zwar bei den
verschiedensten Krankheiten, z. B. Blutarmut, Unterernährung, allen
Verdauungsstörungen, Hämorhoiden, Blutstockungen im Unterleib, bei Gicht,
Skrofulose, Affektionen der Respirationsapparate, vor allem bei
Schwindsucht, oft gemischt mit Spezialwässern auch bei einfachen chronischen
Katharren, Kehlkopfleiden u. a. m. werden Molken angewendet. Molkenkuren
sind sehr teuer, weil diese nur in frischem Zustand genossen werden kann.
Wegen ihrer schon nach ein paar Stunden eintretenden Verderblichkeit können
diese nur direkt in Molkereien vorgenommen werden, die ev. einer Kuranstalt
angeschlossen sind. Zwei Erfindern ist es nun gelungen, die Molke so zu
verarbeiten, daß diese in Form von Milchnährextrakt „Molkur“ genannt, in
absolut reiner und dauernd haltbarer Form in den Handel kommt, so daß
jedermann in der Lage ist, eine Molkenkur daheim, ohne Berufsstörung zu
machen. Ebenso wird in den Mineralwasserfabriken eine Milchnährsalzlimonade,
sowie Tafelwasser aus Molkur hergestellt und wird bald in den meisten
Wirtschaften zu haben sein. So daß mit der Erfindung auch ein
epochemachender Schritt vorwärts in der alkoholfreien Getränkeindustrie
gemacht ist. Die erste Fabrikationsstelle für Molkur wurde in Rheine
errichtet…“
Die Firma war in Rheine in Westfalen gegründet worden, wo
auch die erste Produktionsstätte lag. Im Oktober stiegen neue Gesellschafter
in die Firma ein und die Produktion wurde nach Herzlake verlagert und
Opladen als Hauptsitz der Gesellschaft eingetragen.
[2:04.11.1922] „…Im Handelsregister A wurde unter Nr. 371
betr. die Firma Milchverwertung „Molkur“ Wirts und Co. in Opladen am 26.
Oktober 1922 eingetragen: Die bisherige Zweigniederlassung Opladen ist jetzt
Hauptniederlassung, die bisherige Hauptniederlassung, Rheine i. W. ist als
Zweigniederlassung nach Herzlake verlegt. Als neue Gesellschafter sind in
die Gesellschaft eingetreten: Gottfried Hofstetter, Bahnhofsvorsteher in
Basel (Schweiz), Heinrich Niermann, Molkereibesitzer in Holte bei Herzlake,
Hubert Niekenbrauck, Molker in Herzlake. Zur Vertretung der Gesellschaft
sind nach wie vor nur die Gesellschafter Ernst Wirts und Gottlieb Kübler
ermächtigt. Opladen, den 14. Oktober 1922. Amtsgericht Opladen…“
Die 3 neuen Gesellschafter waren:
1. Gottfried Hofstetter (Bahnhofsvorsteher aus Basel in der
Schweiz)
2. Heinrich Niermann (Molkereibesitzer aus Holte bei Herzlake)
3. Hubert Niekenbrauck (Molker aus Herzlake)
Im Mai 1923 stießen mit
1. Der Baldur AG (Aktiengesellschaft für gärungslose
Früchteverwertung aus Karlsruhe)
2. Willi Menzinger (Konsul und Stadtrat aus Karlsruhe)
zwei weitere Interessenten aus Karlsruhe hinzu und die
„Handelsgesellschaft Milchverwertung Molkur Wirts & Co“ wurde in die „Molkur
Milchverwertung Aktiengesellschaft“ mit Sitz in Karlsruhe umfirmiert.
[18:06.08.1923] „…Gründung der Aktiengesellschaft "Molkur"
Milchverwertungs-Aktiengesellschaft. Kalrlsruhe. Gegenstand des
Unternehmens: Die Herstellung und der Vertrieb von Lebens-, Genuß- und
Heilmitteln, die Verwertung von Milch und Milcherzeugnissen aller Art,
insbesondere solcher Waren, die nach der Eintragung in die Zeichenrolle des
Reichspatentamts Nr. 292 719, 294 870 die Bezeichnung "Molkur" führen dürfen
oder in Verbindung mit Molkur hergestellt werden. ... Grundkapital: 3500000
Mark, eingeteilt in 35000 auf den Inhaber lautende Aktien von je 1000 M.,
deren Ausgabe zum Nennwert erfolgt. Vorstand: Ernst Wirts, Brauereifachmann,
Opladen, Gottlob Kübler, Geschäftsführer, Herzlake, Oskar Blaß, Kaufmann,
Planstadt. Aktiengesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag ist am 24. Mai 1923
errichtet. ... Die Gründer der Gesellschaft, welche alle Aktien übernommen
haben, sind: 1. Ernst Wirts, Brauereifachmann, Opladen, 2. Gottlob Kübler,
Geschäftsführer, Herzlake, 3. Walter Dorbrandt, Molkereibesitzer, Rheine, 4.
Gustav Huppert, Kaufmann in Neunkirchen (Saar), 5. Gottfried Hofstetter,
Privatmann, Basel, 6. Heinrich Niermann, Molkereibesitzer in Holte, 7.
Hubert Niekenbrauck, Molkereifachmann, Herzlake, 8. Baldur
Aktiengesellschaft für gärungslose Früchteverwertung, Karlsruhe, 9. Willi
Menziger, Konsul und Stadtrat, Karlsruhe. ... Die offene Handelsgesellschaft
Milchverwertung Molkur Wirts & Co. in Opladen bringt ihr Geschäft mit
Vermögensstücken und Schulden mit dem Recht auf Fortführung des
Warenzeichens "Molkur" mit allen Rechten aus dem durch Reichtpatent Nr.
306101 geschützten "Verfahren zur Herstellung eines klaren haltbaren
Getränkes aus Molken" derart in die Gesellschaft ein, daß das Geschäft als
seit 1. April 1923 für Rechnung der Aktiengesellschaft geführt gilt. Die
eingebrachten Sachen und Rechte sind auf Grund der Bilanz vom 31. März 1923
bewertet auf 33.385.283 M., die Verbindlichkeiten betragen 22.385.283 M. Für
den Ueberschuß mit 11.000.000 M., erhalten die Gesellschafter der offenen
Handelsgesellschaft (Ziffer 1 bis 7 der Gründer) Aktien im Nennwerte von
11.000.000 M. Die Gründer Ziffer 1, 2 und 5 bringen ausserdem ihre
Darlehensforderungen an die genannte offene Handelsgesellschaft von je
20.000 M in die Gesellschaft ein; Sie erhalten dafür Aktien in diesem
Betrage. ... Karlsruhe, den 26. Juli 1923. Bad. Amtsgericht. B.2…“
Aus der offenen Handelsgesellschaft wurde also eine
Aktiengesellschaft mit Sitz in Karlsruhe. Das Aktienkapital von 33 Mio. Mark
läßt sich nur schwer bewerten, da die Gründung mitten in die in Deutschland
zu dieser Zeit herrschende Hyper-Inflation fiel.
Auf der Generalversammlung der Molkur
Milchverwertungs-Aktiengesellschaft am 15. Dezember 1924, also nur
eineinhalb Jahre nach der Gründung, wurde die Auflösung der Gesellschaft
beschlossen und ein gewisser Hans Sanders, Kaufmann aus Hannover, zum
„Liquidator“ bestellt.
[18:18.12.1925] „…Karlsruhe, Baden. Handelsregistereinträge
... 3. "Molkur" Milchverwertungs-Aktiengesellschaft. Karlsruhe: Durch
Beschluß der Generalversammlung vom 15. Dezember 1924 ist die Gesellschaft
aufgelöst worden. Kaufmann Hans Sanders, Hannover, ist als Liquidator
bestellt. 3.12.1925…“
Die Hintergründe hierfür sind völlig unklar. Vielleicht
wollte Ernst Wirts, mittlerweile fast 60 Jahre alt, kürzertreten. In jedem
Fall erwarb der bei der Verlagerung der Firma nach Herzlake in die damals
noch als offene Handelsgesellschaft geführte Firma eingetretene
Molkereibesitzer Heinrich Niermann Patente und Nutzungsrechte aus der
Konkursmasse und führte die Produktion von Produkten mit Molkur weiter fort.
In einem längerem Artikel aus dem Jahr 1931 wird Molkur mit
viel Pathos (“…Ja, man darf bei der jetzigen Not und Bedrängnis unseres
Deutschen Volkes in dem neuen Natur=Heilmittel einen Lichtblick erkennen,
dessen Strahlen nicht nur über Deutschland, sondern vielleicht über die
ganze Welt leuchten…“) dargestellt, allerdings auch nicht zu Unrecht auf die
Vorteile von Naturheilmitteln gegenüber chemisch hergestellten Arzneimitteln
hingewiesen.
Der Artikel von Medicinal-Rat Josef Schreck aus der Velberter
Morgen-Zeitung erschien identisch auch in der Morgen-Zeitung (Düsseldorf),
dem Wittener Tageblatt, dem Remscheider General-Anzeiger, der Schwerter
Zeitung, der Velberter Zeitung, der Hagener Zeitung, der Essener
Volkszeitung, der Ruhrpost, den Westfälischen neuesten Nachrichten, dem
Düsseldorfer Stadt-Anzeiger, der Gelsenkirchener Zeitung sowie der
Gladbecker Zeitung.
[33:01.08.1931] „…Ex lacte lux! Durch Milch zur Gesundung.
Wenn wir in der Geschichte der Medizin zurückblicken auf die Zeit vor 50
Jahren. so finden wir dort in allen Zweigen derselben noch tiefe Schatten
und viele Krankheiten, denen wir damals noch ziemlich ohnmächtig gegenüber
standen. Denken wir nur an das Kindbettfieber, den sogenannten Hospitalbrand
nach Amputationen und schweren Operationen, an Cholera. Diphterie und Croup,
die schwarzen Pocken, den Unterleihstyphus, die progressive Paralyse. die
Schlafkrankheit, Malaria, Wundstarrkrampf usw. Man stellte wohl richtige
Diagnosen aber die Therapie ließ noch viel zu wünschen übrig. Durch
fortgesetzte Versuche von Gelehrten, Professoren. Aerzten. Bakteriologen und
Chemikern auf allen Gebieten der Medizin, sowie durch Gedankenaustausch in
Versammlungen, Kongressen, medizinischen und therapeutischen Zeitschriften
ist man seither sehr weit fortgeschritten, so daß in dieser verhältnismäßig
kurzen Zeit viele dieser früheren Geißeln der Menschheit beinahe
verschwunden sind, oder doch wenigstens ihren gefährlichen Charakter
verloren haben, seitdem man über die Antisepsis zur Asepsis gelangt ist. Ein
Mangel an Heilmitteln für die verschiedensten Krankheiten besteht heute
nicht mehr wie vor 50 Jahren, sondern vielmehr ein Ueberfluß. Durch die
allzu großen Mengen von chemischen Arzneimitteln und Kombinationen
verschiedener Art hat man in manchen Fällen zwar bessere Wirkungen. in
anderen aber auch schlechtere Resultate erzielt, da eben nicht alle Menschen
gleich reagieren auf chemische Arzneimittel, sondern viele auch allergisch
sind. Dadurch sind schon manche chemische Medikamente, die sonst gut
wirkten, bei andern aber völlig versagten, in Mißkredit gekommen. Viele
geben solchen Heilmitteln den Vorzug, die aus Naturprodukten hergestellt
sind und die auch früher schon als Volksheilmittel galten. Ein solches
Produkt ist das Molkur=Milchserum, das nur aus der Milch hergestellt wird,
ohne jeden chemischen Zusatz. Es ist unbegrenzt haltbar, völlig unschädlich
von gutem Geschmack, kein Geheimmittel und kein künstlich chemisches
Präparat, sondern ein rein natürliches Konzentrat der
Milch=Nähr=(Blut=)Salze, welches unserm Körper alle zu seinem Aufbau, zu
seiner Gesunderhaltung und zu seiner Regeneration erforderlichen natürlichen
Baustoffe zu vermitteln imstande ist, war auch aus der Analyse von Professor
Fresenius, Wiesbaden, hervorgeht. in welcher derselbe bedeutende Mengen an
natürlichem Milchzucker, höherem Gehalt an Phosphorsäure und außerdem die
für eine geregelte Verdauung unerläßliche Milchsäure feststellt. Außerdem
besitzt Molkur=Milchserum die ihm eigene direkt keimtötende Eigenschaft,
alle erreichbaren Infektionskeime (Staphylokokken und Koli Bakterien) in
wenigen Minuten zu vernichten. Die mit dem Molkur=Milchserum vorgenommenen
Versuche bestätigten denn auch nicht nur die gehegten Erwartungen, sondern
übertrafen dieselben noch bei weitem, u. a. bei unterernährten Kindern, bei
durch Krankheit oder Operationen und Blutverlusten geschwächten Patienten.
Zunächst fiel bei Gebrauch des Molkur=Milchserums die außerordentliche
Wirkung auf welche dasselbe an den Eintrittspforten des Körpers, wie Mund.
Nase. Rachen, Gaumen und Zahnfleisch schon nach einigen Spülungen hatte und
die schnelle Coupierung und Heilung aller entzündlichen Vorgänge daselbst.
Diese günstige Beeinflussung der Schleimhäute des Mundes durch Molkur=Milchserum
konnte nachher auf alle Körper-Schleimhäute ausgedehnt werden. Fast
gleichzeitig mit dieser Beobachtung bemerkte man auch auf der äußeren Haut,
auf Wunden. Geschwüren. Hautausschlägen aller Art, sogar solchen, die schon
länger bestanden und allen Heilversuchen getrotzt hatten, eine Heiltendenz,
die dann durch äußere Behandlung von Molkur=Milchserum noch besonders
gefördert wurde. Die in städt. Heilanstalten, Krankenhäusern. Sanatorien und
von vielen Aerzten angestellten Versuche ließen keinen Zweifel. daß die
ganze Umstimmung des Menschen einzig nur auf dem Blutwege durch Molkur=Milchserum
bewirkt sein konnte. Das erste Zeichen der Besserung bei Kranken und
Rekonvaleszenten nach Einnahme von nur 3 mal täglich 6—10 Tropfen Molkur in
Wasser gelöst war immer ein rascher Eintritt der Eßlust— schon nach wenigen
Tagen— ruhiger tiefer Schlaf, baldige Hebung des Allgemeinbefindens und ein
Wiedererwachen der Lebensfreude. Die günstigen Erfahrungen. die mit Molkur=Milchserum
bei fast allen heilbaren Krankheiten gemacht wurden, sind so in die Augen
springend, daß man sich oft geradezu wundern muß über die großen und
vielseitigen Wirkungen, welche durch ganz geringe Dosen eines Naturproduktes
im ganzen Körper und in allen Organen desselben sich kundgeben. Ja, man darf
bei der jetzigen Not und Bedrängnis unseres Deutschen Volkes in dem neuen
Natur=Heilmittel einen Lichtblick erkennen, dessen Strahlen nicht nur über
Deutschland, sondern vielleicht über die ganze Welt leuchten. Medizinal=Rat
Jos. Schreck…“
Auf den weiter unten abgebildeten Anzeigen wird Molkur als
Heilmittel für verschiedenste Krankheiten dargestellt, von Sodbrennen bis
Hämorriden. Gesichert ist allerdings bereits seit den 1920er Jahren die
Wirksamkeit gegen die damals noch häufig in Viehbeständen auftretende Maul-
und Klauenseuche [34].
Molkur gibt es heute, dass heißt seit über 100 Jahren, immer
noch. Es wird mittlerweile in der durch Dr. Hans Sanders, dem Enkel von
Heinrich Niermann, im Jahr 1985 gegründeten „Galactorpharm Dr. Sanders GmbH
& Co. KG“ mit Sitz in Sögel im Emsland [32] hergestellt und vertrieben.
Aktuell wir die Galactopharm durch Dr. rer. Nat. Stephan Sanders, dem Sohn
von Hans Sanders geführt.
Ob und welche Beziehungen es zwischen Ernst Wirts und der
Familie Niermann / Sanders gab ist nicht ganz klar. Der Liquidator der
Molkur Aktiengesellschaft war ein gewisser Hans Sanders aus Hannover
[18:18.12.1925]. Unklar ist, ob es verwandtschaftliche Beziehungen zur
Familie Sanders aus Sögel gibt. Darauf deutet aber eine Anzeige für Molkur
aus dem Jahr 1935 hin. Diese ist mit „H. Sanders – Molkur, Bielefeld,
Horst-Wessel-Str. 17 unterzeichnet [34:20.10.1935]. Eine weitere Anzeige aus
dem Jahr 1940 ist mit „Molkur-Sanders in Sögel / Emsland“ unterzeichnet, das
Unternehmen war zu dieser Zeit, wie heute noch, in Sögel im Emsland ansässig
[25:07.10.1940].
Ernst Wirts verzog im Jahr 1927 von Opladen nach Hannover, wo
auch Hans Sanders zu dieser Zeit lebte. Wie schon gesagt sind aber leider
keine weiteren Informationen bekannt.
(W144) [17:05.07.1921]
Mit dieser Anzeige suchte Ernst Wirts im Juli 1921 Geschäftspartner zur
Gründung einer Gesellschaft zur Verwertung von Molke. Ernst Wirts spricht
hier von einem eigenen Verfahren zur Nutzbarmachung der Molke
(W157) [2:03.07.1921]
Bevor Molkur so richtig ans laufen kam beschäftigte sich Ernst Wirts noch
kurz parallel mit dem Verkauf von wetterfesten Fachwerkbauten im
Schnellbausystem. Anzeige aus Juli 1921
(W162) [2:30.07.1921]
Zumindest ein Molkur-Mitstreiter war mit dem Braumeister Gottlob Kübler aus
Rheine schon im Juli 1921 gefunden. Dieser machte Werbung für einen
"heilsamen Natur-Sirup" und gab als Adresse Opladen, Rennbaumstraße 68, also
die Adresse der ehemaligen Brauerei an
(W145) [17:12.04.1922]
Die Mitgesellschafter und mit Molkur ein Name für Produkt und Firma waren
gefunden. Die erste Produktionsstätte wurde in Rheine eröffnet. Anzeige aus
April 1922
(W174) [45:12.05.1922]
Das Molkur Milchserum enthält sämtliche Blutsalze und wirkt u.a. vorbeugend
gegen Hämorrhoiden und Sodbrennen. Anzeige aus dem Jahr 1922
(W176) [44:28.09.1923]
Molkur half nachweislich gegen die zu dieser Zeit noch weit verbreitete
Maul- und Klauenseuche. Anzeige aus dem Jahr 1923
(W173) [29:18.04.1922]
Wer sich krank und elend fühlt, trinkt Molkur! Anzeige in der
Münsterländischen Volkszeitung aus dem Jahr 1922
(W177) [50:18.04.1931]
Blutveredelung durch Molkur Milch-Serum. Zu haben im Reformhaus Jungborn in
Remscheid. Anzeige aus dem Jahr 1931
(W178) [52:01.08.1931]
Das Reformhaus Kauke aus Schwerte empfiehlt Molkur gegen Geschwüre und
Furunkel. Anzeige aus dem Jahr 1931
(W179) [53:15.08.1931]
Das Reformhaus Ellmer und die Drogerie Wilke aus Annen in Westfahlen
empfehlen Molkur bei Grippe und Asthma. Anzeige aus dem Jahr 1931
(W180) [25:07.10.1940]
Diese Anzeige aus dem Jahr 1940 ist schon wissenschaftlich nachvollziehbar
aufgebaut. Als Hersteller ist "Molkur - Sanders in Sögel / Emsland"
angegeben
(W181) [34:20.10.1935]
Molkur für körperlich zurückgebliebene Kinder. In dieser Anzeige aus dem
Jahr 1935 ist als Herstelle "H. Sanders-Molkur, Bielefeld" angegeben
Hannover und Yoghurella (1927-1935)
Bevor sich Ernst Wirts im Jahr 1927 wieder einmal
umorientierte entging er bei einem Autounfall im Jahr 1925 nur knapp dem
Tod. 2 Insassen des mit 5 Personen besetzten Autos kamen bei dem Unfall ums
Leben.
[31:12.03.1925] „…Mit dem Automobil gegen eine Mauer. Auf der
Strecke von Obligs nach Landwehr rannte in der Nacht das Auto des
Fabrikanten Meyer, gesteuert von dessen 24jährigen Sohn Willi, gegen eine
Mauer vor dem Schloß Hachhausen. Hierbei wurden zwei Personen getötet,
nämlich Willi Meyer und Ernst Wittelsbürger. Schwer verletzt wurden Ernst
Blumenhaben und August Longerich. Der fünfte Insasse des Wagens, der
Fabrikant Ernst Wirts, der einen der anderen Mitfahrenden aus dem Schoß
getragen hatte, kam wie durch ein Wunder mit leichteren Verletzungen davon.
Die Toten und Verletzten wurden ins Krankenhaus nach Obligs gebracht…“
Im Jahr 1927 zog Ernst Wirts von Opladen nach Hannover. Alles
Hab und Gut was in Opladen noch vorhanden war wurde verkauft.
[35:29.09.1927] „…Umzugshalber verkaufe ich Freitag und
Samstag sehr gut erhalten: 1 mittl. Herd, 1 großen und 3 kl. Füll=, 2
Zimmer=Ofen; Ferner allerhand Gebrauchsgegenstände f. Küchen=, Haus= und
Industriebedarf (Transmission, Riemschelben, Zahnräder etc.). Für
Wirtchaftszwecke: Schanksäulen, Tropfsiebe, Kühlkästen, Anstichkörper u.
viele Armaturen, Bier=etc. Gläser, Flaschen usw. aller Art. (Früh. Brauerei)
Ernst Wirts, Rennbaumstr.68…“
Was Ernst Wirts gerade nach Hannover zog, ist nicht bekannt.
Bei der Feier zum 35-jährigen Jubiläum des Opladener Wirtevereins im Jahr
1929 war noch von seinem Ruhestand die Rede, dem war aber nicht so.
[2:05.04.1929] „…35jährige Jubelfeier im Opladener
Wirteverein. … In den Reihen der aktiv tätigen stand lange Jahre auch Herr
Ernst Wirts, der heute in Hannover seinen Lebensabend verbringt. …“
Im Jahr 1930 gründete Ernst Wirts in Hannover die Firma
„Chemisches pharm. Laboratorium Ernst Wirts“.
[18:27.05.1930] „…Hannover. In das Handelsregister ist
eingetragen in Abteilung A. Unter Nr. 9665, die Firma Chemisches pharm.
Laboratorium Ernst Wirts mit Niederlassung in Hannover, Königsworther Str.
44, und als Inhaber der Kaufmann Ernst Wirts in Hannover…“
Nur 3 Jahre später gründete er, diesmal gemeinsam mit seinem
Sohn Ernst Leopold Otto Wirts, die Firma „Yoghurella“, ebenfalls mit Sitz in
Hannover.
[18:09.02.1933] „…Unter Nr. 3209 die Firma Yoghurella
Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Hannover, Gaußstr. 10.
Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb des Milcherzeugnisses
Yoghurella und andere ähnlicher Milcherzeugnisse. Das Stammkapital beträgt
20000 RM. Geschäftsführer sind die Kaufleute Ernst Wirts und Ernst Leopold
Wirts in Hannover. Den Kaufleuten Arthur Schuster und Erwin Abelmann in
Hannover ist Gesamtprokura erteilt, Der Gesellschaftsvertrag ist am 24.
Januar 1933 errichtet. Die Geschäftsführer Ernst und Ernst Leopold Wirts
sind jeder allein zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Nicht eingetragen:
Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen durch den Deutschen
Reichsanzeiger. Amtsgericht Hannover, 3. Febr. 1933…“
Hintergrund war, dass Ernst Wirts die Namensrechte für Molkur
nicht mehr besaß, aber ein ähnliches Produkt auf den Markt bringen wollte.
Und hierfür musste ein klangvoller Name her, eben Yoghurella.
Die weitere Entwicklung von Yoghurella fand ohne Ernst Wirts
statt, denn dieser verstarb am 22. Juli 1935 in Hannover [2:24.07.1935]. Die
Opladener Zeitung bedachte Ernst Wirts mit folgendem Nachruf:
[2:26.07.1935] „…Ein alter Opladener ist am 22. Juli in
Hannover heimgegangen. Es gibt sicher noch viele unserer Stadt, die sich an
Herrn Ernst Wirts erinnern. Herr Wirts hatte damals die Opladener Brauerei
inne und versorgte die Stadt mit dem vielbegehrten braunen Trank. Nach einem
an Arbeit reichen Leben ist er nun im Alter von 68 Jahren dahingeschieden…“
Nach dem Tod von Ernst Wirts führte sein Sohn die Firma
alleine weiter.
[18:13.05.1935] „…Hannover. In das Handelsregister ist
eingetragen in Abteilung A: Zu Nr. 9665, Firma Chemisches pharm.
Laboratorium Ernst Wirts: Das im Erbgang erworbene Geschäft nebst Firma wird
unter unveränderter Firma als Kommanditgesellschaft fortgeführt. Persönlich
haftender Gesellschafter ist Kaufmann Ernst Wirts jun. in Hannover. Es ist
eine Kommanditistin vorhanden. Die Gesellschaft hat am 22. Juli 1935
begonnen…“
Neben Yoghurella, welches über Reformhäuser vertrieben wurde,
wurde auch ein ähnliches Produkt namens Lactisol produziert, welches in
Apotheken vertrieben wurde [57]. Weiter wurde auch ein Produkt namens
Lactidorm auf den Markt gebracht, welches für einen besseren Schlaf sorgen
sollte [57]. Der Vertrieb war in Hannover angesiedelt, die Produktion in
Herzlake [57].
Im Jahr 1937 wurde die Firma Yoghurella auf Grund eines
Gesetztes der Nationalsozialisten, welches die Umwandlung von Kapital- in
Personengesellschaften zum Ziel hatte, auf die Firma Chemisches pharm.
Laboratorium Ernst Wirts übertragen. Was mit der Firma Chemisches pharm.
Laboratorium Ernst Wirts und dem Produkt Yoghurella weiter geschah, ist
nicht bekannt.
Die ganze Zeit über gab es weiterhin Kontakte zwischen der
Familie Wirtz und der Familie Sander, welche ja die Produktion von Molkur
übernommen hatte. Vermutlich in den 1960er Jahren verkaufte Ernst Leopold
Wirts seine Firma inklusive der Namensrechte an den Produkten Yoghurella,
Lactisol und Lactidorn an die Familie Sander, welche die Produktion dieser
Produkte weiterführte [57]. Bis auf Yoghurella sind alle Produkte bis heute
im Programm der Firma Galactopharm.
Hans Dieter Wirts, den Sohn von Ernst Leopold Wirts, zog es
wie seinen Vater in die Chemie. Anfang der 1960er Jahre stieg er gemeinsam
mit seiner Frau in das in Hannover gelegene chemische Labor von Dr. Hermann
De Haas ein und übernahm dieses kurze Zeit später. Damals ein 2-Mann-Betrieb
existiert das Labor heute noch als "Chemisches Labor Dr. Wirts und Partner
Sachverständigen GmbH", beschäftigt 60 Mitarbeiter und wird von Hans Dieter
Wirts Sohn Christian als Geschäftsführer geleitet [57]. Es gibt auch
weiterhin geschäftliche Beziehungen zur Galactopharm der Familie Sander, für
welche chemische Analysen durchgeführt werden [57].
(W184) [36]
Produktvorstellung von Yoghurella in französischer Sprache. Unterzeichnet
mit "Chem.-pharm. Laboratorium, Ernst Wirts
(W149) [2:24.07.1935]
Todesanzeige von Ernst Wirts, welcher im Jahr 1935 im Alter von 68 in
Hannover verstarb.
(W185) [37)
In dieser Anzeige aus dem Jahr 1935 ist noch die "Yoghurella GmbH" aus
Hannover als Hersteller angegeben
(WZ004) [41]
Warenzeicheneintrag für "Yoghurella". Laut Markenregister im Jahr 1962
eingetragen
Übersicht der Firmierungen
Zeitraum
Firmierung
Anmerkung
1852-1853
Brauerei Peter Wirts
Vermutlich bis ins Jahr 1865 Besitzer der Brauerei
1853-1897
Brauerei Adolph Wirts
Ab 1890: Rennbaumstraße 68
1897-1910
Brauerei "Zum Rennbaum" Ernst Wirts
Ab 1910 nur noch Restauration
Anmerkungen
•
Ausser Bierflaschen sind keine weiteren Brauereiwerbemittel wie Gläser, Krüge oder Bierdeckel bekannt.
•
Ein „Rennbaum“ ist eigentlich eine Bezeichnung für einen
Rambock, meist in Form eines 4-6 Meter langen Baumstamms. Dieser wurde
auch noch im 19ten Jahrhundert von „Räuberbanden“ zum Aufbrechen von
Türen und Toren verwendet [3]. Bei der Recherche zur Brauerei „Zum
Rennbaum“ bin ich über eine Vielzahl von entsprechenden Berichten
gestoßen.
Der „Rennbaum“ der Brauerei „Zum Rennbaum“ hat aber einen anderen Bezug,
wie auch gut auf dem abgebildeten Warenzeichen zu erkennen ist. Hierbei
handelt es sich um einem Schlagbaum, also eine Schranke, an dem in
früherer Zeit von Fuhrwerken Wegezoll erhoben wurde. Zur damaligen Zeit
hieß der kleine Ort in der Bürgermeisterei Opladen, in dem die Brauerei
lag, einfach „Rennbaum“. Die heutige Rennbaumstraße, welche zwischen
1933 und 1945 Josef-Goebbels-Straße hieß, trägt ihren Namen seit dem 15.
Juli 1890 [4]. Die Brauerei lag an der Rennbaumstraße 68. Die
Bezeichnung „Brauerei zum Rennbaum“ wurde allerdings erst im Jahr 1897
durch Ernst Wirts eingeführt. Vorher war sie einfach die „Brauerei
Wirts“ gewesen, meist mit der zusätzlichen Angabe „Rennbaum bei
Opladen“.
•
Albert Wirts, einer der 3 Söhne des Brauereigründers
Peter Wirts, betrieb ebenfalls eine Brauerei. Er übernahm im Jahr 1875
die seit dem Jahr 1865 bestehende Brauerei von Clemens August Fleuster
in der Josefstraße 29 in Bonn. Er führte diese bis zum Jahr 1884, in dem
er sie an seinen Sohn August Wirts übergab [8]. Im September 1897
vereinigten sich die Brauerei „zum Bären“ von Franz Josef Gervers
Nachf., die Adler Brauerei von Otto Wolter und die Brauerei von Hermann
August Wirts zur Aktiengesellschaft „Bürgerliches Brauhaus Bonn“ [9].
Das Bürgerliche Brauhaus entwickelte sich zur größten Bonner Brauerei
und wurde im Jahr 1950 in „Kurfürsten-Bräu AG“ umbenannt. Im Jahr 1990
wurde die AG aufgelöst und die Marken von der Radeberger Gruppe
übernommen.
•
Den Namen "Wirtz" gibt es, gerade im Rheinland, sehr
häufig. Den Namen "Wirts" mit "s" dagegen nur sehr selten. In der
Familie Wirts wird kolportiert, dass die Trennung zwischen S und Z der
Trennung zwischen evangelischer und katholischer Konfession entspricht.
Dies würde theoretisch passen, da die Katholiken im Rheinland stark
überrepräsentiert sind.
Seite „Rennbaum“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie.
Bearbeitungsstand: 5. Februar 2019, 16:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rennbaum&oldid=185411947
(Abgerufen: 25. April 2024, 14:54 UTC)
"Der Bote am Rhein und an der Nieder-Wupper", Ausgaben
16.02.1867, 12.02.1873, 13.08.1873, 01.10.1873, 19.08.1876, 16.08.1879
7
Sterbeurkunde Albert Wirts, Standesamt Bonn Nr. 167, 5.
März 1885
8
"Brauerei-Verzeichnis Deutschland", Michael Gorytzka,
Manfred Friedrich, herausgegeben von der Fördergemeinschaft von
Brauerei-Werbemittel-Sammlern e.V. (FvB), Ausgabe November 2009
9
Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, Ausgabe
1897-98 II, A. Schumann’s Verlag, Leipzig
Seite „Abstinenzbewegung“. In: Wikipedia – Die freie
Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. März 2024, 02:43 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Abstinenzbewegung&oldid=243444922
(Abgerufen: 7. Mai 2024, 21:42 UTC)
21
"Sieg-Bote", Ausgabe: 13.12.1910
22
"Handbuch der Deutschen Aktien-Gesellschaften", Verlag für
Börsen- und Finanzliteratur A.-G., Ausgaben 1910, 1911, 1912